Gerade, als die Automatismen anfingen zu greifen
Nach der deutschen Mannschaft fliegt auch der WM-Reporter aus dem Turnier. Und das, als gerade ein Rädchen ins andere griff.
Großes Verständnis für Hansi Flick. Der Trainer hatte mit zunehmender Turnierdauer wohlwollend zur Kenntnis genommen, wie immer mehr Rädchen ineinandergriffen. Wie sich Automatismen verfestigten. Hat nur nichts gebracht. Weil am Ende jener Automatismus wirkte, der 2018 noch als ein einmaliges Phänomen erschien: Deutschlands frühe Abreise von einem Turnier.
Großes Verständnis jedenfalls, weil auch beim Autor dieser Zeilen die automatischen Abläufe gerade erst eingeübt waren – er nun aber auch abreisen muss. Nun sind für einen Journalisten Passfolgen wie bei Flicks Männern eher unerheblich. Das Schreiben darüber ist nun wirklick automatisiert.
Keine Probleme mit dem Stellungsspiel wie Niklas Süle
Aber der Schalter an der Nachttischlampe: Zack, selbst schlaftrunken sicher zugegriffen, wie die 2014er-Version von Manuel Neuer bei Ecken. Der Wärmeregler an der Dusche wird sofort in die richtige Position gebracht. Keine Probleme mit dem Stellungsspiel wie Niklas Süle.
Mit Shomik aus dem Gemischtwarenladen von nebenan bilde ich ein eingespieltes Duo. Eintritt in den Laden, Shomiks Griff unter die Ladentheke, richtige Zigarettenmarke, abgezähltes Geld wechselt den Besitzer. Rambazamba von Beckenbauer/Netzer demgegenüber: Kleinkunst.
Schwitzen an der Uferpromenade ist auch Arbeit
Nun aber ist Schluss. All die eingeübten Automatismen umsonst. WM-Aus auch für den Reporter. Wie im Urlaub: Gerade als das Besondere anfing, Gewohnheit zu werden, geht es wieder zurück. Das freilich macht den Urlaub auch aus, sonst wäre er ja Alltag. Die Daheimgebliebenen empfinden das Arbeiten bei einer WM sowieso als Urlaub. Machen sich keine Vorstellungen, wie hart es ist, bei 28 Grad an der Uferpromenade entlangzujoggen. Hier wird Schweiß vergossen, während man es sich in Deutschland vor dem Kachelofen gemütlich macht.
Vorbei. Zurück in den Alltag. Wahrscheinlich wird mit dem ersten Griff an den Lichtschalter die Nachttischlampe zerdeppert, wie es bei den deutschen WM-Träumen der Fall war. Die Wärmeregulierung in der Dusche gleicht den zittrigen Verteidigungsversuchen eines Antonio Rüdiger. Bald aber wird wieder ein Rädchen ins andere greifen. Ein großer Vorteil im Gegensatz zu Hansi Flick.
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