Beim FC Augsburg gilt Ja-Cheol Koo als Musterschüler. Der Südkoreaner hat verinnerlicht, dass eine Bundesliga-Karriere auf Talent gründet, sie danach jedoch vor allem auf Fleiß und Einstellung beruht. Koo ist lernwillig, auf und neben dem Platz. Bei seinen Deutschkenntnissen macht der 27-Jährige stetig Fortschritte. Wenn dem Asiaten Worte fehlen, ist dies meist der Schwere der deutschen Sprache geschuldet.
Als der Mittelfeldspieler des FCA nach der Begegnung mit Bayer Leverkusen im Bauch der Augsburger Arena Interviews gab, brachte aber vordergründig der irre Spielverlauf Koos Sätze ins Stocken. 3:0 hatte der abstiegsbedrohte FC Augsburg vor eigenem Publikum eine Stunde lang geführt, ehe das Spiel eine schier unglaubliche Wende nahm, die im Ausgleich in der Schlusssekunde gipfelte.
Koo traurig nach Dreierpack
Der vermeintlich begrenzte Wortschatz Koos verhinderte nicht, das Geschehene treffend in einem Wort zusammenzufassen. "Wahnsinn", stöhnte Koo, während er sich ungläubig mit der Hand an die Stirn fasste. Der Ausgleich unmittelbar vor dem Ende trübte Koos Stimmung merklich, ließ ihn von einer gefühlten Niederlage sinnieren. "Das war komisch, was in den letzten Minuten passiert ist. Für uns ist das sehr, sehr schade. Deswegen bin ich jetzt traurig."
Eine Stunde lang deutete alles darauf hin, Koo würde einen seiner freudigsten Tage als Fußballer erleben. Früh brachte er den FC Augsburg in Führung, als er den Ball nach einem Lattenschuss durch die Beine von Leverkusens Torwart Leno drückte. Psychologisch günstig vollendete er vor der Pause zur komfortablen 2:0-Führung, als der Ball erneut über das Aluminium den Weg zu ihm fand. Als Koo überdies nach Vorlage Finnbogasons den Ball in den Torknick schickte und seinen dritten Treffer mit einem wilden Purzelbaum feierte, beseitigte er letzte Zweifel, wer zum Mann des Tages erkoren werden würde.
Doch es kam anders. Die Begegnung mit Leverkusen sollte nicht allein wegen Koos Dreierpack nachwirken. Erstmals verschenkte der FCA in der Bundesliga einen Drei-Tore-Vorsprung, erstmals holte Bayer einen derartigen Rückstand auf. Mit seinem verwandelten Handelfmeter versetzte Bayers Ersatzkapitän Calhangolu die Arena in Schockstarre. Statt dem Klassenverbleib näher zu kommen und den Abstand zum Relegationsplatz auf vier Punkte aufzupolstern, grämten sich Spieler, Verantwortliche und Fans ob der verpassten Chance. FCA-Trainer Markus Weinzierl gestand, man hätte dieses Spiel gewinnen müssen.
Jetzt wartet Darmstadt auf den FC Augsburg
Und Koo fühlte sich, als hätte ihn jemand seiner Glücksmomente beraubt. "Drei Tore mit drei Punkten, dann wäre ich sehr zufrieden. So ist es eine Katastrophe", erläuterte er. Stefan Reuter, Augsburgs Geschäftsführer Sport, versetzte sich in die Gefühlswelt des Torschützen. "Das ist bitter für ihn. Normalerweise wirst du gefeiert ohne Ende. Wenn du das Spiel 3:2 gewinnst, tragen sie ihn aus dem Stadion."
Unter den Eindrücken der aufregenden Schlusssequenzen der Begegnung ging unter, dass der FC Augsburg über weite Strecken eine äußerst dürftige Vorstellung abgeliefert hatte. Mit ihrem komfortablen Vorsprung, der allein der Effektivität Koos geschuldet war, kaschierte die Mannschaft, wie unterlegen sie den ersatzgeschwächten Leverkusenern technisch und spielerisch war. Entlastungsphasen fehlten, weil sich Rückkehrer Baier und Co. im Umschalten von Defensive auf Offensive grausige Fehlpässe leisteten. Wenigstens haben die Augsburger nun länger Zeit, sich zu erholen. Die englischen Wochen sind vorbei, die schicksalsträchtige Partie in Darmstadt steigt erst am kommenden Samstag.