So tickt die Mannschaft des FC Augsburg
Manuel Baum spricht über seine Arbeit und gibt ungewohnte Einblicke. Jeder Spieler tickt anders, braucht eine andere Ansprache. Was der Trainer verrät.
Manuel Baum ist es aus seiner täglichen Arbeit gewohnt, vor einer Gruppe zu sprechen. Das war so, als er als Lehrer an einer Realschule unterrichtete; und das ist so, seit er als Trainer die Profifußballmannschaft des FC Augsburg befehligt. Als der 38-Jährige an diesem Vormittag vor einer Gruppe referiert, sitzen im Plenum weder Schüler noch hoch bezahlte Kicker. Baum, im Businesslook mit Jeans, weißem Hemd und schwarzem Sakko, betritt Neuland. Er schult Führungskräfte.
Die Forum Media Group, ein international tätiges Medienunternehmen mit Sitz in Merching, hat Baum gebucht. Gegen eine Gage im niedrigen vierstelligen Bereich gibt Baum also Einblicke in seinen Alltag als Führungskraft. Wobei eines im Verlauf des Vortrags wiederholt deutlich werden sollte: Baum hält wenig davon, mit Strenge durchzuregieren. Autorität will er nicht kraft seines Amtes ausstrahlen, er will durch Kompetenz überzeugen. „Der Spieler muss verstehen, dass ihn das weiterbringt, was der Trainer vorgibt“, erklärt Baum. In seine Entscheidungen sind Personen aus verschiedenen Bereichen eingebunden. Trainer, Sportlicher Leiter, Ärzte, aber auch die Spieler selbst. Der Trainer betont: „Am Prozess, bis eine Entscheidung getroffen ist, sind mehrere beteiligt. Am Ende des Tages muss aber ich entscheiden.“
Beim FCA spielt auch Individualität eine große Rolle
Letztlich wollen alle Erfolg. Schlüssel dazu ist jeder einzelne Spieler. Funktioniert er, funktioniert die Mannschaft. In der Entwicklung des Profis, in der individuellen Förderung sieht Baum das größte Verbesserungspotenzial im modernen Fußball. Elf Spieler mit einer Taktik auf den Platz zu schicken, das reicht bei weitem nicht mehr aus. „Wir versuchen hochgradig zu individualisieren“, sagt Baum.
Athletik, Technik, Taktik – für Baum weiterhin wichtige Faktoren in der Entwicklung eines Fußballprofis. Allerdings will der 38-Jährige ebenso Handlungsschnelligkeit und Persönlichkeit des Profis schulen. Entscheidend dabei: der Zugang zum Spieler. Baum und sein Trainerteam müssen ein Gespür dafür entwickeln, wie sie ihre Inhalte im Wortsinn an den Mann bringen können. In der internationalen Zusammenstellung des Kaders ist das mitunter kein leichtes Unterfangen. Beim FCA finden sich zwei Südamerikaner, drei Asiaten, drei Österreicher, ein Niederländer, ein Isländer und nach der jüngsten Verpflichtung von Fredrik Jensen ein Finne. Trainer Baum muss darauf reagieren und nennt Beispiele: „Asiaten tun sich ungemein schwer, sachliche und persönliche Kritik zu trennen. Südamerikaner hingegen sind sehr stolz. Sie haben Probleme damit, vor versammelter Mannschaft kritisiert zu werden.“ Baums Lösung: etliche Vier-Augen-Gespräche.
FC Augsburg achtet auf die Charaktere der Spieler
Der FCA achtet bei einer Verpflichtung nicht nur auf die sportlichen Qualitäten, ebenso wichtig sei der Charakter, erläutert Baum. Der Spieler müsse verstehen, dass das „System“, also der Verein, über ihm stehe, und dass der Klub bestimmte Werte verkörpere. Jeder müsse sich an Regeln halten und das vorleben, fügt Baum hinzu.
Nicht gefallen kann ihm entsprechend das Verhalten von Caiuby. Der Brasilianer hat Ärger mit der Polizei, gegen ihn wird ermittelt, weil er im Nachtleben einen anderen Mann mit einem Kopfstoß im Gesicht verletzt haben und mehrmals schwarzgefahren sein soll. Baum kündigt an: „Wir werden uns mit dem Thema auseinandersetzen und Maßnahmen ergreifen.“ Ein Stück weit zeigt sich Baum irritiert von den Medienberichten, Caiuby lobt er als „feinen, lustigen Kerl“, als „Stimmungsmacher“ innerhalb der Kabine.
FCA: Missverständnis bei Moritz Leitner
Auch wenn der FCA bei seinen Neuzugängen stets darauf achtet, dass ein Profi zum Mannschaftsgefüge passt, Garantien gibt es keine. Die Verpflichtung von Moritz Leitner vor eineinhalb Jahren muss daher als Missverständnis gedeutet werden. Am Dienstag zogen der 25-Jährige und der FCA Konsequenzen, sie trennten sich. Leitner spielt künftig für den englischen Zweitligisten Norwich City, bei dem er in der vergangenen Rückrunde Spielpraxis und Selbstvertrauen gesammelt hat.
Baum kannte Leitner als seinen Schüler, in der Realschule Taufkirchen hat er ihn unterrichtet. Letztlich scheint es, als hätte Leitner die Ratschläge seines Trainers ignoriert. So lassen sich jedenfalls Baums Worte deuten. „Wir haben mit ihm darüber geredet, wo er sich weiterentwickeln muss. Das hat nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben.“ Baum weiter: „Wir dachten, er kann lernen, wie wir in Augsburg spielen.“
Auch FCA-Geschäftsführer Stefan Reuter sieht in der fehlenden Anpassung die Gründe für Leitners Scheitern. „Vielleicht hätte er ein Stück seine Spielweise verändern müssen“, sagt Reuter.
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