Moritz Hartmann: „Ingolstadt wird das Ding reißen“
Der ehemalige Ingolstädter kennt den SV Wehen-Wiesbaden aus den Drittligaspielen mit Fortuna Köln. Er spricht über die Stärken und Schwächen, den besonderen Reiz von Relegationsspielen und äußert sich zu seiner Zukunft.
Herr Hartmann, nach der 2:3-Niederlage am vorletzten Spieltag beim TSV 1860 München steht fest, dass Fortuna Köln die 3. Liga als Absteiger verlassen muss. Haben Sie diese sicherlich große Enttäuschung schon etwas verarbeitet?
Hartmann: Ich bin nach wie vor dabei, das Ganze zu verdauen. Von der Qualität der Mannschaft her hätten wir es eigentlich packen müssen. Wir hatten in dieser Saison etliche gute Spiele, in denen wir wenig oder auch gar nichts geholt haben. Das hat sich leider wie ein roter Faden durchgezogen. Zudem wurden Personal-Entscheidungen getroffen, die nicht die erwünschte Wirkung gebracht haben. Unter dem Strich war es ein sehr bitterer Abstieg, da wir schon gedacht hatten, dass wir es bis zum letzten Spieltag selbst in der Hand haben. Doch nach der Niederlage in München und dem verbundenen feststehenden Abstieg waren wir alle sehr geschockt.
Es war zu entnehmen, dass kein Fortuna-Spieler einen Vertrag für die 4. Liga besitzt. Wie intensiv beschäftigen Sie sich mit Ihrer persönlichen neuen Situation?
Hartmann: Klar mache ich mir Gedanken, wie es nun weitergeht. Im Sommer werde ich jetzt 33 Jahre. Heutzutage werden die Spieler immer jünger beziehungsweise die erfahrenen Akteure in den Teams entsprechend weniger. Ich hoffe natürlich, dass irgendwo noch ein routinierter Stürmer gesucht wird, und würde mich freuen, wenn ich bei einem Klub eine entsprechende Chance bekomme.
Am vergangenen Wochenende stand auch in der 2. Liga das Saisonfinale auf dem Programm. Wie intensiv haben Sie das Geschehen speziell bei Ihrem Ex-Verein FC Ingolstadt, für den ja sogar die direkte Rettung noch möglich war, verfolgt?
Hartmann: Da die ganze Situation in der 2. Liga sowohl in Sachen Auf- als auch Abstieg ziemlich spannend war, habe ich es mir schon angeschaut. Schade, dass es für den FCI mit dem direkten Klassenerhalt nicht geklappt hat. Aber dennoch ’Hut ab’ vor der Aufholjagd in den vergangenen Wochen. Was da geleistet wurde, hätte ich kaum noch für möglich gehalten.
Was wird beim FC Ingolstadt Ihrer Meinung nach derzeit überwiegen: die Enttäuschung, dass es mit dem direkten Klassenerhalt jetzt doch nichts wurde, oder doch eher eine gewisse Erleichterung, dass man überhaupt die Relegation erreicht hat?
Hartmann: Ich denke, dass eher Letzteres und damit das positive Gefühl überwiegt. Vor einigen Wochen hatte es ja fast noch danach ausgesehen, dass selbst auf die Relegation keine wirkliche Chance mehr besteht. Von dem her können die Jungs mit einem guten Gefühl an diese Aufgabe herangehen.
Sie haben selbst noch das Trikot der Schanzer getragen, als der damalige Drittligist FC Ingolstadt im Jahr 2010 seine letzte Zweitliga-Relegation gegen Hansa Rostock erfolgreich bestritten hat (1:0, 2:0). Was ist das Besondere an solchen Partien?
Hartmann: Eine Relegation ist definitiv etwas Spezielles. Du hast letztlich zwei Spiele, in denen du deine Saison retten oder – wie es bei uns damals der Fall war – vergolden kannst. Man benötigt auf alle Fälle zwei sehr gute und konzentrierte Partien, in denen man alles raushauen muss. Hinzu kommt, dass nahezu ganz Fußball-Deutschland dabei zusehen wird. Für die Spieler und Trainer ist das daher eine sehr spannende Situation.
Macht es einen Unterschied, ob man als Zweit- oder Drittligist in eine solche Relegation geht?
Hartmann: Ich denke schon, dass der Drittligist einen kleinen psychologischen Vorteil hat, da er sagen kann: Wir können in diesen Begegnungen etwas gewinnen und eine ohnehin schon gute Saison mit dem Aufstieg krönen. Umgekehrt wird man beim Zweitligisten schon daran denken, dass man etwas zu verlieren beziehungsweise absteigen kann. Auch wenn es sich vielleicht nur um einen minimalen Prozentsatz handelt, ist es letztlich schon – wie bereits gesagt – ein kleiner Vorteil für den Drittligisten.
Können Sie sich noch erinnern, wie groß die mentale Anspannung bei Ihnen vor diesen beiden „Endspielen“ gegen Rostock war?
Hartmann: Natürlich war ich schon etwas mehr angespannt als vor einem normalen Punktspiel und mindestens genauso fokussiert. Aber ich glaube, dass wir uns insgesamt mehr auf diese Relegation gefreut haben als die Rostocker zu diesem Zeitpunkt. Gerade aufgrund der Fan-Situation standen die Spieler von Hansa damals enorm unter Druck.
Zurück zur Gegenwart: Sie haben in dieser Saison mit Fortuna Köln zweimal gegen den Relegations-Gegner des FC Ingolstadt, SV Wehen-Wiesbaden gespielt. Was zeichnet diese Truppe aus beziehungsweise in welchen Bereichen ist sie zu knacken?
Hartmann: In der Offensive hat Wehen-Wiesbaden sicherlich einiges an Durchschlagskraft. Gerade der Name Manuel Schäffler ist ja in Ingolstadt alles andere als unbekannt. Auf ihn sollte der FCI auf alle Fälle ein Augenmerk legen. Aber auch auf den Außenbahnen verfügt man über ein gutes Tempo. Anfällig und verwundbar ist der SVWW hingegen im hinteren Bereich. Nachdem Ingolstadt zuletzt ja doch einige Tore geschossen hat und in der Offensive gut aufgestellt ist, kann man den Wehen-Wiesbadenern dort schon richtig wehtun.
Werden Sie die beiden Partien im Fernsehen verfolgen?
Hartmann: Ja, ich denke schon, dass ich mir das anschauen werde. Relegationsspiele sind, wie gesagt, immer etwas Besonderes. Sollte jetzt nichts Außergewöhnliches dazwischenkommen, werde ich mir das wohl nicht entgehen lassen.
Zum Abschluss noch ein Tipp: Wer setzt sich durch?
Hartmann: Das ist schwer zu sagen. Ich denke aber, dass Ingolstadt aufgrund der zurückliegenden Wochen das Ding reißen wird – und hoffe es natürlich auch für den Verein, die Fans und die Jungs, dass sie diese Saison noch retten. Wenn sie ihre Qualitäten auf den Platz bringen, werden sie sich auch durchsetzen.
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