Wie reagieren die Bayern auf den Abschied Thiagos?
Der FC Bayern konnten sich lange auf den Abschied Thiagos vorbereiten. Nun, da der Wechsel nach Liverpool perfekt ist, geraten sie aber allmählich in Zeitnot.
Niemals zu viel in das modische Auftreten interpretieren. Aber es passte einfach zu gut, dass sich Hansi Flick am Donnerstag einen schwarzen Pulli ausgesucht hatte, um vor die Medien zu treten. Rein virtuell natürlich nur, Corona verbietet immer noch einen allzu engen Austausch zwischen Sportler und Journalist. Flick also trug Trauer. Das deutete nicht nur sein Oberteil ein, er ließ auch verbal keine Zweifel an seiner Stimmung aufkommen.
Der Trainer der Bayern gratulierte dem Trainer des FC Liverpool, obwohl der gar nicht gespielt hatte. Mit Thiago aber bekomme der englische Meister einen „einen Topspieler und einen sensationellen Menschen“, so Flick. Konkurrenz auf europäischer Ebene einen Spitzenspieler zu gönnen, fällt schwer genug. Verlässt aber der Spitzenspieler den eigenen Verein, um sich einem anderen anzuschließen, kommt das einem Liebesentzug gleich.
Emotionaler Abschied von Thiago
Davon allerdings könne keine Rede sein, vermittelte Flick. Thiago habe sich nämlich äußerst emotional von Spielern und Angestellten des FC Bayern verabschiedet, berichtete der Trainer. Dem Mittelfeldspieler habe es sowohl im Klub gut gefallen als auch in der Stadt, in der sich die Familie des 29-Jährigen dem Vernehmen nach heimisch gefühlt hatte.
Trotzdem zog es Thiago nach Liverpool. In eine Stadt, die gewiss weniger Cafés als München zu bieten hat, den Fußball aber durch jede Pore atmet. Am Donnerstag nun wurde beschlossen, was sich lange angedeutet hatte. Die Münchner bestätigten den Wechsel des Technikers.
Sie hatten sich lange darauf vorbereiten können, denn Thiago ging schon vor Monaten nicht auf das ausgearbeitete Vertragswerk ein, das ihm die Münchner vorgelegt hatten, um den 2021 auslaufenden Kontrakt zu verlängern. Dazu kam er auch noch auf Flick zu und berichtete dem, in seiner Karriere gerne ein letztes großes Abenteuer eingehen zu wollen. Nachdem die Münchner zuvor schon die Abgänge von Alvaro Odriozola, Ivan Perisic und Philippe Coutinho zu verzeichnen hatten, hat der Kader nun endgültig eine Größe erreicht, in der er sich nur äußerst unwahrscheinlich bis zum Saisonende auf gleichermaßen hohen Niveau wird präsentieren können. Zum Saisonstart fällt auch noch Kingsley Coman aus, der Kontakt zu einer Person hatte, die positiv auf Covid-19 getestet wurde. An der Quarantäne ändern auch mehrfache negative Testergebnisse des Franzosen nichts.
Wie reagiert der FC Bayern nun auf dem Transfermarkt
„Es ist eng aktuell“, sagte Flick. Allerdings sei er „guten Mutes“, dass Sportvorstand Hasan Salihamidzic bis zum Ablauf der Transferfrist am 5. Oktober den Kader noch erweitern kann. Einen gleichwertigen Spieler für Thiago, der den Münchnern immerhin rund 30 Millionen Transfererlös einbringt, darf Flick aber wohl eher nicht erwarten. „Wir haben noch einen Qualitätsspieler verloren“, bedauerte der Coach. Akteure ähnlichen Formats gibt es ungefähr so oft wie charmante Straßencafés in Liverpool.
Bevor Thiago jene Hochachtung in München widerfuhr, die ihn nun nach England begleitet, sahen viele Beobachter viele Jahre in ihm einen dezent überschätzten Schönspieler. Als Pep Guardiola 2013 in einer seiner ersten Pressekonferenzen forderte „Thiago oder nix“, war etlichen Fans und Journalisten der Spieler nicht bekannt, den die Münchner wenig später für läppische wirkende 25 Millionen Euro verpflichteten. Guardiola ging, Thiago blieb. Ancelotti, Heynckes und Kovac kamen und gingen – Thiago spielte immer. Unter Flick musste Thiago um seinen Platz kämpfen. In der Endphase der Champions League aber führte er das Team an. Nun geht Thiago. Es bleibt: ein trauriger Hansi Flick.
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