Das Dschungelcamp der Liga gewinnt an Klasse
Die Transferzeit verrät vieles über den Stellenwert der Vereine in der Liga. Der FC Augsburg hat sich vom Dschungelcamp der Liga zum ernsthaften Wettbewerber entwickelt.
Zwei Mal im Jahr hat das so genannte Transferfenster in Europa geöffnet. Wahrscheinlich wurden die beiden Wechselzeiträume einzig und allein für die Sportmedien geschaffen. Über was sollten sie (also: wir) denn bitte berichten, wenn der Ball ruht? Trainingsspiele von Team grün gegen Team gelb?
Zahlreiche Sportjournalisten schreiben und reden tagein, tagaus über mögliche, wahrscheinliche und an der Grenze zur Absurdität stehende Wechselgerüchte. Wobei das eine schnell zum anderen werden kann. Der Transfermarkt ist derart kurios, dass er schlicht nicht ernst zu nehmen ist. Oder man ihm zumindest mit der notwendigen Distanz begegnet (also von gaaaaaaaaaaaaaaaaaanz weit weg).
Eins allerdings muss man dem Transfermarkt lassen. Er ist ein formidabler Indikator für den Wert eines Vereins und für die Wertschätzung, die ihm von Seiten der Berater, Spielern Funktionäre und Journalisten entgegengebracht wird.
Beim FC Augsburg lässt sich die Entwicklung vom Dschungelcamp der Liga zu einem seriösen Europa-League-Teilnehmer anhand der vergangenen drei Jahre ablesen. Im ersten Jahr nach Jos Luhukay und Andreas Rettig suchte der FCA nach einer personellen Neuausrichtung. Fans und Verantwortliche träumten erstmals davon, etwas bekanntere Namen verpflichten zu können. Kein Sebastian Langkamp, kein Akaki Gogia.
Bancé und Ottl konnten sich nicht durchsetzen
Manager Manfred Paula erfüllte den Wunsch. Weil das Budget arg limitiert war, glichen die Transfers aber dem Dschungelcamp. Irgendwie bekannte Namen, aber man weiß nicht mehr, warum. Es kamen Aristide Bancé und Andreas Ottl. Durchgesetzt haben sie sich nicht. In der folgenden Saison gingen die Augsburger trotzdem wieder ins Risiko. Allein auf bis dato unbekannte Neuzugänge wie Andre Hahn, der im Januar 2013 verpflichtet wurde, wollte man sich nicht verlassen. Es kamen Raul Bobadilla und Halil Altintop. Ein schwer Erziehbarer und ein vom Radar verschwundener ehemaliger türkischer Nationalspieler. Die so zusammengesetzte Mannschaft übertraf alle Erwartungen.
Die Augsburger wurden nun ernst genommen. Auf dem Platz und am Verhandlungstisch. Sie waren nicht mehr darauf angewiesen, bei Transfers stark ins Risiko zu gehen. Holten stattdessen für gutes Geld Tim Matavz aus Holland oder Abdul Rahman Baba aus Fürth. Spieler, bei denen man nicht viel verkehrt machen konnte. Die Augsburger investierten mit Bedacht und verdienten sich so immer mehr Respekt.
So viel, dass sie mittlerweile zu den ersten Kandidaten zählen, wenn Top-Vereine ihre jungen Talene ausleihen, um Erfahrung zu sammeln. Aus Leverkusen kam Dominik Kohr (der mittlerweile fest verpflichtet wurde), vom FC Bayern Pierre-Emile Höjbjerg. Und weil der FCA weiterhin überraschte, am Ende der Saison vor Schalke und Dortmund auf Platz fünf landete und nun mehr Geld als jemals zuvor zur Verfügung steht, werden auf einmal Namen mit dem FC Augsburg in Verbindung gebracht, die vor wenigen Jahren nur als Neuzugänge bei den Branchengrößen denkbar waren.
Ohne große Verwunderung bei der breiten Masse werden Claudio Pizarro und Kevin Kuranyi als Neuzugänge gehandelt. Dass einer von beiden tatsächlich kommt, ist unwahrscheinlich. Dass ein Wechsel als machbar gilt, zeigt das neue Standing des FCA in der Bundesliga.
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