Es schien ein schmerzlicher Abschied für Chrislain Matsima aus der U21-Europameisterschaft in der Slowakei zu werden. Natürlich tat bei seiner Auswechslung in der 81. Minute im Viertelfinale gegen Dänemark seine blutende Lippe weh. Noch mehr sorgte den Kapitän der französischen U21-Nationalmannschaft aber der 1:2-Rückstand. Favorit Frankreich und damit auch der Innenverteidiger des Bundesligisten FC Augsburg standen vor dem Aus. Darum setzte der französische Trainer Gerald Baticle alles auf eine Karte, nahm seinen angeschlagenen Top-Verteidiger und einen defensiven Mittelfeldspieler vom Feld und brachte zwei Offensivkräfte. Frankreich drehte mit zwei Toren innerhalb von zwei Minuten (84./85.) das Spiel und gewann am Ende mit 3:2. Die Franzosen sind nun ein heißer Anwärter auf den Titel.
Deutschland holte bisher drei U21-EM-Titel
Im Halbfinale wartet am Mittwoch (21 Uhr) in Kosice, tief im Osten der Slowakei, aber Deutschland auf die Franzosen. Dessen Weg in das Halbfinale der besten europäischen Nachwuchs-Nationalmannschaften war noch nervenaufreibender als der Frankreichs. 3:2 nach Verlängerung hieß es nach einem wilden Viertelfinale gegen Italien. Nach dem blamablen Gruppen-Aus mit nur einem Punkt aus drei Spielen bei der EM in Georgien vor zwei Jahren ist die deutsche U21 zum fünften Mal binnen sechs EM-Endrunden ins Halbfinale eingezogen. Dreimal gewann Deutschland das Turnier.
Trainer Antonio Di Salvo formte einen Titelanwärter
Jetzt könnte Trainer Antonio di Salvo nach Horst Hrubesch (2009) und Stefan Kuntz (2017 und 2021) als dritter Hauptverantwortlicher den kontinentalen Titel mit der DFB-Auswahl sichern.

Der 46-jährige Di Salvo formte einen Kader, der nicht nur intern eine verschworene Gemeinschaft darstellt, sondern auch beweist, dass es um den nationalen Fußball-Nachwuchs nicht so schlecht bestellt scheint, wie Kritiker immer wieder vorbringen. In der Vorrunde (drei Siege, unter anderem gegen England) agierten die Spieler überraschend souverän. Gegen Italien zeigte die deutsche U21 im Viertelfinale nach dem ersten Rückstand im Turnier eine unglaubliche Resilienz.
Galionsfigur ist Jung-Nationalspieler Nick Woltemade
Hinter Galionsfigur, Jung-Nationalspieler und Torjäger Nick Woltemade (VfB Stuttgart) machen sich Spieler wie Torhüter Noah Atubolu (SC Freiburg), Rocco Reitz (Borussia Mönchengladbach), Ansgar Knauff (Eintracht Frankfurt), Paul Nebel (FSV Mainz 05) oder dessen Vereinskollege Nelson Weiper nicht nur daran, die eigentlich gute EM-Bilanz Deutschlands noch zu verbessern.

Sie gelten auch als potenzielle Kandidaten für die A-Nationalmannschaft.
Frankreich setzt auch auf Bundesliga-Spieler
Aber die Franzosen haben ebenfalls eine unheimliche Qualität im Kader, auch wenn sie im bisherigen Turnierverlauf die Nerven ihrer Anhänger nicht nur gegen Dänemark strapazierten. Ex-Bayern-Stürmer Mathys Tel (jetzt Tottenham), Djaoui Cissé (Stade Rennes) oder Castello Lukeba (RB Leipzig) gehören zu den besten Einzelkönnern des Turniers.
Der Chef im Team ist aber Kapitän Chrislain Matsima. Auf und neben dem Feld. Seine Platzwunde musste mit mehreren Stichen genäht werden. Doch gegen Deutschland wird er wie gewohnt die Defensive organisieren.
Marktwert von Chrislain Matsima über 20 Millionen Euro
Sein Vertrag in Augsburg läuft noch bis 2029. Doch niemand glaubt, dass der 23-Jährige so lange beim FCA spielen wird. Seine Entwicklung in einem Jahr in der Bundesliga ist nämlich atemberaubend. Im Sommer 2024 hatte ihn Augsburg von AS Monaco ausgeliehen. So richtig traute man den jungen Franzosen nicht zu, gleich in der Bundesliga Fuß zu fassen. Im Nachhinein war es im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert, dass FCA-Geschäftsführer Michael Ströll eine Kaufoption von vier Millionen Euro in den Vertrag implementieren konnte. Denn nach einem holprigen Start entwickelte sich Matsima zu einem der besten Innenverteidiger der Liga. Der FCA zog im Januar die Kaufoption und band Matsima bis 2029 an sich. In der Kicker-Rangliste wurde er auf Platz neun aufgenommen, als zweitbester Neuling direkt hinter Bayern-Star Eric Dier. Der Marktwert von Matsima ist auf über 20 Millionen Euro hochgeschossen. Noch glimmt beim FCA ein kleines Fünkchen Hoffnung, dass Matsima vielleicht noch ein Jahr in Augsburg bleiben könnte.
Chrislain Matsima mit beeindruckenden Werten
Doch mit jeder gelungenen Vorstellung werden die Notizen in den Notebooks der Scouts der europäischen Top-Teams länger und es wahrscheinlicher, dass ein Klub für Matsima viel Geld investiert. Bisher präsentiert sich Matsima auch in Top-Form. Fast fehlerlos agierend, wird dieser Eindruck auch von Fakten untermauert. 244 Ballkontakte, fast 91 Prozent Passquote, 16 Balleroberungen und neun geblockte Bälle sprechen für ihn.
Sollte Frankreich Deutschland ausschalten und ins Endspiel am Sonntag (gegen die Niederlande oder England) einziehen, dann böte sich für Matsima die ganz große Bühne. Im Finale stand Frankreich übrigens zuletzt 2002 (1:3 i. E. gegen Tschechien), den Titel gab es nur 1988.
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