Mit Freizeitparks kennt sich Thomas Müller aus, schließlich arbeitet er seit über einem Jahrzehnt für den größten in ganz Deutschland. Der FC Bayern überrascht seine Besucherinnern und Besucher zu jeder Spielzeit mit allerhand neuen Attraktionen. In den vergangenen Jahren stießen beispielsweise die Artisten Philippe Coutinho, James Rodriguez oder zuletzt Joao Canelo zu den fest angestellten Kickern hinzu. Besonders spektakulär aber war in der laufenden Spielzeit die Installation einer Achterbahn. Rasante Schieflagen und schnelle Abfahrten, die das Gefühl vermitteln, der Wagen entgleise gleich, prägten die vergangenen Wochen. Für Müller alles nichts Neues und doch sah er sich gezwungen, nun auf einen anderen – noch fantastischeren – Freizeitpark zu verweisen.
"Da muss ich vieles ins Phantasialand schieben", sagte er, nachdem die Münchner ihrem Spielpartner aus Schalke im Gravitationsentzugsrotor den Boden unter den Füßen weggezogen hatten. Ins Phantasialand nach Brühl gehörten gemäß Müller die Gerüchte, er trage sich mit Gedanken herum, den Verein verlassen zu wollen. Der Boulevard hatte das vermeldet und weil der Offensivspieler zuletzt vornehmlich auf der Bank hatte Platz nehmen müssen, schienen derartige Überlegungen nicht gänzlich abwegig zu sein. Genauso wenig wie die Vorstellung, die Bayern könnten sich erstmals seit dem Geisterbahn-Saisonende 2012 ohne einen Titel aus der Saison verabschieden.
Thomas Müller eröffnet beim FC Bayern den Torreigen gegen Schalke
Möglich ist das freilich immer noch, doch der 6:0-Erfolg gegen Schalke dürfte den Dortmunder Hoffnungen einen Dämpfer verpasst haben (den sie sich bei ihrem 5:2-Sieg nicht anmerken ließen). Erstmals nämlich unter der Regie von Thomas Tuchel dominierten die Münchner eine Partie von Anfang bis Ende. Müller – im Sportjargon: ausgerechnet Müller – eröffnete den Torreigen mit einem platzierten Linksschuss nach einer feinen Kombination (21.). Es folgten weitere Tore durch Joshua Kimmich, den doppelt treffenden Serge Gnabry, Mathys Tel und Noussair Mazraoui.
Sie alle ermöglichten Tuchel, jenen Satz zu sagen, den vor ihm schon so viele Bayerntrainer gesagt hatten, für den er aber bislang noch keine Verwendung gefunden hatte: "Das ist kein Grund, in Euphorie zu verfallen." Der Trainer verwies beispielweise pflichtschuldigst auf die Spielphase zehn Minuten vor der Halbzeitpause, in der es seiner Mannschaft an Intensität in vielen Bereichen gefehlt hätte. Doch auch Tuchel kam nicht umhin, zu konstatieren, dass es sich bei dem Spiel um den "nächsten Schritt in die richtige Richtung" gehandelt habe.
Zwei solcher Schritte müssen die Münchner noch gehen. Am kommenden Samstag zu Hause gegen Leipzig und eine Woche später in Köln. Das Stadion der Kölner liegt übrigens lediglich 20 Autominuten vom Phantasialand entfernt.