
FCA probiert historischen Wechsel – kommt aber trotzdem nicht zum Sieg

Plus Beim FC Bayern zeigt sich der FC Augsburg von Beginn an mutig, leistet sich dann aber auch fahrige Aussetzer. Trainer Maaßen setzt einen historischen Wechsel.

Seit einiger Zeit gibt es im Fußball den statistischen Wert der "Expected Goals", also der zu erwartbaren Tore anhand des Spielverlaufs. Damit wird gemessen, wie gut die Torchancen waren, die sich eine Mannschaft erspielt hat. Eine hundertprozentige Torchance wird mit dem Maximalwert von 1,0 eingepreist. Ein Wert von 2,4 etwa, wie ihn der FC Augsburg am Samstag aufwies, ist schon recht gut. Wenn man noch ins Feld führt, dass es gegen den FC Bayern ging, ist das sogar bemerkenswert. Denn seit Amtsantritt des aktuellen Trainers Julian Nagelsmann wies kein Team in einem Pflichtspiel in München einen höheren Wert auf als nun der FCA. Die Münchner kamen nur einen geringfügig besseren Wert von 2,5, wie der Datenanalyst Opta auswertete. Weil unterm Strich aber die reelen und nicht die erwarteten Treffer in die Wertung kommen, hieß es am Ende 5:3 für Bayern. Ein Beweis für den Mut, mit dem Augsburg unter Trainer Enrico Maaßen ins Spiel geht, ist der Wert dennoch.
"Es gehört nicht zu unserer DNA, uns hinten reinzustellen", sagte Maaßen nach Spielende. Den Beweis dafür hatte seine Mannschaft in der Startphase geliefert: Schon beim Anstoß, der sich wegen eines zu flickenden Tornetzes in der Allianz Arena etwas verzögerte, war zu sehen wie acht von zehn Augsburger Feldspielern an der Mittellinie lauerten und darauf warteten, in die Bayern-Hälfte zu laufen. Die Folge: Nach 45 Sekunden gab es die erste Ecke für den FCA, nach 122 Sekunden lag der Ball im Münchner Tor. Mergim Berisha, ein ausgewiesener Fachmann für Spiele gegen den deutschen Rekordmeister, hatte den Ball zuerst sehenswert über Joao Cancelo gehoben und dann in den Maschen versenkt. Es war das vierte Tor im vierten Spiel für den 24-Jährigen gegen die Münchner.
Innerhalb von drei Minuten drehte der FC Bayern das Spiel
Erinnerungen an das siegreiche Hinspiel, als Augsburg dank eines Berisha-Treffers 1:0 gewonnen hatte, tauchten auf - wurden aber von der derart angestachelten Bayern-Offensive rasch zerstreut. Julian Nagelsmann hatte fünf Wechsel - einen wegen der Verletzung von Eric Maxim Choupo-Moting - getätigt und diese Wechsel bereits im Vorfeld als Chance für alle jene Bayern-Profis tituliert, die zuletzt draußen waren. Damit dürfte der 35-Jährige vor allem an seine zuletzt kritisierten Flügelspieler Leroy Sané und Serge Gnabry gedacht haben, die zusammen mit Sadio Mané in dessem ersten Startelfeinsatz seit seiner Wadenbein-Verletzung die Angriffsreihe bildeten. Nach einer kurzen Akklimatisierungsphase kam die Bayern-Offensive mächtig ins Rollen - und der Augsburger Defensivverbund heftig ins Schwimmen. Der beim Tor düpierte Cancelo tanzte zuerst Mads Pedersen aus und besorgte den Ausgleich (15.), bevor Benjamin Parvard eine artistische Hereingabe von Mané vollendete (19.).
Innerhalb von drei Minuten hatten die Bayern das Spiel gedreht und wollten noch mehr. Entlastung gab es nur noch selten, der Rekordmeister dominierte das Spielgeschehen in dieser Phase völlig. Pavard traf, völlig freistehend im FCA-Strafraum per Scherenschlag auch zum 3:1 (35.), bevor Leroy Sané per Kopfball kurz vor der Halbzeit das 4:1 besorgte (45.). Das Spiel war entschieden, die Südkurve der Bayern skandierte "nur noch sechs".
FCA-Trainer Enrico Maaßen tauschte zur Pause vier Spieler aus
FCA-Trainer Enrico Maaßen reagierte in der Halbzeit mit einem historischen Wechsel und tauschte gleich vier Spieler aus: Engels, Demirovic, Beljo und Gumny gingen runter. Für sie kamen Rexhbecaj, Vargas, Iago und Cardona. "Wir wollten einen deutlichen Impuls setzen", erklärte Maaßen diesen Schritt. Noch nie in der Geschichte der Bundesliga hat ein Trainer beim Seitenwechsel seine Mannschaft derart stark verändert - zudem sind fünf Wechsel auch erst seit 2020 erlaubt, zuvor waren drei Auswechslungen das Maximum.
Tatsächlich brachten die Wechsel frischen Wind ins Spiel - auch wenn es zur Wahrheit gehört, dass die Bayern nach dem Seitenwechsel "reduziert spielten", wie Nagelsmann sagte. Vor allem der zuletzt lange verletzte Irvin Cardona zeigte, dass er eine Bereicherung sein kann. Der 25-jährige Franzose holte zuerst gegen de Ligt einen Elfmeter heraus, der fachmännisch vom Bayern-Experten Berisha versenkt wurde (60.) und traf in der Schlussminute nochmals (90.+3). Weil Alphonso Davies nach Flanke von Cancelo zwischenzeitlich das fünfte Bayern-Tor erzielt hatte (74.), hieß es am Ende 5:3. Was hängen bleibt? Dass der FC Bayern äußerst selten zweimal in einer Saison gegen einen Gegner verliert - und dass der FC Augsburg zwar an die Grenzen kam, aber nicht aufhörte, seine Chance zu suchen. Drei Tore in einem Spiel gegen die Münchner erzielt zu haben, würden so mancher Topverein in Europa gerne von sich behaupten können.
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Noch einen Brandbrief in die Fröttmaninger Heide:
Warum habt ihr nur einen! Verkaufsstand für 3 Auswärtsblöcke?
Was man dann nach 20 Min anstehen endlich in der Hand hält, darf man nicht mal in den Block nehmen - ausgeschämt!
Klasse moralische und sportliche Leistung von Augsburg, trotz des Klassenunterschiedes.
Die Flügel ließ man nur arg nach dem 2:1 der Münchner hängen, das glich wohl einem Nackenschlag. In der Folge schnürten die Bayern den FCA regelrecht ein, die Quittung war ein 4:1 zur Pause.
Auffällig sind auch die turbo-artigen Starts der Augsburger zu Beginn der Halbzeiten, das macht Spaß!
Dieses Mal wurde auch die Konzentration bis zuletzt hochgehalten. Vielleicht ist diese Schwäche des FCA, die schon so viele Punkte gekostet hat, nun endlich im Griff.