Fünf Minuten fehlen zum Glück
Ingolstadts neuer Trainer Alexander Nouri geht mit seinem Team beim 1. FC Köln in Führung. Doch der gegnerische Toptorjäger rettet dem Bundesliga-Absteiger den 2:1-Sieg.
Am Ende waren es fünf lausige Minuten, die gestern Abend verhinderten, dass der neue Cheftrainer des Zweitligisten FC Ingolstadt 04, Alexander Nouri, einen Einstand nach Maß hingelegt hätte. Bis kurz vor Schluss hatte seine Mannschaft vor 45900 Zuschauern dem Aufstiegsfavoriten 1. FC Köln in dessen Rhein-Energie-Stadion einen tollen Kampf geliefert und sich bis dahin das 1:1-Remis aufgrund einer ganz starken Vorstellung im zweiten Durchgang mehr als verdient. Den Unterschied beziehungsweise „Spielverderber“ machte dann aber ein Mann, der bei den Geißböcken die „Wiederaufstiegs-Versicherung“ darstellen soll: Simon Terodde! Mit seinem Kopfball bescherte er den Hausherren einen am Ende glücklichen 2:1-Sieg sowie den aufopferungsvoll kämpfenden Schanzern hängende Köpfe.
„Natürlich fühlt es sich bitter, wenn man nach einer solchen Partie mit leeren Händen dasteht. Aber ich habe meinem Team nach dem Schlusspfiff auf dem Rasen gesagt, dass die Art und Weise, wie wir uns präsentiert haben, ein Schritt in die richtige Richtung war“, resümierte Nouri und fügte hinzu: „Ich habe eine Mannschaft gesehen, in der jeder für jeden gearbeitet und sich aufgeopfert hat. Das macht mir Mut für die nächsten Aufgaben.“
Bereits vor dem Anpfiff wurde viel spekuliert, wen der neue FCI-Coach in die Anfangsformation berufen würde! Würfelt er sein Team komplett durcheinander? Gibt er der Startelf von der vergangenen 0:1-Heimpleite gegen den FC St. Pauli, die seinem Vorgänger Stefan Leitl den Job gekostet hatte, die Chance zur Rehabilitierung? Letztlich entschied sich Nouri für den „goldenen Mittelweg“, sprich eine moderate Justierung. So rückten für den gesperrten Konstantin Kerschbaumer, Frederic Ananou und Thorsten Röcher mit Lucas Galvao (nach seiner Gelb-Rot-Sperre wieder dabei), Robin Krauße und – etwas überraschend – erstmals Charlie Benshop ins Team. Wesentlich größer fiel dagegen die Änderung in der taktischen Ausrichtung aus. Hatten die Schanzer unter Ex-Coach Leitl ausschließlich mit einer Vierer-Abwehrkette agiert, verordnete Nouri seinen Schützlingen in einer Art „Crashkurs“ in der Offensive ein 3-4-3-System, das sich bei Ballverlust blitzschnell in eine 5-2-3-Aufstellung verwandelte. Das Vorhaben des FCI-Fußballlehrers war klar: Zum einen wollte er die beiden offensiven Außenbahnen der Kölner kontrollieren, zum anderen das Zentrum, in dem sich Torjäger Simon Terodde tummelte, entsprechend dicht bekommen.
Dass die Gäste indes nicht schon nach zehn Minuten im Rückstand lagen, hatten sich freilich ausgerechnet Terodde zu verdanken. Nachdem Ingolstadts Schlussmann Marco Knaller einen 18-Meter-Schuss von Marcel Risse unglücklich nach vorne abprallen ließ, kam der etatmäßige FC-Knipser (bislang acht Saisontore) aus zehn Metern frei zum Abschluss. Doch das Spielgerät segelte knapp am linken Pfosten vorbei. Auch im Anschluss hatten die Schanzer zunächst ihre Probleme, das neu vorgegebene System mit Leben zu füllen. Während die Offensiv-Abteilung mit Kittel, Lezcano und Benshop weitgehend vom Nachschub abgeschnitten war, hatte die Defensive vor allem Probleme, das Flügel- und Kombinationsspiel der Geißböcke zu unterbinden und ließ weitere gute Chancen der Rheinländer zu.
Erst zum Ende des ersten Durchgangs schien sich das Nouri-Team in seiner Grundausrichtung wohler und wohler zu fühlen – und prompt wurde es nun auch vorne gefährlich. Kittel mit einem 22-Meter-Freistoß, den Kölns Keeper Timo Horn zur Ecke fauste (43.), sowie Lezcano (44.) und Gimber (45./Kopfball) setzten nun auch erste offensive Ausrufezeichen und merkten, dass der Bundesliga-Absteiger seinerseits durchaus verwundbar ist.
„In der ersten Hälfte hat uns noch der Mut bei eigenem Ballbesitz sowie das Selbstverständnis in bestimmten Situationen gefehlt. Das haben wir in der Pause angesprochen und dann auch deutlich besser gemacht“, so Nouri. Die Konsequenz: Nicht mehr der Favorit aus Köln dominierte nach Wiederbeginn weiter das Geschehen. Vielmehr wuchs das Selbstvertrauen der FCI-Kicker von Minute zu Minute. Und das erst recht, als Sonny Kittel ein schönes Zuspiel von Thomas Pledl sogar zur Führung nutzte (53.). Die Geißböcke waren nun völlig von der Rolle und hatten kurz darauf Riesendusel, dass „Geburtstagskind“ Marvin Matip nicht gleich den zweiten Treffer nachlegte. Doch sein Kopfball landete nur am Innenpfosten (59.).
Statt einer möglicherweise vorentscheidenden Zwei-Tore-Führung mussten die Schanzer in der 70. Minute den 1:1-Ausgleich hinnehmen, der gleich unter doppelt unglücklichen Umständen fiel. Erst sprach der Schiedsrichter-Assistent den Kölnern einen unberechtigten Eckball zu (Sonny Kittel: „Jeder im Stadion hat gesehen, dass es Abstoß hätte geben müssen), aus dessen Entstehung heraus sich Kittel ein plumpes Foul an Marcel Risse im FCI-Strafraum leistete. Den folgenden Strafstoß verwandelte Terodde eiskalt. „Das war wohl das dümmste Foul in meiner Karriere“, ging der Ingolstädter Torschütze hart mit sich ins Gericht.
In der Schlussphase lieferten sich beide Teams einen offenen Schlagabtausch – mit dem besseren Ende für den heimischen „Eff-Zeh“. Bei einem erneuten Eckstoß kam Knaller zu zögerlich aus seinem Kasten. Terodde bedankte sich dafür mit dem 2:1-Siegtor und verdarb damit zugleich Alexander Nouri einen erfolgreichen Einstand.
1. FC Köln : T. Horn – Risse, L. Sobiech, Czichos, J. Horn – Höger (84. Cordoba) – Schaub, Hector – Clemens (62. Guirassy), Drexler – Terodde (86. S. Özcan).
FC Ingolstadt 04 : Knaller – Matip, T. Schröck, Galvao – Krauße (87. Osawe), Gimber – Pledl, Otavio Rosa da Silva – Kittel (80. Röcher) – Lezcano, Benschop (71. Kutschke).
Tore: 0:1 Kittel (53.), 1:1 Terodde (70./Foulelfmeter), 2:1 Terodde (85.). – Schiedsrichter: Arne Aarnink (Nordhorn). – Zuschauer: 45900.
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