„Der erste Monat war die Hölle“
Liam Hätinen vom DNL-Team der Panther war in der vergangenen Saison für JYP Jyväskylä in Finnland aktiv
Die Gemeinsamkeit zwischen ihm und seinem großen Vorbild Aleksander Barkov ist durchaus verblüffend. Wenn man sich mit beiden unterhält, trifft man auf freundliche, wohl erzogene und zugleich eher zurückhaltende junge Männer. Große Worte oder gar Eigenlob scheinen ihnen gänzlich suspekt zu sein. Vielmehr lassen sie auf dem Eis lieber Taten sprechen.
Der eine seit dieser Saison wieder in der DNL-Mannschaft des ERC Ingolstadt. Der andere bereits seit 2013 in der besten Eishockey-Liga der Welt, NHL, bei den Florida Panthers. Die Rede ist von Liam Hätinen und eben Aleksander – genannt Sascha – Barkov. Wenn Liam über sein 21-jähriges Idol, das gerade einmal vier Jahre älter ist als er selbst, zu sprechen beginnt, ist das Funkeln in seinen Augen deutlich zu erkennen. „Barkov ist schon ein richtig guter und cooler Stürmer. Als einer von bislang erst vier Akteuren hat er bereits im Alter von 16 Jahren in der ersten finnischen Liga bei Tappara Tampere gespielt. Das ist schon sehr beeindruckend“, schwärmt Hätinen.
Als Sohn einer Ingolstädter Mutter sowie finnischen Vaters, der einst beim ERC Ingolstadt als Torhüter mehrere Jahre selbst aktiv war und heute die Kleinstschüler (U12) der Panther trainiert, wurde ihm das Eishockey-Spielen quasi in die Wiege gelegt. „Als mein Vater in der Saison 2005/2006 in Ravensburg gespielt hat, habe ich damit begonnen“, erinnert sich Liam. Einen Versuch, in den Goalie-Spuren des Papas zu wandeln, brach der Sprössling bereits nach kurzer Zeit wieder ab. „Mit der ganzen Ausrüstung war es mir zu warm. Deshalb habe ich mich entschieden, es als Feldspieler zu versuchen.“ Eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als goldrichtig herausstellen sollte. Ab den Kleinstschülern stürmte und verteidigte der Deutsch-Finne für den ERC Ingolstadt – und das in beeindruckender Art und Weise. Aufgrund seines Talents und großen Willens zählte er Jahr für Jahr zu den Topspielern seines jeweiligen Teams.
Auch in der finnischen Heimat seines Vaters Markus, der aus der Eishockey-Stadt Jyväskylä stammt, blieb das Potenzial des Youngsters nicht verborgen. „Nachdem wir dort meine Großeltern des Öfteren besucht haben, konnte ich hin und wieder beim dortigen Klub JYP mittrainieren. Und nach einer gewissen Zeit wurde ich dann sogar gefragt, ob ich nicht bei ihnen spielen wolle“, berichtet Liam. Ein Gedanke, der beim ihm auf Gegenliebe stieß. „Finnland gehört gerade in Sachen Nachwuchsförderung und Ausbildung zum Besten, was es in Eishockey-Europa gibt. Und wenn man eine solche Möglichkeit bekommt, muss man sie einfach nutzen“, sagt der 17-Jährige. Allerdings: Sofort seine Zelte in Ingolstadt abzubrechen, kam für den Angreifer nicht infrage. „Ich wollte zuerst meine beiden Jahre im Schüler-Bereich bei den Panthern beenden und erst danach den Sprung nach Jyväskylä wagen“, so Liam.
Gesagt, getan. Ende Juli 2015 trat der gebürtige Schrobenhausener dann sein rund einjähriges Finnland-Abenteuer an. Während er in seinem gewohnten Umfeld bei seiner Oma wohnte, holte er sich in der sogenannten „B2“-Jugend (so wird der jüngere B-Jugend-Jahrgang dort genannt) von JYP Jyväskylä den nächsten „Schliff“. In bester Erinnerung ist ihm dabei auch sein Einstieg geblieben. „Der erste Monat war die absolute Hölle“, berichtet Hätinen und erklärt: „Die Trainingsintensität und das Niveau waren immens hoch. Jeder Spieler gibt immer 100 Prozent. Da gibt es auch kein Ausruhen und Zurücklehnen. Diese Umstellung war schon brutal groß.“ Neben dem täglichen abendlichen Teamtraining (sowohl neben als auch auf dem Eis) wurde noch dreimal wöchentlich vor der Schule individuell trainiert. „In diesen Einheiten haben wir an der Lauf-, Schuss- und Stocktechnik rund 90 Minuten lang intensiv gearbeitet.“
Den Lohn für die Mühen und Plagereien fuhr Liam mit seinen JYP-Teamkollegen dann in der Meisterschaft ein. Nach rund 60 Punktrunden-Partien gegen Kontrahenten aus ganz Finnland (Hätinen: „Da dauerte eine Busfahrt schon einmal zehn Stunden.“) ging es schließlich in die Play-Offs, in denen erst im Halbfinale gegen Espoo Blues das „Aus“ kam.
Seit Mitte April ist er nun wieder in seiner oberbayerischen Heimat zurück. „Es hätte schon die Gelegenheit gegeben, noch ein weiteres Jahr in Jyväskylä dranzuhängen“, verrät Hätinen. Doch letztlich habe er sich dafür entschieden, „bei meinem Stammverein ERC Ingolstadt in der DNL den nächsten Schritt in meiner Karriere zu machen“. Seine Erfahrungen in Finnland möchte er freilich nicht missen. Ganz im Gegenteil. „Ich denke schon, dass ich in dieser Zeit sehr viel gelernt habe und ein besserer Eishockey-Spieler geworden bin“, sagt Liam, der damit seinem ganz großen Traum, „einmal für den ERC in der DEL zu spielen“, ein weiteres Stückchen näher gekommen ist.
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