Zum Verzweifeln
Großer Chancenwucher verhindert einen Sieg des FC Ingolstadt gegen den VfL Wolfsburg. Warum die gezeigte Leistung beim 1:1 dennoch optimistisch nach vorn blicken lässt.
Der letzte Versuch gehörte Pascal Groß. Sein Schuss war platziert und scharf, aber nicht gut genug. Wolfsburgs Torwart Diego Benaglio brachte die Fingerspitzen an den Ball, der dann an den Pfosten prallte. Zum dritten Mal an diesem Nachmittag rettete das Aluminium die Wolfsburger. Groß riss verzweifelt die Hände in die Luft, schrie seinen Frust heraus und sank in sich zusammen.
Fußball kann gelegentlich grausame Züge annehmen. Das bewies das Spiel zwischen dem FC Ingolstadt und dem VfL Wolfsburg. Die Schanzer spielten mit Herz und Leidenschaft, zeigten darüber hinaus einige gelungene Kombinationen. Wolfsburg hingegen agierte über weite Strecken teilnahmslos, beinahe lustlos. Hoch bezahlte Spieler wie Julian Draxler oder Mario Gomez trugen nur ihr Trikot spazieren. Das 1:1 spiegelt nicht im Ansatz die Kräfteverhältnisse wieder, ist aber gleichzeitig eine logische Konsequenz der mangelhaften Ingolstädter Chancenverwertung. „Das Ergebnis war in der Halbzeit das einzig Positive für uns“, sollte Wolfsburgs Trainer Valerian Ismael später sagen. „Ein 1:0 ist im Fußball immer ein gefährliches Ergebnis.“ Wie recht er damit hatte.
Einzig Anthony Jung hatte in der ersten Hälfte für den FC Ingolstadt getroffen. Nach einer gefühlvollen Flanke von Florent Hadergjonaj schraubte sich Jung in die Luft und köpfte zum 1:0 ein (31.). Es war das erste Tor des 25-Jährigen im Profifußball überhaupt. Damit machte sich bezahlt, dass Maik Walpurgis für den Neuzugang von RB Leipzig, der ursprünglich als Linksverteidiger geholt wurde, eine neue Position gefunden hat. Wie in Darmstadt kam Jung auf der linken Seite im Mittelfeld zum Einsatz. „Das war die Idee einer meiner Co-Trainer“, erzählte Walpurgis ohne zu verraten, ob Michale Henke oder Ovid Hajou den Einfall hatte. Jung bedankte sich mit einer starken Leistung für das Vertrauen, erzielte das Tor und leitete weitere gefährliche Aktionen ein. Unter Walpurgis-Vorgänger Markus Kauczinski war Jung nur einmal zum Einsatz gekommen, stand zum Teil nicht einmal im Aufgebot der Schanzer.
„An mein letztes Kopfballtor kann ich mich gar nicht erinnern, es muss im Training gewesen sein“, sagte Jung mit ernstem Blick. Denn zum Lachen war ihm nach dem Spielverlauf kaum zu Mute. „Es wären drei Punkte für uns drin gewesen“, sagte er, was einer Untertreibung gleichkam. Denn dieses Spiel hätte der FC Ingolstadt eigentlich gewinnen müssen. Jungs Sturmkollegen, die eigentlich für das Toreschießen zuständig sind, hatten sich allerdings im Auslassen bester Gelegenheiten gegenseitig überboten.
Mathew Leckie kam zwar einem Treffer von Chance zu Chance näher, brachte den Ball aber einfach nicht ins Tor. Erst schoss er weit drüber (28.), dann gegen Benaglios Bein (39.), schließlich an den Pfosten (85.). Oder Moritz Hartmann, den sie „Bomber“ nennen. Der Angreifer köpfte an den Pfosten (10.) und brachte den Ball selbst in seiner Spezialdisziplin nicht über die Linie. Acht von acht Elfmetern hatte er vergangene Saison verwandelt. Diesmal machte er rein gar nichts anders. Kurzer Anlauf, harter Schuss. Aber Benaglio gewann das Duell (18.). Es kam, wie es sprichwörtlich kommen musste. Daniel Caligiuri glich mit einem von Marcel Tisserand noch abgefälschten Schuss zum 1:1-Endstand aus (78.).
Es passte ins Bild dieses Spiels, dass auch der letzte Ingolstädter Versuch von Pascal Groß an den Pfosten flog (87.).
FC Ingolstadt Hansen – Hadergjonaj, Matip, Tisserand, Suttner – Roger, Cohen – Leckie, Groß (90. Leipertz), A. Jung (67. Hinterseer) – Hartmann (76. Lezcano) VfL Wolfsburg Benaglio – Seguin, Bruma, Ricardo Rodriguez, Gerhardt – Guilavogui, Luiz Gustavo – Didavi (46. Mayoral), Arnold (46. Caligiuri), Draxler (75. Schäfer) – Gomez – Schiedsrichter Daniel Siebert (Berlin) – Zuschauer 13521 Tore 1:0 A. Jung (31.), 1:1 Caligiuri (78.) – Besondere Vorkommnisse Benaglio hält Foulelfmeter von Hartmann (18.)
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