Blut ist dicker als Wasser, schön und gut. Trotzdem kann man sich in einer Familie so richtig schön auf die Nerven gehen. Nicht so Das-Letzte-Pizzastück-Nehmen mäßig, eher auf die Kain-Und-Abel-Tour. So mit Rübe einschlagen. Ist ja bei den beiden Bibelbrüdern möglicherweise auch deswegen passiert, weil sie in einem ähnlichen beruflichen Umfeld gearbeitet haben. Der eine als Ackerbauer, der andere als Hirte. Da läuft man sich notgedrungen mal über den Weg, Aversionen bauen sich auf und wenn dann noch eine Kleinigkeit wie eine abgelehnte Opfergabe dazu kommt: Da ist der Weg zum Totschlag nicht mehr weit.
Es ist ratsam, Berufliches und Privates zu trennen. Die Geschwister Schweikardt aber fühlten sich nicht an alttestamentarische Weisheiten gebunden. Dabei sind beide in einem Bereich tätig, in dem buchstäblich Aug um Aug und Zahn um Zahn gekämpft wird. Jürgen ist der Geschäftsführer des Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart, sein Bruder Michael ist Trainer. Und war Trainer in Stuttgart, ehe ihn sein Bruder im vergangenen November entließ. Misserfolge, Abstiegsangst – die Härten des Geschäfts machen auch vor familiären Banden nicht Halt.
Die drei Flüssigkeiten des Sports: Blut, Schweiß, Tinte
Letztlich gelang den Schwaben unter ihrem neuen Coach der Klassenerhalt. Der entlassene Michael hat im Nachgang dafür aber nicht nur lobende Worte übrig. „Man kann sich sicher vorstellen, wie es bei mir ankam, dass nach meiner Freistellung plötzlich wieder finanzielle Mittel zur Verfügung standen, die vorher nicht möglich waren“, sagte er nun über die nach seiner Beurlaubung verpflichteten Spieler. Blut ist dicker als Wasser, aber kaum etwas schlägt härter zu als die Tintenunterschrift auf einer Entlassung.
Wie es mittlerweile um die Beziehung zu seinem Bruder Jürgen bestellt ist, wollte Michael nicht verraten. Er habe noch nie über seine privaten Beziehungen gesprochen, sagte er der Stuttgarter Zeitung. Das klingt nicht unbedingt nach einer nachhaltigen Verbrüderung. Dabei haben Vergebung und Verzeihung eine lange Tradition in der abendländischen Kultur. Man denke nur an den großen Menschen Uli Hoeneß, der in der Lage war, Christoph Daum und Willi Lemke zu verzeihen, keine Bayernfans zu sein. Letztlich ließ sogar der Allmächtige selbst (und nun ist nicht Hoeneß gemeint) Gnade walten und vergab Kain. Also gut, er vertrieb ihn und stempelte ihn mit dem Kainsmal, aber der Herrgott war auch schon zu brutaleren Späßen aufgelegt. Darum prüfe sich, wer sich an einen Verein bindet. Zumindest, wenn der Bruder dort das Sagen hat.
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