"Hat nicht mehr funktioniert": Niko Kovac schafft die Rotation ab
Vor dem Derby gegen Nürnberg legt sich der FC-Bayern-Trainer auf eine erste Elf fest. Er zieht Lehren aus seinen ersten Monaten beim Rekordmeister.
Während die Personalie Hoeneß nach wie vor für Aufsehen sorgt, hat sich beim FC Bayern zumindest die sportliche Lage nach den jüngsten Siegen in Bundesliga (2:1 in Bremen) und Champions League (5:1 gegen Benfica Lissabon) wieder entspannt. Entsprechend gelöst trat Cheftrainer Niko Kovac im Vorfeld des Heim-Derbys am Samstag gegen den 1. FC Nürnberg (15.30 Uhr) vor die Presse. Er sprach dabei über…
...die neue Doppelsechs Kimmich/Goretzka: Wir hatten damit schon gegen den BVB begonnen, wo es ja in der ersten Halbzeit auch sehr gut lief, wenn auch in der zweiten dann nicht mehr so. Wir mussten einfach etwas ändern, da wir im Umschaltspiel nach hinten immer wieder Konter gefangen haben. Um das zu unterbinden, muss man den kürzesten Weg zum Tor schließen, das ist die Mitte. Mit Josh und Leon klappt das gut, auch wenn es wegen der Verletzung von Thiago ursprünglich aus der Not geboren wurde.
…Konsequenzen für die Außenverteidiger: Sie profitieren von der Umstellung, da sie aktiver nach vorne gehen können, wenn sie wissen, dass eine Doppelsechs absichert. Wir sind außen oft gut zugestellt worden, da mussten wir uns etwas überlegen und das haben wir. Rafa (Rafinha, d. Red.) hat es zuletzt fantastisch gemacht. Die Konstellation mit der Doppelsechs werden wir deshalb erst einmal beibehalten, die Mannschaft fühlt sich damit wohl.
…den Derbycharakter gegen Nürnberg: Die Welt hat sich verändert, nicht mehr viele Spieler sind und bleiben bei ihrem Jugendklub aktiv – das ist aber nicht nur in Bayern so. Die, die schon Derbys gespielt haben, kennen aber die Brisanz, die in jedem davon steckt. Egal, ob die Spieler von hier sind oder nicht. Wir sind die Bayern, da kommen die Franken – da will jeder gewinnen.
...Änderungen in den letzten Wochen: Ein Trainer muss immer analysieren, das haben wir getan und zu Beginn der Saison gesehen, dass wir es in einigen Bereichen gut, manchmal sogar sehr gut gemacht haben. Dann kam es zum Bruch. Wir haben uns einige Gedanken gemacht, im ganzen Klub. In der Ansprache zur Mannschaft bin ich klarer und deutlicher geworden in einigen Punkten. Das Resultat davon war, dass wir jetzt wieder ordentlich gespielt haben – offensiv, aber vor allem defensiv. Wir agieren im Kollektiv besser. Das ist wichtig, denn nach vorne haben wir ohnehin die Qualität. Wenn wir hinten nur ein Tor zulassen, müsste es bei uns immer reichen.
...das Comeback von Kingsley Coman: Es ist schön, dass er wieder da ist. Wenn man solch eine schwere Verletzung hat, spielt auch der Kopf eine große Rolle, da hat man Respekt vor der Situation im Spiel. Für Bremen war er eigentlich nicht so lange vorgesehen, wir wollten ihn eigentlich langsam heranführen. Aber es kam so, wie es kam. Wenn man nach drei Monaten wieder Fußball spielen kann, bekommt man einen Adrenalinschub, das geht in der Situation schon. Dafür hing er die nächsten zwei Tage in den Seilen, deswegen hat er diese Woche auch pausiert. Kingsley hat uns gefehlt und gibt uns eine ganz andere Dimension im Spiel nach vorne.
…die Rotation: Anfang der Saison haben wir das erfolgreich praktiziert, jeder hat seine Minuten bekommen und damit auch die Wertschätzung. Jeder hat wegen seiner Qualitäten auch das Recht, hier zu spielen. Aber es gibt Situationen, in denen ein Trainer umdenkt. Ich habe der Mannschaft mitgeteilt, dass wir das (die Rotation, d. Red.) nicht mehr machen, da es nicht mehr funktioniert hat. Für die, die hinten dran sind, ist das nicht angenehm, aber das ist das Geschäft. Damit muss man klarkommen. Die Spieler müssen sich die Gelegenheiten erarbeiten und dann nutzen – egal, wer es ist.
…die angeschlagenen Spieler: Bei Arjen müssen wir noch schauen, sonst stehen mir alle Spieler zur Verfügung. Mats war zuletzt ja krank – die Mannschaft hat es aber gegen Bremen und Benfica gut gemacht, da werde ich nichts ändern.
…den Gegner Nürnberg: Wie schon in der 2. Liga wollen sie Fußball spielen und nicht ein, zwei Busse vor dem Tor parken. Das ehrt sie, aber die Qualität in der 1. Liga ist größer. Ich weiß nicht, was ich morgen erwarten kann – ich gehe von beidem aus, dass sie mitspielen und sich verbarrikadieren. Wir müssen Lücken finden, genügend Chancen erarbeiten und Tore machen – dann öffnet sich das Spiel. Ob sie dabei mit Vierer- oder Fünferketter antreten, ist egal.
…die Kommunikation mit Hoeneß und Rummenigge: Wenn man drin in der Kabine ist, habt man oft einen Blick, der begrenzt ist. Ich bin froh, dass ich Leute mit sehr viel Fachkompetenz um mich habe, die mir auch sagen können: ‚Denk mal da drüber nach‘. Da macht man sich Gedanken, allerdings wird nie irgendwas suggestiv gefordert. Wir sind da aber auch sehr proaktiv und wollen zusehen, dass wir selbst eine Lösung finden und den Klub nach vorne bringen.
…mögliche Transfers: Dazu ist alles gesagt. Der FC Bayern beobachtet wie alle anderen auch den Markt. Man muss wissen, was auf dem Markt ist und im Sommer aktuell werden kann. Wenn man jemanden haben möchte, dann wird derjenige Verein beim Preis gepfeffert draufhauen. Das geht ins Astronomische. Wir werden deshalb nichts machen – Stand jetzt.
…Lehren aus den ersten Monaten als Bayern-Trainer: Ich versuche jeden Tag zu lernen. Die ersten Monate bei Bayern sind sehr lehrreich gewesen – ich habe vieles mitbekommen, gesehen, beobachtet, Schlüsse gezogen. Diese fünf Monate werden in meinem Trainerleben einen bleibenden Eindruck hinterlassen, den ich für meine Zukunft nutzen werde. Ich wäre dumm, wenn nicht. Einerseits ist das nicht schön, aber in jedem Schlechten steckt nicht immer nur Schlechtes.
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