„Wir wollen Doug nicht unter Druck setzen“
Sportdirektor Larry Mitchell über den grauen November der Panther, den Abgang von Vili Sopanen, Vertragsgespräche und die kaufkräftige Konkurrenz.
Herr Mitchell, hinter dem ERC Ingolstadt liegt ein wirklich grauer November mit nur zwei Siegen aus acht Partien. Was sind die Gründe?
Mitchell: In einer Saison mit 52 Spielen gibt es solche Phasen. Es gefällt uns trotzdem nicht (lacht). Wir machen einfach zu viele individuelle Fehler. Spieler, die am Anfang regelmäßig getroffen, vielleicht sogar über ihren Verhältnissen gespielt haben, tun das jetzt nicht mehr. Man sieht, dass die Jungs kämpfen. Aber vielleicht denken jetzt einige nach dem anfänglichen Erfolg, dass wir mit nur 95 Prozent Konzentration Spiele gewinnen.
Enttäuschend war auch die Leistung von Vili Sopanen. Sein Vertrag wurde am Donnerstag aufgelöst, er spielt jetzt für Schwenningen. Wie kam es dazu?
Mitchell: Vili war logischerweise nicht zufrieden mit seiner Rolle. Er saß die meiste Zeit auf der Tribüne. Er und sein Agent haben gefragt, ob wir ihm einen Stein in den Weg legen würden, falls er einen neuen Verein findet. Wir haben gesagt, dass wir für alles offen sind. Das zog sich dann über einen Zeitraum von etwa zehn Tagen. Wenn jemand nicht mit seiner Rolle zufrieden ist, dann fällt es ihm noch schwerer, seine Leistung abzurufen. Und wir als Verein haben einen unglücklichen Spieler in der Kabine. Deswegen glaube ich, dass der Wechsel positiv für alle Seiten ist. Ich hatte am Donnerstag noch ein sehr langes Gespräch mit Vili. Es sind neben ihm noch weitere vier Finnen in Schwenningen, einer davon ist sein Trauzeuge. Vielleicht tut er sich dort leichter. Ich hoffe für ihn, dass er seine Leistung abrufen kann - außer gegen uns natürlich.
Müssen Sie sich im Nachhinein eingestehen, dass der läuferisch eher schwache Sopanen nie wirklich mit dem temporeichen System von Doug Shedden klargekommen ist?
Mitchell: Ich denke schon, dass die Aussage zutreffend ist. Ich will aber auch nicht soweit gehen und sagen, dass Vili der falsche Spieler für uns war. Da spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Doug Shedden ist sehr gut in Finnland vernetzt. Aber die Berichte, die wir über Vili bekommen haben, waren sicherlich nicht das, was er hier präsentieren konnte. Ich glaube, was ihn am meisten zurückgeworfen hat, war, dass er mehr oder weniger die gesamte Vorbereitung verpasst hat. Wenn man ein großer Spieler ist wie Vili, bei dem das Läuferische sicher nicht zu seinen Stärken gehört und man vier Wochen hinterher hängt, ist es unheimlich schwer, das aufzuholen.
Was passiert nun mit dem eingesparten Geld?
Mitchell: Wir halten Augen und Ohren offen, was aktuell auf dem Markt ist. Ich habe schon viele E-Mails bekommen und Telefonate geführt. Wir werden sicherlich nichts überstürzen. Es ist kein Geheimnis, dass man um diese Jahreszeit sehr viel Glück haben muss, um einen Spieler zu verpflichten, der einschlägt. Aber manchmal passiert es, so wie bei Vili Sopanen, dass plötzlich ein Spieler frei wird, weil er selbst oder sein Verein unzufrieden ist.
Gibt es einen bestimmten Stürmertypen, den der ERCI in seiner aktuellen Verfassung dringend braucht?
