Schmerzen sind elementarer Bestandteil des Sports. Weiß jeder, der sich wöchentlich ins Amateurfußballabenteuer stürzt und Raubbau am eigenen Körper betreibt. Mögen Plastikschoner den Schienbeinen Schutz gewähren, Knöchel werden dem Schlächter des Nachbarvereins zum Filetieren feil geboten. Garniert durch den Kommentar des Opfers: „Mensch, pass‘ auf, am Montag müssen wir alle wieder arbeiten.“ Dem Täter Absicht zu unterstellen, verbietet sich derweil, weil aufgrund von Konstitution, Kondition und Koordination Ball- und Beintreffer dem Zufallsprinzip ausgesetzt sind.
Den physischen Schmerzen gegenüber stehen die psychischen. Weil an jedem Abstieg einer Mannschaft das Wohl einer Stadt, Region oder gar Nation hängt, setzen sich Spieler und Funktionäre einem unmenschlichen Druck aus. Bei Fans verursachen mitunter die Darbietungen auf dem Rasen, Eis oder Hallenparkett mentale Leiden. Mancher scheint sich diesen gar ganz bewusst auszusetzen, entscheidet er sich etwa zu einer engen Bindung mit dem Hamburger SV, Schalke 04 oder 1860 München. Wenn sportliche Unkenntnis und wirtschaftliche Inkompetenz aufeinandertreffen, tut das richtig weh.
Seit über drei Jahren lässt sich ein Fan jeden Sieg verewigen
Einer besonderen Form von Masochismus zugeneigt ist Football-Fan Nic Cullison. Nicht Fehlpässe oder Niederlagen bereiten ihm Schmerzen, sondern gelungene Aktionen und Siege. Seit über drei Jahren lässt sich der Anhänger des NFL-Klubs Baltimore Ravens nach jedem Erfolg seines Herzensvereins ein Tattoo stechen. Beliebtes Motiv: Datum und Ergebnis. Teils zieren aber auch herausragende Leistungen eines Spielers einen Flecken Haut, etwa ein Touchdown oder ein Traumpass. Jüngst ließ er sich nach dem 28:14 gegen die Pittsburgh Steelers „Lamazing“ – ein Wortspiel aus Quarterback Lamar Jackson und Amazing (toll) - in die Körperoberfläche pieksen. Spezielle Neigungen scheint auch Cullisons Frau zu haben, denn sie sticht die Farbe in ihren Mann.
Im Falle eines Super-Bowl-Siegs hat Cullison angekündigt, sein Körperkunstwerk als abgeschlossen anzusehen. Andererseits mag man sich nicht ausmalen, was passiert, sollten die Ravens niemals die Vince Lombardi Trophy gen Himmel recken. Freie Flächen zu finden, könnte für Frau Cullison schwierig werden; das Martyrium würde kein Ende nehmen. Dass es weh tut, ein Blauer zu sein, wüssten dann nicht mehr nur Fans aus Schalke und München.
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