Bayern-Fans kritisieren Hoeneß: "Der Verein ist nicht Ihr Eigentum"
Zum Ende hin wurde die Stimmung auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern regelrecht explosiv. Einige Bayern-Fans buhen Präsident Hoeneß sogar aus.
Um kurz vor 23 Uhr wurde es richtig unangenehm für Uli Hoeneß. Bei den Redebeiträgen der Mitglieder, bei denen meist eher kuriose als gehaltvolle Inhalte transportiert werden, spielten sich diesmal fast schon tumultartige Szenen ab: Mehrere Bayern-Fans buhten den Präsidenten, von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge kurz zuvor als "Mr. FC Bayern" betitelt, aus. Einige vereinzelte forderten gar "Hoeneß raus". Ausgelöst hatte dies eine Wortmeldung eines Bayern-Mitglieds.
Dieser hatte sich in seinem zehnminütigen Beitrag mit stetig steigenden Applaus an Hoeneß abgearbeitet. Los ging es mit der Verbannung von Paul Breitner: Dabei habe Hoeneß Vorstandsmitglied Jan-Christian Dreesen "zum Telefonlakaien degradiert, weil Sie, Herr Hoeneß, es nicht im Kreuz hatten, ihren alten Weggefährten selbst anzurufen". Dreesen hatte telefonisch den Ehrenspielführer Paul Breitner mitgeteilt, dass Hoeneß der Meinung sei dieser sollte sich wegen seiner Kritik am Verein vorerst nicht auf der Ehrenlounge blicken lassen.
"Paul Breitner hat ausgesprochen was sich viele dachten"
Diese Verbannung sei ohnehin ein Unding, befand der 33 Jahre alte Bayern-Fan. An Hoeneß adressiert, sagte er: "Ein Ehrenspielführer ist nicht zu verbannen. Das ist nicht Ihr Stadion, der Verein ist nicht Ihr Eigentum. Paul Breitner hat ausgesprochen was sich viele dachten. Und das muss man dann auch mal aushalten." Breitner hatte Hoeneß wegen der Pressekonferenz kritisiert, in der dieser die Medien wegen ihrer Berichterstattung abgekanzelt hatte - und hatte sich zugleich bei dieser Gelegenheit selbst einige verbale Tiefschläge geleistet.
Die Mitarbeiter des FC Bayern blickten ungläubig in die Zuschauerränge
Auch die einjährige Suche nach einem Sportdirektor, die am Ende in der Verpflichtung von Salihamidzic mündete, die in Katar bezogenen Trainingslager und die Äußerungen von Hoeneß über Spieler und Ex-Trainer kamen zur Sprache. Weil Hoeneß darauf nicht eingehen wollte ("Ich lehne eine Diskussion auf diesem Niveau ab"), wurde die Stimmung explosiv. Die Medienmitarbeiter des FC Bayern schienen nicht glauben zu können, wie heftig die Kritik an Hoeneß ausfiel und blickten immer wieder ungläubig auf die Zuschauerränge.
Ein anderes Mitglied stellte danach die Frage: "Ist es wirklich notwendig, dass die Vereinsführung sich nach der WM über Nationalspieler äußern muss, auch wenn diese nicht dem FC Bayern angehören?" Auch das war eine klare Spitze gegen Hoeneß, der sich dahingehend geäußert hatte, dass Ex-Nationalspieler Mesut Özil über Jahre "Scheißdreck" gespielt hatte. Klare Worte würde er sich hingegen wünschen, wenn es um die Bewertung der Machenschaften von Fifa-Präsident Infantino geht: "Der FC Bayern hat auch so genügend Gewicht."
In der Halle hing eine Nordkorea-Fahne mit der Aufschrift "Not my president"
Schon zuvor hatten die Bayern-Mitglieder nicht mit Kritik gespart, unter anderem war eine Nordkorea-Fahne mit der Aufschrift "Not my president" in der Sporthalle des Audi Dome zu sehen gewesen. In der Summe war es ein Gegenwind, wie ihn Hoeneß selten oder vielleicht noch nie gespürt haben dürfte. Vor allem die Verbannung von Paul Breitner scheinen ihm die Fans nicht zu verzeihen.
Hoeneß gab kurz vor dem Ende der Jahreshauptversammlung zu, von der Kulisse überrascht worden zu sein: "Heute Abend gab es Ansätze, wie ich mir den FC Bayer nicht wünsche." Zur Kritik an ihm sagte er: "Das trifft mich sehr."
Hoeneß hat im Rahmen der Mitgliederversammlung Besserung in der Außenwirkung gelobt. Das scheint angesichts der heftigen Reaktion der Mitglieder auch dringend notwendig zu sein.
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Die Stimmung auf der Jahreshauptversammlung zeigt auch, wie wichtig heute professionelles Kommunikationsmanagement geworden ist.
Unmut hat es immer gegeben. Aber der wurde früher oft nicht laut geäußert. Das hat sich grundlegend geändert. Heute bricht sich Unmut häufig Bahn. Und diese Entwicklung dürfte ihr Ende noch längst nicht erreicht haben. Umso mehr sollten Führungskräfte über die Fähigkeit verfügen, "explosive Stimmungen" zu deeskalieren.