„Jede Mannschaft hat jetzt Respekt“
Tin Jedvaj steht in der Abwehr des FC Augsburg für Stabilität. Gegen Düsseldorf hat er jetzt auch sein erstes Tor für den FCA erzielt. Was Trainer Martin Schmidt an dem 24-jährigen Leihspieler schätzt und zur Zukunft des Kroaten sagt
In Tin Jedvajs Gesicht war schwerlich abzulesen, wie die Bundesligabegegnung zwischen dem FC Augsburg und Fortuna Düsseldorf geendet hatte. Gemeinhin gilt der Kroate mit dem Pferdeschwänzchen als lässiger Typ. Als tiefenentspannt und unaufgeregt. Augsburgs Trainer Martin Schmidt berichtet, er sorge sich manchmal sogar, Jedvaj würde beim Gehen einschlafen. Derart cool schlurft er daher.
Auf dem Rasen indes ist von Schläfrigkeit nichts zu sehen. Vielmehr steht der 24-Jährige für die gewonnene Stabilität in der Defensive, auf der letztlich die jüngsten Erfolge des FCA fußten. Fünf Siege in sechs aufeinanderfolgenden Partien sind den Augsburgern in der ersten Liga noch nie gelungen. Für den Kroaten kommt diese Entwicklung wenig überraschend, letztlich sei der Erfolg nicht mehr als das Ergebnis harter Arbeit, meint er. Augsburger Siege waren für Jedvaj nur eine Frage der Zeit. „Ich habe bereits im September gesagt: Das ist keine Abstiegsmannschaft. In dieser Mannschaft steckt viel Potenzial, sie kann mehr als viele denken.“
Jedvaj sollte wissen, wovon er spricht. Schließlich stand er beim AS Rom und Bayer Leverkusen unter Vertrag, in der Nationalmannschaft zählt Luka Modric, 2018 immerhin Weltfußballer, zu seinen Mitspielern.
Statt internationale Ambitionen zu verfolgen, entschied sich Jedvaj im Sommer für einen Durchschnittsbundesligisten. In Augsburg sammelt der Leihspieler Spielpraxis, nachdem er in Leverkusen nicht mehr zum Stammpersonal zählte. Hier zeigt er seine Qualitäten. Trainer Schmidt setzt uneingeschränkt auf die Dienste des 24-Jährigen, schätzt seine Schnelligkeit, Ballsicherheit und Zweikampfstärke. Obwohl mit Felix Uduokhai ein Innenverteidiger mit starkem linken Fuß parat stünde, erhält Jedvaj weiterhin den Vorzug auf der Position neben Gouweleeuw.
Gegen Düsseldorf leistete Jedvaj erneut seinen Beitrag. Ließ im Verbund mit den Kollegen aus dem Spiel heraus keine Torchance zu und steuerte sogar selbst einen Treffer zum 3:0 bei.
Dass er den Ball ins Düsseldorfer Tor schädelte, fügte sich ins Bild, schließlich bestach der Kroate nicht nur an diesem Abend durch Kopfballstärke. Luftduelle gegen den wuchtigen Jedvaj zu gewinnen, stellt für jeden Angreifer eine Herausforderung dar. Hier sieht er seine Kernkompetenz. Kein Gegentor zugelassen zu haben, freute ihn mehr als sein Treffer. Denn, schildert Jedvaj gewohnt nüchtern: „Das ist mein Job hier.“
Weil der FCA derzeit von Erfolg zu Erfolg eilt, weil er vor Selbstvertrauen strotzt und in der aktuellen Verfassung niemanden fürchten muss, kommt Jedvaj die Weihnachtspause ungelegen. „Schade, dass wir am Samstag unser letztes Spiel haben. Ich glaube, momentan will jeder alle drei Tage spielen“, merkt er an. Zum Hinrundenfinale wartet nicht irgendeine Alltagspartie (Samstag, 15.30 Uhr). RB Leipzig steht an der Tabellenspitze, hat die gleiche Bilanz wie der FCA aus den vergangenen sechs Partien vorzuweisen. Dass die Aufgabe schwer zu lösen sein wird, ist Jedvaj bewusst. Doch der Glaube in die eigene Stärke ist inzwischen ausgiebig. Mit Blick auf die jüngsten Auftritte betont er: „Jede Mannschaft in der Bundesliga hat jetzt Respekt vor Augsburg.“
Die Zukunft Jedvajs ist offen, wobei es für Augsburg schwer sein dürfte, den Kroaten zu halten. Letztlich müssen sich die Interessen des Spielers und des Klubs vereinbaren lassen. Welche Ziele verfolgt wer? Jedvajs Vertrag läuft in Leverkusen bis 2023. Ob er den erfüllt? Denkbar ist ein Wechsel zu einem namhafteren Klub, vielleicht nach Spanien, England oder Italien. Dafür empfehlen kann sich Jedvaj in der Bundesliga, aber auch in der Nationalmannschaft. Während der Europameisterschaft kann er sich in den Fokus spielen und seinen Marktwert in die Höhe treiben. Diesen taxiert der Branchendienst transfermarkt.de momentan auf neun Millionen Euro. Augsburgs Trainer Schmidt weiß, dass starke Leistungen des Spielers die Verhandlungsposition verschlechtern könnten. „Wenn er so weiterspielt, haben wir in Augsburg zu kleine Hosen an, um ihn hierzubehalten.“
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