Fuleco, oder: Die Geschichte mit dem Arsch
Die Brasilianer haben es mit der Wahl ihres WM-Maskottchens ja wirklich gut gemeint. Aber bei der Namensauswahl hätte man auch ein wenig sorgfältiger sein können.
Nun muss man als Deutscher ja vorsichtig sein, was Häme über WM-Symbole und -Maskottchen angeht. Erinnere sich bitte ja keiner mehr an die Ecstasy-Pillen-Gesichter, die 2006 „die Welt zu Gast bei Freunden“ willkommen hießen – hier, im Designer-Drogen-Paradies? Leider aber erinnert sich wohl jeder an den Löwen unten ohne, den hosenlosen Goleo, jene zum Sommermärchen tatsächlich Maskottchen gewordene Einfalt, Scheuß- und Dämlichkeit.
Was waren das für selige Zeiten, als die niedlichen Tip und Tap kameradschaftlich, rotwangig, Arm in Arm, ein Traumpaar als bubenhafte Nachfolger der Homoerotik fürs Kinderzimmer mit Ernie und Bert willkommen winkten, damals ’74. Im 21. Jahrhundert aber wollte Deutschland, kurz „Schlaaand“, offenbar ein Kuschelraubkater sein, ein smarter Mann, der immer kann – und wurde als solcher natürlich nicht Weltmeister. Südafrika vier Jahre später wollte auch nicht viel gewinnen, hat aber deutlich weniger verloren mit dem süßen, gemäß der Landesfarben grün frisierten, aber eben auch auch ordentlich behosten Geparden Zakumi – der wohl jung sein sollte, aber doch oft auch zu wenig Junge und mehr Mädchen war, ein bisschen arg neckisch und zugleich zart in der Hüfte wiegend stand, dem Ball in der Hand so fremd wie ein Mannequin der Blutgrätsche.
Fuleco ist ein Kugelgürteltier
Brasilien jedenfalls wollte alles ganz viel besser machen. Ausgewählt wurde schließlich – nach peniblen landesweiten Sympathiewerteabfragen durch eine Werbeagentur – das Kugelgürteltier. Es bringt die angenehme Eigenschaft mit, dass es die Landesfarben dank des natürlich bläulichen Panzers und einer grünen Hose (!) unaufdringlich mitliefert. Dass es sich zudem bei Gefahr tatsächlich zu einem Ball einrollt, lässt es nun als wandlungsfähigen Superhelden durch die WM-Spots rollen. Das Tier hatte übrigens ein Biologe namens Rodrigo Castro vorgeschlagen. Und so ist es wohl kein Zufall, dass es der Regierung dann doch irgendwie vor die Füße gefallen ist. Das Kugelgürteltier nämlich ist in Brasilien vom Aussterben bedroht, was bislang kaum jemanden kümmerte, nun aber, da mehr als eine Million Stoffexemplare davon hergestellt sind (übrigens auch noch in China!) und die Sympathiewerte planungsgemäß steigen – da musste die eh schon hart in der Kritik stehende Regierung auch noch einen Fünf-Jahres-Plan auflegen, zur Rettung des Kugelgürteltiers. Und damit ist das Schlimmste noch längst nicht gesagt.
Das Schlimmste nämlich ist der Name. Aus dem im Portugiesischen „Tatu-bola“ heißenden Tier nämlich ist „Fuleco“ geworden, was sich nicht nur besser liest als die Alternativen „Amijubi“ und „Zuzeco“, sondern eindeutig auch sehr, sehr gut gemeint war. In „Fuleco“ nämlich vereinen sich „futebol“ für Fußball und „ecologia“ für Ökologie, sodass samt Gefährdung und Ballform eine ideologisch gesättigte, wirklich runde Sache aus dem bisschen Maskottchen geworden zu sein schien. Beschlossen also, veröffentlicht, gefeiert, verbreitet, in der Welt. Jetzt, in aller Kürze und Brutalität, aber das Problem. „Fuleco“ gibt es als brasilianisches Slangwort längst, nachzulesen auch in Wörterbüchern, wenn man danach sucht, was man als Biologe natürlich nicht tut – es heißt jedenfalls: Anus oder, ja, genau, schlicht und einfach Arsch.
Hier käme dann die Häme. Sparen wir, aus Goleo-Schlaaand, uns aber, hat unser Maskottchen doch hosenlos den behaarten blanken Arsch in alle Welt gereckt, hätte ihm doch jeder Name gebührt: Popopo, Leckoleu, Germanus, Geilleo. Goleo jedenfalls heißt definitiv auch Fuleco.
Die Diskussion ist geschlossen.