Die Leiden eines Reporters
FCI-Serie Was sich für den Berichterstatter im Laufe der Jahre verändert hat und warum man auch eine Bierdusche in Kauf nimmt
Es ist vollbracht. Der FC Ingolstadt hat den Aufstieg in die Fußball-Bundesliga perfekt gemacht. Von Anfang an und bis heute mit dabei ist unser Mitarbeiter Roland Geier, der in dieser Zeit viel erlebte. In unserer fünfteiligen Serie hat er von einigen Höhepunkten erzählt. Fünfter und letzter Teil: Berichte im Radio und die Bierdusche nach dem 2:1-Sieg gegen RB Leipzig.
Der Traum ist wahr geworden. Der FC Ingolstadt ist im Eiltempo vom Provinzverein zum Bundesligisten aufgestiegen.
Zeit, um an die Anfangszeiten zurückdenken: Da fährst du nach Passau, Weiden, Schweinfurt, Großbardorf oder Kötzting. Die Schanzer kickten auf Bezirkssportanlagen vor ein paar Hundert Zuschauern. Das Medieninteresse ist nur spärlich. Die Ergebnisse werden nur so am Rande von „heute im Stadion“ im BR bekannt gegeben. Man nahm es halt war und verschwendete damals nicht mal im Traum den Gedanken, dass der FC Ingolstadt 04 2015 in das deutsche Fußball Oberhaus aufsteigen würde. Am Sonntag ist es wahr geworden. Es ist ein Hochgefühl, das man nicht beschreiben kann.
Fast exakt vor fünf Jahren schaffte der FC Ingolstadt den Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga. Damit begann für mich echt die große Leidenszeit. Nicht etwa, weil die Schanzer mal wieder ein Auswärtsspiel verloren hatten. Nein, mich nervten die Kollegen der Rundfunkanstalten. Nach bestem Wissen und Gewissen hast du deine Arbeit gemacht und mit dem Fußballclub mitgefiebert. Dann bretterst du auf der Autobahn sechs Stunden quer durch die Republik Richtung Heimat mit einer Niederlage im Gepäck. Mit dem NR-Kollegen hast du die Gründe der Pleite bereits ausdiskutiert. Aber dann bekommst du es immer wieder aufs Brot geschmiert. Das Radio an, um den aktuellen Verkehrsfunk zu verfolgen. Doch dann die Stimme aus den Norden: „Hier die aktuellen Zweitligaergebnisse: Der FC Ingolstadt unterlag heute beim…“, na einmal geht schon denke ich. Eingedrungen in den nächsten Sendebereich des WDR: „Der FC Ingolstadt konnte heute auch beim… nicht gewinnen und bleibt im Tabellenkeller.“ Es nervt gewaltig, einmal hätte die Meldung doch gereicht. Der nächste ist der Hessische Rundfunk: „Die Audistädter mussten sich heute gegen den ... geschlagen geben.“ Und zum Schluss eingedrungen im beheimateten Bayern, legte der BR noch einmal nach: „Die Schanzer haben sich heute eine Niederlage eingehandelt und befinden sich weiter im Tabellenkeller.“
Doch die Zeiten haben sich diese Saison Gott sei Dank geändert. Der FC Ingolstadt legte mit nur zwei Auswärtsniederlagen eine Wahnsinnssaison hin. Die Fahrten wurden zum Glücksgefühl und es lief runter wie Öl, wenn die Anstalten meldeten: „Der FC Ingolstadt gewann beim… und bleibt mit einem passablen Vorsprung weiter auf Bundesligakurs!“ Seit Sonntag gehören die Schanzer nun mindestens ein Jahr zu den besten 18 Mannschaften im Land des Weltmeisters.
Da habe ich gerne die Bierdusche von Ramazan Özcan in Kauf genommen, die er mir nach Spielschluss gegen Leipzig verpasst hat. Ich, seit 32 Jahren Provinz-Reporter, darf nun aus den großen Arenen in Dortmund, Schalke, Leverkusen, oder Gladbach und von den bayerischen Derbys gegen den FC Bayern München und dem FC Augsburg berichten und Fotos machen. Mein Kollege und ich hoffen natürlich darauf, dass wir bei der Heimfahrt des Öfteren die Meldung aufgestrichen bekommen: „Der Bundesliga-Neuling FC Ingolstadt hat heute beim… überraschend die Punkte entführt.“
Die Vorfreude bei mir ist jedenfalls groß, in der kommenden Saison die Stimmung in den großen und vollen Stadien in Deutschlands Elite-Liga aufzusaugen.
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