Kapitän stellt Charakterfrage
Der FC Ingolstadt verliert nach einer desolaten zweiten Halbzeit mit 1:5 gegen Holstein Kiel. Marvin Matip zweifelt sowohl an Qualität als auch Mentalität der Mannschaft.
Marvin Matip wollte erst gar nicht nach Ausreden suchen, als er die 1:5-Niederlage des FC Ingolstadt gegen Holstein Kiel bewerten sollte. Der Kapitän wählte stattdessen zum Teil drastische Worte. „Man muss irgendwo die Charakterfrage stellen“, sagte Matip nachdenklich, „das ist nicht nur einer Frage der Qualität, sondern auch der Mentalität. Da nehme ich alle mit rein, auch mich.“
Als Trainer Stefan Leitl etwas später zu den Worten seines Kapitäns befragt wurde, pflichtete er ihm bei. „Er ist der Kapitän und darf so etwas sagen. Marvin lebt den Verein wie kein anderer Spieler und will mit dem FC Ingolstadt Erfolg haben.“ Grund für Matips deutliche Aussagen war die Phase zwischen der 60. und 74. Minute, als Kiel vier Tore gelangen, der FC Ingolstadt sich seinem Schicksal ergab und Auflösungserscheinungen zeigte.
Auch wenn es nach einer 1:5-Pleite kurios klingen mag, waren die Schanzer bis dahin die optisch überlegene Mannschaft und hatten den Gegentreffer von David Kinsombi (25.) noch vor der Pause durch Sonny Kittel egalisiert (43.). „Wir waren 50 Minuten die klar bessere Mannschaft und haben das Spiel kontrolliert“, meinte Matip. „Die Phase danach ist unerklärlich. Das darf unter keinen Umständen passieren.“ Die Schanzer verhielten sich taktisch naiv, leisteten praktisch keine Gegenwehr und kassierten drei Treffer nach Kontern, der großen Stärke der Kieler.
Die Gemüter erhitzt hatte das Gegentor zum 1:2. Während Almog Cohen am Boden lag, warteten die Ingolstädter darauf, dass Kiel den Ball ins Aus spielt. Doch die Gäste taten ihnen diesen Gefallen nicht. Dominick Drexler, der später glaubhaft beteuerte, Cohen nicht gesehen zu haben, leitete den Angriff ein, bediente Steven Lewerenz. Nach dessen Pass in die Mitte brauchte Marvin Ducksch nur noch ins leere Tor einzuschieben (60.). „Es steht in keinem Regelwerk, dass der Ball ins Aus gespielt werden muss“, sagte Leitl und kritisierte stattdessen das Defensivverhalten seines Teams scharf. „Wir verteidigen das Ganze schlecht. Das Verhalten der Viererkette war sehr schwach.“ Statt sich aufzuraffen, fiel der FCI nach dem Rückstand völlig in sich zusammen. Erst köpfte Tobias Levels nach einem Ducksch-Freistoß ins eigene Netz (68.), dann erhöhten Kingsley Schindler (72.) und Drexler (74.) auf 5:1 für den Aufsteiger, der durch den Sieg dem Durchmarsch in die Bundesliga einen großen Schritt näher gekommen ist. „Wir haben keinen Charakter gezeigt und uns abschlachten lassen“, sagte Matip kopfschüttelnd.
Ganz anders als bei Holstein ist die Situation in Ingolstadt. Magere 42 Punkte nach 32 Spielen sprechen eine deutliche Sprache und sind für die eigenen Ansprüche viel zu wenig. „Wir spielen eine total enttäuschende Saison“, sagte Matip, „die Verantwortlichen werden sich nach der Saison zusammensetzen und ihre Schlüsse ziehen.“ Die Mannschaft habe sich jedenfalls nicht dafür qualifiziert, dass ihr auch künftig Vertrauen entgegengebracht werde. „Wir müssen uns kommende Woche öfter zusammensetzen und klare Worte finden“, so Matip weiter. „Denn nun befinden wir uns wieder dick im Abstiegskampf.“
Bei aller Kritik bleibt Matip zuversichtlich: „Wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir immer Charakter gezeigt. Ich glaube an die Mannschaft und die richtige Antwort in Braunschweig.“ Dort tritt der FC Ingolstadt am kommenden Sonntag wohl mit verändertem Personal an, wie Leitl ankündigte: „Wir können uns nicht weiter so präsentieren. Wenn man in zwei Spielen 1:8 Tore kassiert, kann man nicht sagen, dass die gleichen Jungs noch mal spielen. Das geht nicht.“
FC Ingolstadt Nyland – Levels, T. Schröck, Matip, Gaus – Träsch – Pledl, Morales (70. Leipertz), Cohen (83. Christiansen), Kittel – Kutschke
Holstein Kiel Kronholm – P. Herrmann, Schmidt, Czichos, C. Lenz – Peitz – K. Schindler, Kinsombi (77. Hoheneder), Drexler, Lewerenz (61. Weilandt) – Ducksch (81. Seydel) Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus (Hannover) – Zuschauer 9649 Tore 0:1 Kinsombi (25.), 1:1 Kittel (43.), 1:2 Ducksch (60.), 1:3 Levels (68./Eigentor), 1:4 K. Schindler (72.), 1:5 Drexler (74.).
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