So kommen die schlechten Quoten der Fußball-WM zustande
Die Fernsehzuschauer scheinen keine Lust auf die WM zu haben, die Quoten haben sich faktisch halbiert. Aber wie werden diese Zahlen eigentlich erhoben?
Die Fußball-WM in Katar ist bis jetzt alles andere als ein Erfolgsmodell für die öffentlich-rechtlichen Sender: Die herbe Kritik an dem umstrittenen Turnier schlägt sich bislang auch massiv auf die Einschaltquoten nieder. Gerade einmal 9,23 Millionen Menschen sahen sich den ersten Auftritt der DFB-Elf gegen Japan an. Das ist zwar bislang der beste Wert überhaupt bei diesem Turnier, verhältnismäßig aber ebenso eine herbe Enttäuschung wie die 1:2-Pleite gegen die Asiaten. Bei der WM 2018 in Russland hatten sich noch durchschnittlich mehr als 25 Millionen Menschen die Auftritte der Nationalmannschaft angesehen.
Bei Spielen mit nicht-deutscher Beteiligung sieht es noch mauer aus: Nur wenige Partien reißen die Marke von fünf Millionen Zuschauern. Beim ersten Auftritt von Rekord-Weltmeister Brasilien am Donnerstagabend schalteten nur 5,019 Millionen Fußball-Fans zu. Der Quoten-Hit an diesem Tag war auch nicht der 2:0-Sieg der Seleção gegen Serbien, sondern der Flensburg-Krimi in der ARD, den sich 5,903 Millionen Zuschauer ansahen.
In Deutschland beteiligen sich 30.000 Menschen an der Quoten-Erhebung
Aber wie kommen diese Zahlen überhaupt zustande? Die Ermittlung der Quoten liegt in den Händen der AGF Videoforschung, an der ARD, ZDF und acht Privatsender wie etwa RTL, Sat.1 und Sky beteiligt sind. Für die Daten des klassischen linearen Fernsehens betreibt die AGF zusammen mit dem Marktforschungsinstitut GfK ein Analysemodell, an dem bundesweit 5400 Haushalte mit rund 11.000 Menschen beteiligt sind. Diese Personen sind nach Alter, Region, Geschlecht und Bildungsgrad ausgewählt und sollen repräsentativ für die gesamte Republik stehen. Über ein Messgerät, das an die TV-Anlage angeschlossen wird, wird so aufgezeichnet, wann welcher Sender im Haushalt lief.
Geld bekommen die Teilnehmer nur in sehr überschaubarem Rahmen: Wie die AGF mitteilt, werden die Kosten für den Strom des Messgeräts und die Batterien für die Fernbedienung übernommen. Ab und an gibt es kleine Geschenke. Wenn jeden Morgen zwischen 8.30 und 9 Uhr die Daten des Vortages erhoben werden, sollen diese also idealerweise für das TV-Verhalten Deutschlands stehen – wohlgemerkt: für das lineare Sehverhalten.
Die digitalen Streamingdienste werden seit 2010 ebenfalls untersucht – also die Abrufzahlen von Mediatheken und sonstigen Online-Anbietern. An dem Analysemodell, das die Abrufzahlen von Laptops und stationären PCs sowie die von Smartphones oder Tablets unter die Lupe nimmt, sind insgesamt knapp 22.000 Personen beteiligt. In einer Mischung aus Panel- und Zensuserhebung soll so untersucht werden, was online nachgefragt wird. Das hört sich kompliziert an – und ist es auch. Die für Formate, deren Inhalte vornehmlich über Mediatheken abgefragt werden, recht ernüchternde Losung lautet deswegen: Erst nach acht Tagen liegen die Ergebnisse jedes Streaming-Tages vor. Gemessen werden die Quoten all jener Sender, die an der AGF beteiligt sind. Die Telekom, die mit MagentaTV alle Spiele des Turniers zeigt, gehört nicht dazu und veröffentlicht wie alle Streaming-Dienste auch keine Zugriffszahlen.
Eigentlich kommt der Winter den TV-Quoten entgegen
Die öffentlich-rechtlichen Sender verweisen bei der WM auf die gestiegene Nutzung der Streaming-Angebote: Nach ARD-Angaben waren die Streams auf sportschau.de und in der Mediathek etwa 12,5 Millionen Mal abgerufen worden. Dies sei ein deutlicher Anstieg zur WM 2018, genaue Vergleichszahlen lagen aber nicht vor. Dass die WM in den Winter verlegt wurde, sollte die Zugriffszahlen eigentlich verbessern: Wie die AGF bestätigt, ist die TV-Nutzung in den kalten Monaten eigentlich besser als im Sommer. Ob die enttäuschenden Quoten aus Deutschland der Fifa wirklich Probleme bereiten, ist aber fraglich: In seiner gewohnten Manier verwies der Weltverband auf hohe Einschaltquoten aus Ländern wie Brasilien, Frankreich oder Großbritannien. In Ecuador habe die Einschaltquote des Eröffnungsspiels sogar um 109 Prozent über den besten Werten der beiden vergangenen Weltmeisterschaften gelegen. Allerdings war Ecuador auch der Auftaktgegner von Gastgeber Katar – und war vor vier Jahren in Russland nicht qualifiziert.
Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar steht in der Kritik, auch in der Redaktion haben wir ausführlich darüber diskutiert. Eine Einordnung, warum wir das Sportevent dennoch ausführlich journalistisch begleiten, lesen Sie in diesem Text.
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9.2 Mio die sich nicht aufhetzen lassen und dies zu einer Uhrzeit wo der Großteil arbeitet.
Aber sicherlich kommt bald jemand und spricht von einer Minderheit.
Ein Punkt wurde in dem Kommentar nicht erwähnt. Der Zeitpunkt der Spiele. Wie sollen bei Deutschland - Japan am Nachmittag hohe Quoten zustande kommen? Ich glaube das wird sich morgen Abend, 2000Uhr, ändern.
Aber bitte, solche trickreichen Kleinigkeiten gehören halt zur Meinungsmache dazu! Erleben wir doch derzeit auf mehreren Themenfeldern fast täglich!