Mitchell: Sidney Crosby oder Connor McDavid wären nicht schlecht (grinst). Nein, um ehrlich zu sein, haben das Trainerteam und ich gerade erst angefangen zu diskutieren, was letztlich der optimale Spielertyp für uns wäre. Wenn man gerade durch eine schlechte Phase geht wie wir, sollte man sich schon ein bisschen Zeit lassen. Wahrscheinlich könnte ich Ihnen gerade eine ganze Liste schreiben, was wir brauchen. Es wäre also fahrlässig, aus dem Bauch heraus zu entscheiden.
Eine Entscheidung getroffen haben Sie in der Vorwoche bei Colton Jobke. Der Probevertrag des Verteidigers wurde auf den letzten Drücker verlängert. Warum so spät?
Mitchell: Der Vertrag ging bis zum 30. November und wir haben uns dazu entschieden, bis dahin zu warten. Diesbezüglich haben wir ihm gegenüber immer mit offenen Karten gespielt, ihm aber auch gesagt, dass wir glücklich mit seiner Leistung sind. Intern waren wir uns alle einig, dass wir mit ihm verlängern wollen. Das Trainerteam ist sehr glücklich mit Colton: Er ist da, um Unterzahlsituationen zu meistern und körperbetontes Eishockey zu spielen. Diese Rolle hat er mehr als angenommen. Was oft vergessen wird: er ist ein optimaler Teamplayer, der sich immer für seine Kollegen einsetzt. Ob er fünf Minuten Eiszeit in einem Spiel hat oder 15 Minuten - auf der Bank ist Colton immer sehr positiv.
Bleiben wir bei Vertragsverlängerungen. In der Regel stecken Sie als Sportdirektor Anfang Dezember schon tief in Verhandlungen. Mit wem würden Sie gerne verlängern?
Mitchell: Vor der Pause wollten wir mit sehr vielen Spielern verlängern. Jetzt haben wir eine Phase, wo es nicht ganz so gut läuft. Die Gespräche finden aber immer statt - ob mit Spielern des ERCI oder von anderen Teams. Ich betreibe viel Scouting und werde im Dezember nach Finnland fliegen, da war ich noch nie. Außerdem schaue ich jede Woche mindestens zwei, drei Spiele an. Wenn unsere Jungs auswärts weiter weg sind, nutze ich die Zeit. Vor zwei Wochen war ich in Schwenningen, am nächsten Tag dann in Heilbronn bei einem DEL2-Spiel. Es ist ein laufender Prozess.
Sie wollen also keinen Spieler aus dem aktuellen Kader wirklich herausgreifen?
Mitchell: Nicht unbedingt. Ich glaube, es gibt einige, die sicherlich sehr gut gespielt und auf sich aufmerksam gemacht haben. Das sehe ich immer mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Solange sie für uns spielen, ist das gut. Aber das schafft natürlich Interessenten, etwa aus Schweden, Russland und der Schweiz, die deutlich mehr zahlen und an die man diese Spieler verlieren kann. Aber wie gesagt: es gibt laufende Gespräche mit Spielern und Agenten. Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass wir - sollte diese Mannschaft abrufen, was sie kann - möglichst viele Spieler behalten wollen.
Im vergangenen Jahr gab es einen klaren Zeitplan für die Vertragsgespräche mit Doug Shedden. Man hat sich erst relativ spät zusammengesetzt. Wird es in dieser Saison wieder so ablaufen?
Mitchell: Ich rede jeden Tag mit Doug, oft mehrmals. Wir haben einen sehr offenen Austausch miteinander. Bis jetzt gab es noch keinen Grund, konkret über nächste Saison zu sprechen. Fakt ist, dass wir beide zufrieden sind. Doug ist ein Mensch, der sich nicht festnageln lässt auf irgendein Land. Er war in Finnland, der Schweiz, in Nordamerika, jetzt in Deutschland. Ich glaube, er ist offen für alles. Aber er hat mir mehrfach gesagt, dass es ihm sehr gut in Ingolstadt gefällt. Die Zusammenarbeit zwischen uns findet er glaube ich auch sehr gut. Wir wollen da nichts überstürzen und Doug irgendwie unter Druck setzen. Wenn beide Seiten bereit sind, konkreter zu werden, werden wir das sicherlich tun.
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