Larry Mitchell: Kein Angebot an die Spink-Zwillinge
Im NR-Interview spricht Sportdirektor Larry Mitchell über die derzeit stattfindende Weltmeisterschaft, seine zweiwöchige Scouting-Tour in Nordamerika und die weiteren Personalplanungen. Stürmer Hans Detsch kommt von den Augsburger Panthern
Herr Mitchell, wie verfolgen Sie denn die derzeitige Weltmeisterschaft in der Slowakei: Als Eishockey-Fan oder Sportdirektor des ERC Ingolstadt?
Mitchell: In erster Linie als Fan! Wenn Fabio Wagner jetzt dabei gewesen wäre, hätte ich es vielleicht aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Mein Herz bei dieser WM schlägt für zwei Teams: Zum einen natürlich für Deutschland. Was die Truppe abgeliefert hat, ist wieder einmal absolut positiv für’s deutsche Eishockey und unsere Liga, deren Ruf zurecht immer besser wird. Nachdem ich in Kanada aufgewachsen bin, drücke ich logischerweise auch dieser Mannschaft die Daumen. Als Deutschland und Kanada in der Vorrunde aufeinandergetroffen sind, wusste ich schon vorher, dass ich ein Gewinner bin (lacht).
Zu Beginn der WM-Vorbereitung standen mit Fabio Wagner, David Elsner, Tim Wohlgemuth und Neuzugang Mirko Höfflin vier Panther-Akteure im erweiterten DEB-Kader. Sind Sie enttäuscht oder überrascht, dass es am Ende keiner aus diesem Quartett zur Endrunde in die Slowakei geschafft hat?
Mitchell: Weder noch. Ich bin vielmehr glücklich, dass vier unserer Jungs so lange dabei waren. Das ist alles andere als selbstverständlich. Natürlich hofft man bis zum Schluss, dass der eine oder andere wie Wagner oder Elsner den Sprung zum WM-Turnier schafft. Bei Tim Wohlgemuth war es klar, dass das so etwa wie ein Herantasten für die Zukunft ist. Grundsätzlich finde ich es aber gut, dass Bundestrainer Toni Söderholm seinen eigenen Weg geht und diesen auch durchzieht.
Eine Weltmeisterschaft gilt ja bekanntlich auch immer als Kontakt- und Wechselbörse. Dass ein DEL-Verein wie der ERC Ingolstadt jetzt keine Akteure aus Kanada, Russland oder Schweden bezüglich einer möglichen Verpflichtung scouten muss, ist bekannt. Sind aber diesbezüglich andere Nationalteams von „kleineren Nationen“ für Sie interessant?
Mitchell: Auf alle Fälle! Ich denke, dass man mittlerweile speziell auf Teams wie Norwegen oder Dänemark besonders achten muss. Was das Ganze jedoch erschwert, ist die Nähe zu Schweden und mit Abstrichen Finnland, wo diese Akteure mehr verdienen können als in Deutschland. Dementsprechend spielen die Besten auch dort. Dass es darüber hinaus aber auch sehr gute Akteure aus den genannten Ländern gibt, zeigen die Beispiele Mads Christensen (München) oder Philipp Bruggisser (Krefeld). Hätte ich bei einer WM die Wahl, entweder die Partie Schweden gegen Russland oder Norwegen gegen Österreich anzuschauen, würde ich mich in meiner Funktion als Sportdirektor für Letztere entscheiden.
Sie sind nach Ablauf der DEL-Saison mit ihrem Assistenten und Co-Trainer Tim Regan wieder zu einem rund 14-tägigen Scouting-Trip nach Nordamerika aufgebrochen. Können Sie uns ein bisschen erzählen, wie das Ganze abgelaufen ist?
Mitchell: Nun, wir haben neun Partien in 13 Tagen gesehen – acht in der AHL und eine in der ECHL, da uns dort drei Akteure interessiert haben! Wir sind in dieser Zeit sehr viel im Auto gesessen und herumgefahren – was unter anderem auch daran lag, dass während den dortigen Play-offs eine Vorab-Planung zumeist schwierig bis unmöglich ist. Was Spieler-Verpflichtungen betrifft: Ich habe den Eindruck gewonnen, dass es im Laufe der Jahre immer schwieriger geworden ist, Spieler aus der AHL nach Europa zu holen, da diese immer jünger werden. Gerade daran sieht man aber auch, wie wichtig diese Scouting-Touren sind. Einen Jerry D’Amigo oder Brett Olson konnten wir erst drei oder vier Jahre, nachdem ich sie gesehen oder gesprochen habe, nach Ingolstadt holen. Dass man auf einem solchen Trip Akteure sofort unter Vertrag nimmt, die man zudem das erste Mal gesehen hat, ist eher unwahrscheinlich und sehr selten. Tyler Kelleher war diesbezüglich eine der ganz wenigen Ausnahmen.
Die Panther haben am Donnerstag die Verpflichtung des 25-jährigen Angreifers Hans Detsch (Augsburger Panther) bekanntgegeben. Was erhoffen Sie sich von ihm?
Mitchell: Mit Hans bekommen wir eine zusätzliche körperliche Komponente ins Team. Mit ihm, Colton Jobke, Fabio Wagner oder Brandon Mashinter sind wir hier künftig sehr ordentlich aufgestellt. Innerhalb der Augsburger Mannschaft war er immer sehr beliebt, weil er stets seine Teamkollegen verteidigt hat. Darüber hinaus hat sich Hans – wie mir AEV-Geschäftsführer Lothar Sigl, zu dem ich nach wie vor einen guten Draht habe, versicherte, zuletzt auch spielerisch weiterentwickelt. Auch wenn Augsburg ihn behalten wollte, war Lothar letztlich nicht böse, dass sich Hans nach fünf Jahren für einen Tapetenwechsel entschieden hat. Aktuell fehlen uns somit noch zwei ausländische Stürmer. Der Plan ist, dass wir uns in diesem Fall Zeit lassen wollen – außer, es kommt plötzlich ein Kandidat auf den Markt, den ich unbedingt will.
Das schwedische „Aftonbladet“ hatte vor wenigen Wochen vermeldet, dass die kanadischen Zwillinge Tylor und Tyson Spink (beide zuletzt beim schwedischen Erstligisten Örebrö Hockey) künftig für den ERCI auf Torjagd gehen würden...
Mitchell: Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, warum das vermeldet wurde. Tatsächlich war ich in Schweden, wo ich mir etliche Partien angesehen habe – unter anderem von Örebrö. Ich habe die dortigen Leute auch über die Spink-Zwillinge befragt. Vielleicht wurde das dann so gedeutet, dass ich sie bereits nach Ingolstadt geholt hätte. Wenn ich jedoch jeden Spieler, über den ich mich einmal informiert habe, zum ERC Ingolstadt holen würde, hätten wir einen 100-Mann-starken Kader (lacht). Fakt ist, dass wir in diese Richtung nie ein Angebot herausgeschickt haben – auch wenn sie sicherlich interessante Akteure sind.
Die Fragen stellte Dirk Sing
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