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FCA-Geschäftsführer Michael Ströll: Vom Praktikanten an die Spitze

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Vom Praktikant zum Geschäftsführer: So wurde Michael Ströll zum starken Mann beim FCA

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    Michael Ströll ist gesamtverantwortlicher Geschäftsführer beim FC Augsburg. Eine Rolle mit viel Verantwortung – er genießt das.
    Michael Ströll ist gesamtverantwortlicher Geschäftsführer beim FC Augsburg. Eine Rolle mit viel Verantwortung – er genießt das. Foto: Ulrich Wagner

    Michael Ströll greift zur Wasserflasche. Es ist heiß an diesem Vormittag, Ströll arbeitet schon seit einigen Stunden. Im Besprechungsraum der Geschäftsstelle des FC Augsburg steht ein großer Tisch, drumherum sind viele rote Stühle verteilt. An der Wand hängt ein Bild des Rosenaustadions. Jene Sportstätte, in der für Ströll alles begann. Blickt er nach draußen, schaut er direkt auf die moderne WWK-Arena, die mehr als jedes andere Gebäude den Aufstieg des Vereins symbolisiert. Und damit auch den des jetzt Gesamtverantwortlichen.

    Michael Ströll, helle Hose, blaues Hemd, hat sich gesetzt. Der 41-Jährige nimmt einen großen Schluck, ehe er loslegt. Ströll gestikuliert viel, als er davon erzählt, wie er es nach oben geschafft hat. Vom Praktikanten zum Geschäftsführer bei einem Fußball-Bundesligisten. Es klingt ein wenig wie die Geschichte vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird.

    Ströll ist der starke Mann der Profiabteilung. Es gibt keine Entscheidung beim FCA, die nicht über seinen Tisch geht.

    Beim FCA II hat Michael Ströll unter Thomas Tuchel gespielt

    Das ist viel Verantwortung. Das weiß Ströll. Aber er genießt diese Position in Reihe eins. Seit gut 18 Jahren ist er beim FC Augsburg angestellt. Los ging es im November 2006. Er hielt sich bereits seit fünf Monaten für ein Auslandspraktikum während seines Studiums der Sportökonomie in Brasilien auf. Plötzlich kam der Anruf aus Deutschland. Der FCA suche einen Praktikanten. Ströll überlegte nicht lange. Der Fußball war schon immer eine Herzensangelegenheit für ihn. Selbst hat er es nicht zum Profikicker geschafft, für Jahn Regensburg spielte er in der Junioren-Bundesliga, später für Weiden in der Bayernliga und für die zweite Mannschaft des FCA – unter Trainer Thomas Tuchel, Englands heutigem Nationaltrainer, und zusammen mit dessen deutschem Pendant Julian Nagelsmann.

    Jetzt also die große Chance, die Tür zum Profifußball stand offen, wenn auch über die Funktionärsschiene. Der FCA war damals in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Ströll nahm den Praktikumsplatz an und reiste früher als geplant aus Porto Alegre nach Hause. Sein damaliger Chef: Andreas Rettig, der heutige Geschäftsführer Sport beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). „Michael Ströll weiß, woher der FCA kommt. Er hat die Bedingungen von damals nicht vergessen“, sagt Rettig im Gespräch mit unserer Redaktion.

    Auch im Jahr 2007 war die Mitarbeiterzahl beim FC Augsburg noch überschaubar (ganz links Andreas Rettig und Dritter von rechts Michael Ströll).
    Auch im Jahr 2007 war die Mitarbeiterzahl beim FC Augsburg noch überschaubar (ganz links Andreas Rettig und Dritter von rechts Michael Ströll). Foto: Ulrich Wagner

    Die Geschäftsstelle stand damals noch an der Donauwörther Straße in Oberhausen, nicht die beste Wohngegend in Augsburg. Gespielt wurde in der Rosenau. Vier festangestellte Mitarbeiter gab es. Im Büro war eine Fensterscheibe gesprungen, im Winter saß man mit Jacke und Mütze da. Für eine Reparatur war kein Geld vorhanden. Bedingungen, die nicht zwangsläufig für einen geebneten Weg in Richtung Erfolg sprachen.

