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Elfmeter-Kunst: Wie Kane und Kimmich Amateure belehren

Glosse

Ist Harry Kane wirklich Engländer?

Johannes Graf
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    Wieder drin: Harry Kane verwandelt gegen Mönchengladbach.
    Wieder drin: Harry Kane verwandelt gegen Mönchengladbach. Foto: Federico Gambarini, dpa

    Was in der Theorie überzeugt, kann in der Praxis seine Tücken haben. Weiß jeder Amateurkicker, der sich am Rabona versucht. Selbstverständlich ist der Gegner beeindruckt, wenn das Schussbein hinter dem Standbein gekreuzt wird. Doch schmal, mitunter auch schmerzhaft, ist der Grat zwischen Geniestreich und Lächerlichkeit. Gleiches gilt für einen Fallrückzieher, der im Tor des Jahrzehnts ebenso enden kann wie im Bandscheibenvorfall.

    Die globale Beliebtheit des Fußballs begründet sich unter anderem darin, dass diesen Sport erstaunliche Einfachheit umgibt. Gegen einen Ball zu treten, das traut sich beinahe jeder Mensch zu. Nicht zwingend muss ein Spieler magische Momente erzeugen, um in einer Partie seinen Beitrag zu leisten. Beim Einwurf darf er sogar die Hände zu Hilfe nehmen. Ähnlich verhält es sich beim Toreschießen. Den Ball aus 50 Metern zu versenken, erfordert selbstverständlich spezielle Fähigkeiten, die Kugel aus elf Metern im 7,32 Meter breiten und 2,44 Meter hohen Tor unterzubringen, das traut sich auch jener zu, dessen Betätigungsfeld der Hobbybolz im Nachbarsgarten ist. Zwischen Torhüter und Gestänge bleibt schließlich ausreichend Fläche, in die es zu treffen gilt.

    Seinen letzten Elfmeter hat Harry Kane bei der WM 2022 verschossen

    Joshua Kimmich jedoch sah sich veranlasst, mal ein paar Dinge geradezurücken. Nach dem Arbeitssieg gegen Borussia Mönchengladbach (1:0) erinnerte der Mittelfeldspieler des FC Bayern München kurz daran, dass vermeintlich Selbstverständliches durchaus eine Kunst sein kann. Seine Botschaft: Kann nicht jeder - auch Kicken muss gelernt sein. Zum Anlass nahm Kimmich seinen Kollegen Harry Kane, der nun 26 Elfmeter in Folge verwandelt hat. „Das ist schon krass“, sagte Kimmich, „eine brutale Qualität, die vom Amateur da draußen unterschätzt wird, weil man denkt, den Ball sollte man als Fußballprofi aus elf Metern ins Tor bringen.“

    Aber auch Kane ist nicht unfehlbar. Seinen bislang letzten Strafstoß vergab der Engländer bei der WM 2022 im Viertelfinale gegen Frankreich. Es passierte beim Stand von 1:2 in der 84. Minute, nachdem er bereits einen Elfmeter zum 1:1 verwandelt hatte. England schied aus, musste wieder einmal den Traum vom Titel begraben. In seiner Theorie jagte Kane den Ball unter die Latte, in der Praxis weit darüber. Dies wird alle Freizeit-Maradonas trösten, die sich schon beim Rabona selbst in die Wade getreten haben.

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