„Es reicht nicht, sich nur gut zu verstehen“
Ralph Gunesch verlässt nach der Saison den FC Ingolstadt. Im NR-Interview spricht er über Gründe für den Aufstieg, schaut auf seine Zeit bei den Schanzern zurück und spricht über die Aufgaben in der 1. Liga
Ingolstadt Ralph Gunesch hatte beim FC Ingolstadt stets eine Führungsrolle inne, auch wenn er in dieser Saison nicht mehr eingesetzt wurde. Nun verlässt Gunesch den Verein. In der Winterpause 2012 war der heute 31-Jährige vom FC St. Pauli zu den Schanzern gewechselt und bestritt seitdem 49 Zweitligaspiele für den FCI.
Ralph Gunesch, der FC Ingolstadt hat den Bundesliga-Aufstieg perfekt gemacht. Auch wenn Sie diese Saison nicht zum Einsatz kamen, wie haben Sie den Sprung ins Oberhaus erlebt?
Gunesch: Man hat schon unmittelbar nach dem Schlusspfiff gemerkt, dass bei allen sehr viel Spannung abgefallen ist. Eine Saison ist mental sehr intensiv. Körperlich kann man sich immer mal wieder ein, zwei Tage regenerieren, aber der Kopf ist unter Dauerstrom, da die Erwartungshaltung und der Druck zum Ende einer Saison stetig ansteigen. Ich kann den Jungs nur ein großes Kompliment zollen. Vor allem für die Art und Weise, wie sie den Aufstieg eingefahren haben.
Sie selbst haben diese Saison nicht gespielt. Wo sehen Sie Ihren Anteil am Aufstieg?
Gunesch: Natürlich ist es schade, nicht mehr gespielt zu haben. Ich habe versucht, drum herum mein Möglichstes zu tun und die Jungs zu unterstützen. Viele sind auf mich zugekommen, um kurze Gespräche zu führen. Ich kannte die Situation eines Aufstiegskampfes aus meiner Zeit beim FC St. Pauli. Damals war die Situation in der Tabelle noch enger und wir waren jedes Spiel beinahe gezwungen, zu punkten.
Lassen sich die beiden Aufstiege, 2010 mit dem FC St. Pauli und 2015 mit dem FC Ingolstadt vergleichen?
Gunesch: Für mich persönlich war es etwas anderes, da ich damals auf dem Feld wesentlich mehr aktiv beigetragen habe (21 Einsätze, Anm. d. Red.). Aber genau das hat die Mannschaft heuer ausgezeichnet. Jeder war in seiner Form wichtig und hat einen Teil beigetragen, auch wenn man nicht gespielt hat. Zumindest konnte ich zu einem kleinen Teil helfen.
Sie bestritten seit Sie in der Winterpause der Saison 2011/2012 nach Ingolstadt kamen 49 Partien. Welches Fazit ziehen Sie aus Ihrer Zeit bei den Schanzern?
Gunesch: Als ich 2012 kam, war der Verein unter Tomas Oral in akuter Abstiegsnot. Mein erstes Gespräch hatte ich damals mit Thomas Linke. Er hat mir gesagt, einen Mann mit Erfahrung im Abstiegskampf zu brauchen, der die Abwehr stabilisiert. Das hat dann auch gut geklappt. Ich habe auch in der darauffolgenden Saison meine Spiele gemacht. Dann kam Marco Kurz, unter dem es für mich anfangs gar nicht lief. Auch andere jetzige Führungsspieler wie Pascal Groß waren außen vor. Der Trainerwechsel zu Ralph Hasenhüttl war für mich ein Glücksfall. Ich habe am Anfang jedes Spiel gemacht und war zum Teil auch Kapitän.
Dann haben Sie sich schwer verletzt...
Gunesch: Richtig. Dann kam die Verletzung im April vergangenen Jahres. Das Kreuzband sowie Innen-und Außenmeniskus waren kaputt. Ich hatte das Ziel, mich da wieder raus zu kämpfen. Gott sei Dank hat der Verein meinen Vertrag zu jener Zeit um ein weiteres Jahr verlängert. Ich hatte sehr schwierige Momente. Eine lange Rehazeit ist gerade für den Kopf schwierig. In dieser Phase hat die Mannschaft eine riesige Entwicklung genommen und einen Sprung nach vorne gemacht. Bestes Beispiel ist Pascal Groß, der von der Bank zu einem der besten Spieler der 2. Liga geworden ist. Für mich war es dann natürlich schwer, wieder in die Mannschaft zu kommen. Co-Trainer Michael Henke hat mir dennoch bestätigt, dass ich wieder gut zurückgekommen bin.
Was hat diese Mannschaft des FC Ingolstadt aus Ihrer Sicht ausgezeichnet?
Gunesch: Der Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft war der Hauptfaktor. Ich habe zu Alfredo Morales bereits nach dem 5. Spieltag gesagt, hier entsteht etwas. Es gab Parallelen zu unserer Aufstiegsmannschaft des FC St. Pauli. Wir waren in dieser Liga keine Übermannschaft. Daher braucht man etwas Besonderes in der Truppe. Der Verein hat sukzessive Spieler dazugeholt, die nicht nur sportlich, sondern gerade charakterlich passten. Der 3:2-Sieg gegen Fortuna Düsseldorf in letzter Minute war aus meiner Sicht dann der Schlüsselmoment. Die Partie war eine Prüfung. Trotz vieler Widerstände und einem zweimaligen Rückstand hat sich das Team gewehrt, nach vorne geschaut und bis zur letzten Sekunde an sich geglaubt.
Ihr Vertrag wurde nun nicht mehr verlängert. Wie geht es bei Ihnen persönlich weiter?
Gunesch: Ehrlich gesagt, weiß ich es noch nicht. Der Verein hat mir bereits vor einigen Wochen mitgeteilt, meinen Vertrag nicht zu verlängern. Meine Überlegungen gehen in ein, zwei, drei Richtungen. Ich hoffe jedenfalls, dass es relativ schnell geht. Ich will die Entscheidung nicht in die Sommerpause schleppen.
Für Ihre Mannschaftskollegen geht es nun in der Bundesliga weiter. Was kommt aus Ihrer Erfahrung auf das Team zu?
Gunesch: Der Charakter, der in der Truppe steckt, ist die Basis, die nötigen Punkte zum Klassenerhalt zu holen. Natürlich kommen qualitativ ganz andere Gegner, zum Teil mit Spielern von Weltformat, auf den FCI zu. Da reicht es nicht, sich nur gut zu verstehen. Jeder einzelne Spieler wird in der Bundesliga noch einmal einen Schritt nach vorne machen. Ich drücke den Jungs jedenfalls die Daumen. Der Weg ist noch nicht vorbei. Ich würde mir auch wünschen, dass das Umfeld euphorisch bleibt und nicht nach zwei Niederlagen wieder alles in Frage gestellt wird. Auch das wird nötig sein.
Was trauen Sie dem FC Ingolstadt in den nächsten Jahren zu?
Gunesch: Ich sehe keine Gefahr, dass man meint, zu große Schritte machen zu müssen. Demut und Bescheidenheit sollten wie in den letzten zwei Jahren beibehalten werden. Es geht nur mit harter Arbeit und kleinen Schritten. Das wird von den Verantwortlichen auch so vorgelebt.
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