Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Glosse: Woher kommt dieser Fitnesstrend?

Glosse

Woher kommt dieser Fitnesstrend?

    • |
    • |
    • |
    Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Mitglieder in Fitnessstudios um 3,6 Prozent.
    Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Mitglieder in Fitnessstudios um 3,6 Prozent. Foto: Christin Klose/dpa-tmn

    Überall schlechte Entwicklungen. Die politischen Ränder sind bald größer als das Zentrum, die Jugendlichen werden immer noch lustloser, Konjunkturflaute allenthalben. Außer bei den Rüstungsunternehmen. Findet auch nicht jeder positiv. Hier nun aber die gute Nachricht: Die Deutschen radeln, rennen und fahren in die Fitnessstudios. Im vergangenen Jahr waren 11,71 Millionen Bürgerinnen und Bürger Mitglieder in den Selbstoptimierungshallen. Das sind 3,6 Prozent mehr als im vorherigen Jahr. Eine Zunahme im Bereich des Bauzinses. Aber das wäre nun wieder eine schlechte Nachricht.

    Ist ja eh viel besser, sich selbst zu formen, als andere eigene Vierwände bauen zu lassen (mit DSL-Anschluss!). Die Deutschen, könnte man meinen, werden immer achtsamer. So aufmerksam sich selbst gegenüber sind sie, dass es gar eine Buchreihe um das achtsame Morden von Menschen gibt. Bestseller alle fünf Bände. Aber nicht nur ihresgleichen löschen die Deutschen gerne die Lebenslichtlein mit Bedacht aus, den Tieren schon auch. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat in seinem Report festgestellt, dass fast doppelt so viele Menschen wie 2015 auf Tierwohllabel achten. Insgesamt 65 Prozent legen Wert darauf, dass das bolzengeschossene Schwein zuvor ein glückliches Leben hatte. Oder zumindest das, was wir uns darunter vorstellen.

    Vor wenigen Jahrzehnten war ein Mann Marke Lauch noch im Vorteil

    Die Deutschen jedenfalls werden immer gesünder. Bessere Ernährung, Bauchbeinepo und ein bisschen Kardio. Das verändert auch das Verhalten geschlechtsreifer Groß- und Kleinstädter zur Paarungszeit. Vor nicht allzu langer Zeit war ein lauchiger Phänotyp noch von Vorteil bei der Anbahnung sexueller Beziehungen. Gitanes im Mundwinkel und Dostojewski unterm Arm signalisierten Schlauigkeit. Muskelberge bildeten sich ausschließlich auf geistig ausgedörrten Land. Dachte man. Oder frau. Heute spannt man den Körper in Lycra (oder irgendetwas anderes Atmungsaktives) und den Dostojewski in die Rahmentasche des Gravelbikes.

    Es ist schlichtweg sinnvoll, den gesunden Geist in einem gesunden Körper wohnen zu lassen. Seit 1870 hat sich die Lebenserwartung beinahe verdoppelt. Angenommen, das geht so weiter, können Bauchbeinepo gar nicht genug gestrafft werden. Mit der Optimierung des physischen Ichs geht ein Verlust des Gottesglaubens einher. Über 600.000 Christen sind vergangenes Jahr aus der Kirche ausgetreten. Muskulöser Körper betet nicht gern.

    Diskutieren Sie mit
    1 Kommentar
    Sieglinde M. Kolb

    Meine Glosse im Ernsten: Bis die Menschheit dereinst hoffentlich verstanden haben wird, dass Glaube und Kirche zwei völlig verschiedene Dinge sind, könnten die 'Follower diverser Ideologien' inclusive der äußerlichen Selbstoptimierer gerne in Erwägung ziehen, ihre Gehirn-Muskeln lebenslang kostenfrei zu stählen und ihr Leben mit echtem Sinn und hingebungsvoller Liebe zu erfüllen. Wie großartig wäre eine Wertschöpfung daraus.

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden