Ex-FCA-Torhüter Gelios hat mit Holstein Kiel nichts zu feiern
Ioannis Gelios wirft mit Holstein Kiel den FC Bayern aus dem DFB-Pokal und steht kurz vor dem Aufstieg. Doch am Ende steht der Ex-FCA-Spieler mit leeren Händen da.
Eigentlich war dieser 13. Januar kein Tag, um draußen groß zu feiern. Abgesehen von Corona herrschte in Kiel auch noch richtiges „Schietwedder“. Es schneite, war nasskalt an diesem Mittwochabend. Doch das war Ioannis Gelios egal. Der 29-jährige Torhüter des Zweitligisten Holstein Kiel schrie seine Freude in den Nachthimmel hinaus als er den entscheidenden Strafstoß von Marc Roca im Elfmeterschießen zum 8:7 gegen den FC Bayern München gehalten hatte. Kiel hatte die Bayern in der zweiten Runde des DFB-Pokals rausgeworfen, was niemand für möglich gehalten hatte. Kiel und vor allem Gelios beherrschten die Schlagzeilen.
„Zunächst haben wir gar nicht so richtig realisiert, was da geschehen ist. Aber als wir dann aus dem Stadion gekommen sind, standen 1000, 2000 Fans auf der Straße mit Autos die gehupt haben, Bengalos abgebrannt, das war toll“, sagt der gebürtige Augsburger fünf Monate später. Die Fans feierten auch ihn.
Beim FCA reichte es nicht zu einem Bundesliga-Einsatz
Ein ungewohntes Gefühl für Gelios, obwohl er schon seit 2011 Profi-Fußballer ist. Damals unterschrieb er beim FC Augsburg seinen ersten Vertrag. Schon mit neun Jahren war er von der MBB-SG Augsburg zum FCA geholt worden. „Mein erster Trainer war dort Markus Lück“, erinnert sich Gelios. Er durchlief alle Jugendmannschaften, spielte in der U21-Nationalmannschaft für Griechenland, der Heimat seiner Eltern, die weit vor seiner Geburt in Augsburg sesshaft wurden. Das erste Bundesligaspiel von Gelios war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Dazu kam es nie. Es schien, als hatte es sich Gelios in der Komfortzone lange Zeit zu wohl gefühlt. fester Bestandteil im Bundesligakader, spielen in der U23, regelmäßig sein Gehalt auf dem Konto. Gelios machte nicht den Eindruck mit aller Konsequenz um seine Chance zu kämpfen. Er selbst sagt: „Ich weiß auch nicht warum. Am Ende waren das die Entscheidungen der jeweiligen Trainer.“
Natürlich hatte Gelios auch immer starke Konkurrenz mit Reputation. „Als ich angefangen habe, waren Simon Jentzsch und Mo Amsif da, dann kamen Alex Manninger, der Hitzi, dann Andreas Luthe. Das waren alle gestandene Profis. Vielleicht hat man es mir darum auch nicht zugetraut. Deswegen musste ich dann auch mal los und meinen eigenen Weg gehen.“
Gelios infizierte sich mit Corona
Das tat er dann auch nach 17 Jahren FCA. Im Sommer 2018 zum Drittligisten Hansa Rostock, ein Jahr später verpflichtete ihn Zweitligist Holstein Kiel. Aus der Nummer drei oder vier in Augsburg wurde eine gestandene Nummer eins. Und ein Kämpfer. Denn in der Vorbereitung zu dieser Saison hatte er seinen Stammplatz in Kiel an Konkurrent Thomas Dähne, 27, verloren. Doch Gelios holte ihn sich zurück und wurde gegen die Bayern dann auch noch zum Elfmeterkiller.
Der Triumph über die Bayern war der Auftakt zu einem Sturmlauf der Kieler, die nicht aufzuhalten schienen. Im Pokal stürmten sie mit Siegen gegen Darmstadt und RW Essen ins Halbfinale, in dem Borussia Dortmund wartete. Und in der 2. Bundesliga nahmen die Kieler Kurs auf die Bundesliga. Anfang März spielten sie 1:1 beim Hamburger SV, waren klarer Aufstiegsaspirant.
Dann folgte die erste Corona-Quarantäne. Ein paar Wochen später die zweite. Auch Gelios selbst erkrankte an Covid 19. „Im ersten Moment war ich geschockt. Aber Gott sei Dank hatte ich nur zwei Tage Fieber und keine anderen Symptome. Die Quarantäne war schon hart, weil ich halt zwei Woche nur zu Hause war“, sagt Gelios. „Ich konnte zwar virtuelles Training machen und auf dem Hometrainer Radfahren, aber das war es. Fast schlimmer war, dass ich mich danach am ersten Trainingstag am Rücken verletzt habe und dann wieder zehn Tage raus war. So musste ich die zwei Spiele gegen Karlsruhe und Darmstadt auf der Bank verfolgen.“
Kiel scheitert in der Relegation am 1. FC Köln
Es waren die letzten beiden Saisonspiele. In denen es um den direkten Aufstieg ging. Denn Kiel hatte sich trotz der wochenlangen Corona-Pausen und Dauer-Einsatz im Saisonfinale alle Optionen offen gehalten. Zwar war das Pokal-Halbfinale gegen Dortmund 0:5 verloren- gegangen, doch in der Liga hätte ein Sieg gegen Karlsruhe oder Darmstadt gereicht, um erstmals in der Vereinsgeschichte in die Bundesliga aufzusteigen. Doch Holstein verlor zweimal 2:3 und musste in die Relegation gegen den 1. FC Köln. Was ein sportliches Drama für den Klub war, bedeutete für Gelios die Rückkehr ins Tor. Denn in den beiden Spielen gegen den Bundesligisten vertraute Holstein-Trainer Ole Werner nicht mehr auf Thomas Dähne, sondern auf Gelios. Die Torhüter-Rochade schien zunächst zu wirken. Holstein Kiel gewann in Köln auch dank der Paraden von Ioannis Gelios 1:0. Doch im Rückspiel hatten die Norddeutschen keine Chance. Kiel verlor 1:5, Köln blieb in der Bundesliga.
„Es war super, wie wir die beiden Nackenschläge mit der zweimaligen Corona-Quarantäne verarbeitet haben und im Aufstiegsrennen dabei- geblieben sind“, sagt Gelios. „Andererseits gingen wir mit vier Punkten Vorsprung in die letzten beiden Spiele. Wir hätten nur noch einen Sieg gebraucht, den wir nicht zustande gebracht haben. Wir haben hier den Aufstieg verspielt, nicht in der Relegation gegen Köln.“
Ein knallhartes Ende einer Saison, die in der Landeshauptstadt von Schleswig-Holstein so viele Träume hat reifen lassen, die am Ende alle wie Seifenblasen platzten. Auch Gelios hatte daran, wie alle anderen Beteiligten, zu kauen. Es war auch für ihn persönlich ein Jahr mit vielen Höhepunkten aber ohne Happy End. Es sei „eine geile Saison“ gewesen, sagt er: „Uns kann keiner einen Vorwurf machen, wir haben bis zum Ende gekämpft. Aber wir haben uns am Ende für den ganzen Aufwand nicht belohnt.“
Gelios Vertrag bei Kiel läuft 2022 aus
Jetzt versucht er zusammen mit seiner Freundin in der griechischen Heimat seiner Eltern abzuschalten. In Serres, einer Stadt mit rund 60.000 Einwohnern in Zentralmakedonien, gehört ihm ein Haus. Dort, eine halbe Autostunde von Thessaloniki entfernt, wohnen auch viele seiner Verwandten. „Das muss nach dem Ganzen einfach sein. Hier kann ich sehr gut abschalten.“ Nach dem Spiel gegen Köln habe er zwei Tage nicht gut geschlafen, erzählt er. Doch nun hat er beschlossen, nach vorne zu schauen: „Es bringt nichts, sich dauernd darüber Gedanken zu machen oder darüber zu reden, dass wir den Aufstieg nicht geschafft haben. Man zieht sich nur runter. Deswegen habe ich damit abgeschlossen. Ich schaue jetzt, dass ich fit in die neue Saison gehe.“
Sein Vertrag in Kiel läuft noch bis 2022. Genau der richtige Zeitpunkt, um den Vertrag zu verlängern oder vielleicht sogar den Verein zu verlassen? Gelios lässt sich nicht in die Karten schauen. „Stand heute gehe ich davon aus, dass ich in Kiel bleibe.“ Am 21. Juni beginnt der Zweitligist mit der Vorbereitung, die Saison startet am 23. Juli. Vor dem Trainingsauftakt wird er noch ein, zwei Tage seine Eltern in Augsburg besuchen. Dort wo alles begann.
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