    Der Umsatz lag damals bei zehn Millionen Euro, der Verein war hochverschuldet. Heute hat der FCA 150 festangestellte Mitarbeiter, der Umsatz liegt bei gut 100 Millionen Euro, zudem verfügt der Klub über ein Eigenkapital von 40 Millionen Euro und Immobilienwerte von 120 Millionen Euro. „Es ist unglaublich, dass eine solche Entwicklung möglich war. Dazu gehört natürlich auch immer ein Quäntchen Glück, damit sich das so entwickelt“, sagt Ströll. Aber auch ein strukturierter Plan.

    Ströll will aus der grauen Maus FC Augsburg ein Bundesliga-Team mit mehr Strahlkraft formen. Auch deswegen hat er Sandro Wagner als Trainer verpflichtet. Hauptsächlich soll der bisherige Assistent von Bundestrainer Julian Nagelsmann den FC Augsburg sportlich weiterentwickeln. Doch er bringt eben auch die Scheinwerfer der Öffentlichkeit nach Schwaben.

    Die sportliche Führung des FCA ist nun breiter aufgestellt

    Der gebürtige Oberpfälzer überlegt lange. „Zuletzt haben wir zweimal nicht das herausgeholt, was möglich gewesen wäre. Wir sind nicht so vermessen, zu glauben, dass wir dauerhaft unter die ersten Acht kommen werden. Aber wir wollen es immer mal wieder schaffen, unter die ersten Zehn zu kommen“, sagt er. Er glaubt daran, dass der FC Augsburg zu mehr in der Lage ist, als nur den Klassenerhalt zu sichern. Zur Wahrheit gehört aber auch: Selbst der Kampf um den Klassenerhalt wurde in den vergangenen Jahren bisweilen zum Krampf.

    Ströll ist ambitioniert. Er redet offen darüber, wenngleich in der Öffentlichkeit darüber auch mal geschmunzelt wird. Er weiß, dass ihm in der ersten Reihe der Wind direkt ins Gesicht bläst. Umwerfen lässt er sich davon nicht. „Unsere Geschichte ist noch nicht auserzählt, die Entwicklung noch nicht zu Ende. Ich bin überzeugt, dass wir in der neuen personellen Konstellation die Möglichkeit haben, einen Schritt nach vorne zu machen. Hierbei geht es nicht um eine rein tabellarische Betrachtung, sondern die Gesamtentwicklung in sämtlichen Bereichen“, sagt Ströll.

    Dafür hat er in den vergangenen Tagen die nächsten Entscheidungen getroffen, er krempelt viel im Klub um. Die sportliche Führung ist nun breiter aufgestellt mit Benjamin Weber als neuem Sportdirektor. Ströll kann dadurch wieder Verantwortung abgeben. Mit der Neugestaltung der sportlichen Führung geht er ein Risiko ein. Sollte es nicht funktionieren, wird es auch auf ihn zurückfallen.

    Begonnen hatte er also als Praktikant, schon ein halbes Jahr später stellte ihn der Verein fest an. Er kontrollierte fortan die Finanzen. 2013 rückte er in die Geschäftsleitung auf. Seit 2016 war er kaufmännischer Geschäftsführer neben Stefan Reuter, der den sportlichen Bereich verantwortete. Seit September 2023, als Reuter in die Rolle des Beraters wechselte, ist er gesamtverantwortlicher Geschäftsführer. Eine Rolle, die ihm gefällt.

