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Erfolgreiche EM und dann? Woran es dem Frauenfußball fehlt

Kommentar

Der Frauenfußball ist nicht attraktiv genug

Tilmann Mehl
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    Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen ist ein Titelfavorit bei der Europameisterschaft. Nach der EM aber wird das Interesse am Frauenfußball wieder schnell abnehmen.
    Die deutsche Nationalmannschaft der Frauen ist ein Titelfavorit bei der Europameisterschaft. Nach der EM aber wird das Interesse am Frauenfußball wieder schnell abnehmen. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Die Empörung ist vorherzusehen. Je weiter die Mannschaft kommt, desto lauter werden die Stimmen. Ungerecht sei es, dass die Frauen weniger verdienen als die Männer. Nun wäre es aber doch endlich an der Zeit, den Gender-Pay-Gap zu schließen. All diese wohlfeil vorgetragenen Schlagwörter, die in diesem Fall nichts anderes sind als gut gemeinte Unsinnigkeit. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft der Frauen tritt am Freitag zu ihrem ersten Spiel bei der diesjährigen Europameisterschaft an. Sollten sie am Ende das Turnier gewinnen, erhält jede Spielerin 120.000 Euro. Den Männern waren vergangenes Jahr noch 400.000 Euro verprochen worden.

    Derzeit spielen etliche der besten männlichen Fußballer der Welt in den USA ein Turnier, das nicht die große Masse interessiert. Bei der Klub-WM blieben die Stadien bis in die K.-o.-Phase oft halb leer, die Einschaltquoten im deutschen Fernsehen haben sich mittlerweile stabilisiert – sind aber weit entfernt von Welt- oder Europameisterschaften. Für Außenstehende kann es daher überraschend sein, dass der FC Bayern bei dem Turnier bereits über 50 Millionen Euro eingenommen hat. Am Ende profitieren davon Spieler und ihre Berater. Auch deswegen wehren sich die Akteure der teilnehmenden Mannschaften nicht gegen die irrwitzige Belastung. Geld ist manchmal die beste Medizin.

    Im Durchschnitt bekommen weibliche Profis 4000 Euro im Monat

    Wirklich reich werden die meisten Profi-Fußballerinnen dagegen nicht. Der Deutsche Fußball-Bund gab bekannt, dass die Spielerinnen der Ersten Bundesliga durchschnittlich 4000 Euro im Monat erhalten. Einige Top-Spielerinnen bekommen bis zu 300.000 Euro im Jahr. Sie ziehen den Schnitt nach oben. Viele andere aber müssen nebenbei noch arbeiten. Bei den Männern: undenkbar. Sie sind alle Vollprofis. Das bringt etliche aufgeblasene Wichtigtuer an den Rändern des Geschäfts mit sich. Viele Akteure verwechseln Geld mit eigener Bedeutsamkeit. Die Professionalisierung aber sorgt auch für herausragende Arbeitsbedingungen und hochklassigen Sport.

    Davon ist die Frauen-Bundesliga ein gutes Stück entfernt. Rund 2700 Fans kamen vergangene Saison im Schnitt zu jedem Spiel. Der bemitleidenswerte Tabellenletzte aus Potsdam gewannen kein einziges Saisonspiel und schoss in 22 Spielen nur fünf Tore. An der Spitze ist der Frauenfußball sportlich äußerst attraktiv. Die Spitze findet aber schnell ihr Ende. Der Frauenfußball ist am Markt vor allem wegen seiner mangelnden Klasse nicht erfolgreich. Das Fußballgeschäft aber folgt den Gesetzen der Marktwirtschaft – wie sämtliche andere Bereiche der Unterhaltungsindustrie auch. Daher ist es nicht damit getan, eine Anhebung der Prämien und Gehälter für Fußballerinnen zu fordern. Das Produkt muss schlicht besser werden.

    Die Vereine müssen in die großen Stadien und Events schaffen

    Die Spielerinnen brauchen eine bessere fußballerische Ausbildung. Die Vereine der Bundesliga müssen ein Umfeld schaffen, das Fans anzieht. Raus aus den kleinen Stadien, Eventisierung in großen Arenen. Am Ende entscheiden die Zuschauerinnen und Zuschauer, was erfolgreich ist. Die Fußball-Europameisterschaft der Frauen wird es sein. Die TV-Quoten werden höher sein als bei der Klub-WM der Männer. Auch und vor allem, weil die deutsche Mannschaft aus überwiegend sympathischen, reflektierten und vor allem fein kickenden Frauen besteht. Danach aber folgt der Liga-Alltag, und die Aufmerksamkeit wird zurückgehen. Daran ändern auch Forderungen nach einem höheren Gehalt für die Akteurinnen nichts. Mehr Geld schafft mehr Sicherheit. Mehr Geld muss aber auch erstmal eingespielt werden. Dafür sind die Vereine zuständig – und alle, die von der Couch aus eine Angleichung der Bezahlung zwischen Männern und Frauen fordern.

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