Verstoß gegen Sitte und Moral?
Fußball Vor 30 Jahren warb der FC Homburg für Kondome. Für den DFB ein Skandal. Der Verein erinnert sich mit gemischten Gefühlen
Homburg Die Hände vor dem Unterleib sollen die Spieler vor Bällen schützen – um anderes zu verhüten bedarf es Gummischutz. Dafür warb der FC Homburg 1988. Der Schriftzug der London Rubber Company prangte auf den Brustkörben der Fußballer.
Als sie mit Werbung für den Kondomhersteller aufliefen, reagierte der Deutsche Fußball-Bund empört: Verstoß gegen Sitte und Moral! Er verurteilte die Homburger zu einer Geldstrafe von 100000 Mark. Außerdem drohte der DFB mit Punkteabzug: Die Spieler mussten schwarze Balken über das Logo des Sponsors kleben.
Der FC Homburg ließ sich das nicht gefallen: Er zog vor Gericht. Die Richter am Landgericht Frankfurt waren weniger empfindlich als der DFB und entschieden: kein Verstoß. Die Spieler liefen wieder unzensiert auf. Im selben Jahr, 1989, erschien der bekannte Supermarkt-Sketch, in dem eine jüngere, blond gelockte Hella von Sinnen durch den Laden brüllt: „Tina, wat kosten die Kondome?“ Der Satz stand für einen neuen Umgang mit dem Thema Safer Sex.
Heute, auf den Tag dreißig Jahre nach dem Urteil, kann der Geschäftsführer des FC Homburg mit gemischten Gefühlen auf den Skandal zurückblicken: „Es gehört zu unserer Geschichte dazu“, sagte Rafael Kowollik. „Man schmunzelt darüber.“ Die Trikots wurden irgendwann „eingemottet“, doch die Erinnerung blieb: „Man wird schon sehr darauf beschränkt.“ Beim Gedanken an den FC Homburg fallen vielen Fußballfans laut Kowollik sofort die Kondom-Trikots ein.
Anfang der 2000er, eine andere Welt: Der FCH war nur noch Oberligist, Hella von Sinnen trug mittlerweile platinblondes, zurückgegeltes Haar und die skandalösen Präservativ-Trikots tauchten wieder auf: „Teilweise faulig und verschimmelt – es gibt kaum noch gut erhaltene Exemplare“, sagte Kowollik.
2019: Sex ist kein Tabu mehr, offen über diese Themen zu sprechen, ist mittlerweile in Ordnung – eine Neuauflage der Trikots wäre also denkbar und kein Verstoß gegen Sitte und Moral mehr.
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