    Kurzzeitig managt Ströll auch den sportlichen Alltag

    Nach der von ihm forcierten Trennung von Sportdirektor Marinko Jurendic kümmerte sich Ströll kurzzeitig auch um das sportliche Alltagsgeschäft. „Michael Ströll kennt alle Rollen und unterschiedlichen Facetten in einem Profiverein. Er hat in alle Bereiche reingeschaut, er hat die Ochsentour selbst erlebt“, sagt Rettig, der Ströll 2006 mit auf den Weg gegeben hatte: „Wenn es dem FCA am Ende einen Punkt mehr bringt, wenn der Geschäftsführer Blumen gießt, dann gießt der Geschäftsführer eben auch Blumen. Michael ist sich für keine Aufgabe zu schade.“

    Rettig war ein wichtiger Begleiter auf seinem Weg. Dazu zählen auch Walther Seinsch, Peter Birks, Stefan Reuter, Klaus Hofmann und Markus Krapf. „Walther Seinsch hat mich dahingehend geprägt, dass der Klub nie mehr in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten darf“, sagt Ströll. Seinsch war als langjähriger Vorstandsvorsitzender Retter und Gestalter des FC Augsburg. Unter ihm gelang der Aufstieg in die Bundesliga, zudem wurde der Stadionneubau ermöglicht. „Ich habe mir von vielen Menschen etwas abschauen können, schaue auch weiterhin nach links und rechts. Neid kenne ich nicht. Ich versuche, von anderen zu lernen. Fakt ist aber, dass ich meinen eigenen Weg gefunden habe“, sagt Ströll.

    Ein wichtiger Punkt der Entwicklung sei vor zweieinhalb Jahren gewesen, als sich der FCA eine klare Ausrichtung verpasst hatte. Mehr auf Eigengewächse setzen, eine Identität bilden, eigene Werte leben. Ganz im Sinne von Ströll, der versucht, keine Selbstzufriedenheit aufkommen zu lassen. Die bremse die Entwicklung.

    Strölls Hund hat einen eigenen Instagram-Account

    Geschäftsführer eines Fußball-Bundesligisten zu sein, ist ein Vollzeitjob weit über acht Stunden hinaus. „Der Fußball hat eine hohe Priorität“, sagt Ströll. Aber natürlich versuche er, sich Zeit für seine Familie freizuschaufeln. Ströll ist verheiratet, seine Ehefrau Lena hat er beim FCA kennengelernt. Seit 2024 haben sie einen Sohn. Golden Retriever Franz Josef komplettiert die Familie, die am Ammersee lebt. Der Hund hat einen eigenen Instagram-Account.

    Der Fußball überstrahlt alles. „Wir haben bei uns im Klub kurze Entscheidungswege, was von großem Vorteil gegenüber manch anderen Klubs ist. Dafür muss man verfügbar sein“, sagt Ströll. Das Handy mal einen ganzen Tag weglegen – schier unmöglich. Selbst im Urlaub nicht.

    In Strölls Amtszeit fallen auch einige Trainerentlassungen

    Zu lange will und kann sich Ströll ohnehin nicht raushalten. „Der Job macht mir einen großen Spaß, er ist keine Belastung für mich“, sagt der 41-Jährige. Soziale Kompetenz brauche es, Empathie und ein gutes Gespür für Menschen. Zudem eine strukturierte Arbeitsweise und ein großes Netzwerk, das sich Ströll in nun fast 19 Jahren aufgebaut hat.

    Aber auch knallhartes Verhandeln und Kompromisslosigkeit. Ströll ist es gewohnt, sich durchzusetzen und unliebsame Entscheidungen zu treffen – ohne mit der Wimper zu zucken. Wie vor wenigen Wochen, als er die Trennung von Trainer Jess Thorup und Sportdirektor Jurendic durchsetzte. Trotz einer punktemäßig ordentlichen Saison, weshalb nicht jeder diese Entscheidung verstanden hat. Kritiker werfen ihm vor, dass in seine Amtszeit zu viele Trainerentlassungen fallen. Ebenso ein Machtkampf im Frühjahr 2022 mit dem damaligen Präsidenten Klaus Hofmann, aus dem Ströll gemeinsam mit Reuter gestärkt hervorging.

