Im Viertelfinale der Olympischen Spiele laufen die letzten drei Sekunden der Verlängerung, als David Späth zum Helden wird. Deutschland führt mit 35-34, Favorit Frankreich allerdings hat noch die Chance zum Ausgleich, weil Rechtsaußen Valentin Porte nahezu ungehindert auf das deutsche Tor zuläuft. Dort aber steht Späth, der reflexartig sein langes rechtes Bein ausfährt und den Ball aus kurzer Distanz abwehrt. Die Sensation ist perfekt - und das Fundament für die Silbermedaille, die die Mannschaft zwei Spiele später holen wird, gelegt.
Seit dem epischen Sieg gegen die vermeintlich übermächtigen Franzosen ist der erst 22-jährige Späth aus der Nationalmannschaft nicht mehr wegzudenken. Formell die Nummer zwei hinter Andreas Wolff, ist er längst mehr als der Ersatzmann, weshalb Bundestrainer Alfred Gislason ihn gerne seine „Nummer 1b“ nennt. Auch in der letzten Vorrundenpartie am Sonntagabend, als es bei Wolff nicht wirklich läuft, ist es Späth, der das Spiel nach seiner Einwechslung mit seinen Paraden entscheidet. Und wie immer, wenn er einen Fuß, eine Hand oder notfalls auch den Kopf an einen Ball kommt, feiert er sich anschließend mit einer tarzanartigen Jubelpose, den Mund weit aufgerissen, die Hände zu Fäusten geballt, ekstatisch durch den Torraum hüpfend.
Emotion und Motivation liegen bei Späth eng nebeneinander
Seine Kritiker legen ihm das gerne als übertriebene Showeinlage aus, als billiges Imponiergehabe. Er selbst aber sagt, einen gebremsten Späth werde es mit Sicherheit nicht geben. „Das gehört einfach zu mir.“ Emotion und Motivation liegen wie bei vielen Handballtorhütern auch bei ihm eng beieinander, vielleicht sogar noch etwas enger. Dabei hatte der 2,02 Meter lange Späth, den seine Eltern schon von klein auf „Devid“ nannten, weil die englische Sprechweise ihnen besser gefiel, ursprünglich als Feldspieler in der Jugend seines Heimatvereins im pfälzischen Ramstein begonnen. Bei seiner Größe, natürlich, im Rücktaum.
Ins Tor stellte er sich erst nach seinem Wechsel nach Kaiserslautern, wo ihn die Rhein-Neckar-Löwen aus Mannheim entdecken und in ihr Leistungszentrum holen. Dort unterschreibt Späth 2021 auch seinen ersten Profivertrag, Als Stammtorhüter Mikael Appelgren verletzungsbedingt ausfällt, wird der damals 18-Jährige ins kalte Wasser geworfen - und zeigt, was er kann. Zwei Jahre später ist Späth bereits Junioren-Weltmeister und ein Mann mit Zukunft im deutschen Handball. Oder gar schon einer für die Gegenwart? Bei der WM liegt er mit einer schon weltmeisterlichen Quote von 40 Prozent an abgewehrten Bällen vor Wolf mit 37 Prozent. Sogar ein Treffer gelingt ihm mit einem präzisen Abwurf ins verlassene Tor der Tschechen.
An diesem Dienstag, beim Aufeinandertreffen mit Weltmeister und Olympiasieger Dänemark, wird Gislason aller Voraussicht nach trotzdem Wolff starten lassen, seine 1a. Draußen, auf der Bank, aber wartet David Späth auf seine nächste Chance.
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