Ein „Eigentor-Held“ namens Jochen Reimer
Panther-Schlussmann trifft beim Sieg gegen Straubing in den eigenen Kasten – und wird dennoch zum Matchwinner
Fast 91 Minuten musste der ERC Ingolstadt auf seinen ersten Torschützen der neuen Eishockey-Saison warten. „Ich habe mir schon langsam Sorgen gemacht“, wird Trainer Doug Shedden später sagen, „aber dann hat Joker endlich die offene Ecke gesehen.“ Dass es der Joker, Jochen Reimer, kein Stürmer, sondern ein Torhüter, war, der das erste Tor erzielte – und zwar in den eigenen Arbeitsplatz – entbehrte einer gewissen Komik nicht.
Spiel um Platz drei beim Gäuboden-Cup zwischen Gastgeber Straubing und den Panthern: Die torlose Partie ist schon gut zur Hälfte vorbei, da eilt Reimer aus seinem Kasten, um einen Konter abzufangen, schiebt die Scheibe aber über die eigene Torlinie anstatt hinter das Gehäuse. Reimer bleibt liegen und vergräbt seinen Kopf zwischen Fang- und Stockhand. Am Ende wird er beim 3:2-Penaltysieg seines Teams dennoch zum Helden. Den Turniersieg hatte sich am Nachmittag bereits Wolfsburg mit einem 2:1-Shootout-Sieg gegen Nürnberg gesichert.
Reimers Malheur passte zu diesem Abend, an dem wenig zusammenlief – und zwar in jeder Hinsicht. Da öffnete sich die Eckbande von Geisterhand, da schlief der Kühlbox-Öffner bei einer abgelaufenen Strafe des wütenden Matt Bailey, da waren die Linienrichter ein ums andere Mal nicht Luft – und das Eishockey, nun ja, trudelte vor sich hin. Straubing startete besser, hatte gute Chancen über Sena Acolatse (2.), Mitchell Heard (4.) und Benedikt Kohl (13.). Die Gäste wirkten in der Rückwärtsbewegung immer wieder konfus. Vorne traf Dustin Friesen den Pfosten (7.). Zudem wurde Simpson bei einem Konter regelwidrig gestoppt (16.).
Nach dem 0:5 am Freitag gegen Nürnberg versuchte es Shedden mit einer abgeänderten Aufstellung: Das Tor hütete, wie geplant, diesmal Reimer. Ansonsten rückten Hans Detsch und Matt Bailey für Petr Taticek und Jerry D’Amigo in den Kader. Die einzige Sturmreihe, die der Rochade nicht zum Opfer fiel, bildeten Wayne Simpson, Darin Olver und Mike Collins. Offensiven „Output“ brachte das auch im zweiten Abschnitt zunächst nicht. Beide Teams blieben im Sturm ungefährlich. Dann folgte Reimers Unglück. Und als wäre ein Eigentor nicht Strafe genug, musste er nur eine knappe Minute später wieder hinter sich greifen. Sven Ziegler nagelte den Puck ins Kreuzeck - Ingolstadts Colton Jobke saß währenddessen auf der Strafbank (32.).
Die Panther aber glichen aus: Bailey schlenzte die Scheibe noch vor der Drittelsirene an Straubings Keeper Sebastian Vogl vorbei (38.). Kurz nach Wiederanpfiff traf Olver aus dem Gewühl (42.). In der Folge hätten beide Teams den goldenen Treffer erzielen können. Der fiel dann aber erst im Penaltyschießen in Person von Ingolstadts Kris Foucault, während Reimer alle Straubinger Versuche abwehrte.
Und deshalb konnte der Premieren-Torschütze wider Willen auch wieder lachen. „Vier Drittel ohne Treffer, da muss einer ein Tor schießen. Dann hab ich mich halt bereit erklärt“, erzählt er nach der Partie. Coach Shedden vermutet: „Ich glaube, er wollte uns etwas Selbstvertrauen geben. So etwas habe ich in meinen 2000 Spielen als Coach noch nie gesehen.“
Freibier für seinen ersten Treffer bekam Reimer übrigens nicht von den Mitspielern. Der ERCI verzichtete auf den obligatorischen Volksfestbesuch. Bereits um 10 Uhr startet der Bus am Montag zum Trainingslager nach Latsch (Südtirol).
ERC Ingolstadt: Reimer – Wagner, Koistinen; Edwards, Sullivan; Friesen, Schütz; Pruden, Jobke – Elsner, Bailey, Wohlgemuth; Simpson, Olver, Collins; Foucault, Smith, Höfflin; Detsch, Olson, Mashinter. – Tore: 0:1 Baßler (21.), 0:2 Ziegler (32./PP), 1:2 Bailey (38.), 2:2 Olver (42.), 3:2 Foucault (Penalty). – Zuschauer: 1200
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