    Ströll ist fordernd, auch den eigenen Mitarbeitern gegenüber. Die aber wissen, dass sie sich auf ihren Chef verlassen können. „Er hat ein Höchstmaß an Sozialkompetenz“, nennt es Andreas Rettig. „Es wird immer wichtiger, dass man in der Führung nicht nur die richtigen Entscheidungen trifft, sondern auch die Mitarbeiterführung in den Vordergrund stellt.“ Ströll selbst formuliert es so: „Wir alle in diesem Geschäft sind sehr privilegiert. Daher müssen wir schauen, dass wir Menschen helfen, die solch eine Basis nicht haben.“

    Das Ausland könnte Michael Ströll mal reizen

    Hat ein Mitarbeiter ein Problem, könne er gerne zu ihm kommen. Manchmal muss er auch als Stimmungsaufheller wirken. Als in der Zeit von Trainer Enrico Maaßen die sportliche Not groß schien und die Laune der Belegschaft entsprechend im Keller war, marschierte Ströll mit einem Wagen voller Kuchen von Büro zu Büro. Die Botschaft: Noch sei nichts passiert, keiner solle sich zu große Sorgen machen. Letztlich wurde tatsächlich alles gut. Seit 15 Jahren spielt der FCA mittlerweile in der Bundesliga.

    Auch ein möglicher Abstieg solle sich zunächst nicht auf die Mitarbeiterzahl auswirken. „Sollte es uns mal erwischen, wird deswegen unmittelbar kein Arbeitsplatz infrage gestellt“, sagt Ströll. Und wird es mal wieder einen zweiten Geschäftsführer neben ihm geben? „So etwas kann sich sicherlich auch wieder entwickeln“, sagt Ströll, betont aber: „Das ist auch so keine One-Man-Show.“ Er erwähnt stellvertretend seine Geschäftsleitungskollegen Claudio Dopatka und Pierre Lemmermeyer sowie das Präsidium um Markus Krapf.

    Und wie lange möchte er den Job machen? Sicherlich keine 35 Jahre mehr, sagt er und lacht. Womöglich könnte es ihn auch mal an einen anderen Standort ziehen. „Ich kann es nicht gänzlich ausschließen, halte es aber in Deutschland für unwahrscheinlich“, sagt er. Das Ausland könnte reizen. Zuerst aber möchte er weiter an der Geschichte des FCA arbeiten. Und an seiner eigenen.

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    2 Kommentare
    Norbert Huebner

    Michael Ströll ist ganz sicher einer der Garanten des stetigen Aufstiegs unseres FCA. Er hat dabei die ganze Bandbreite des FCA durchlebt, also die wirklich harten Zeiten, die ich auch mitgegangen bin seinerzeit, wo nicht einmal mehr das Geld für eine größere Charge Kopierpapier vorhanden war. Dies und auch Herr Seinsch sowie Herr Rettig haben ihn geprägt und er dabei sämtlichen Input aufgesogen und positiv für den Verein kanalisiert. Im Bereich Finance gibt es wohl wenige Verantwortliche im deutschen Profifußball, die ihm das Wasser reichen können, dazu besitzt er ein überragendes Verhandlungsgeschick, mit dem er dem Verein, der ja letztendlich über Allem steht, die eine oder andere Transfer-Million on Top generierte. Wichtig bleibt jedoch auch, das der sportliche Bereich von einer etwas vielfältigeren Verantwortlichkeit geprägt wird, um diesbezüglich nicht mal in eine Sackgasse zu geraten. Entscheidend bleibt der Verein, wo jeder positiv beeinflussen kann. Nobby Stimme der Rosenau

    Rainer Kraus

    Da kann man nur hoffen, dass es nach diesen Entscheidungen und nach erfolgreichen 15 Jahren weiterhin für den FCA gutgeht und er erstklassig spielt? Toi, toi, toi und ZickeZackeHoiHoiHoi

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