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Ingebrigtsen Prozess in Norwegen: Um was geht es?

Norwegen

Der Prozess um die Sportler-Familie Ingebrigtsen bewegt Norwegen

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    Die Ingebrigtsen-Brüder sind erfolgreiche Mittelstrecken-Läufer.
    Die Ingebrigtsen-Brüder sind erfolgreiche Mittelstrecken-Läufer. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Der Name Ingebrigtsen steht in Norwegen seit Jahren für die größten Erfolge in der Leichtathletik. Über 30 Medaillen bei internationalen Wettkämpfen haben die drei Brüder Jakob, Filip und Henrik insgesamt gesammelt. Lang- und Mittelstreckenläufer Jakob gewann erst vergangenes Jahr bei den Olympischen Spielen in Paris die Goldmedaille über die 5000 Meter.

    Berühmt in ganz Norwegen machte die Familie und insbesondere Vater und Trainer Gjert Ingebrigtsen zusätzlich eine Fernsehserie mit dem Namen „Team Ingebrigtsen“. Ein Kamerateam begleitete die Familie insgesamt neun Jahre lang. Doch die Erfolgsgeschichte der Ingebrigtens nahm in den vergangenen Jahren eine Wendung, die Norwegen aufwühlt. Erst wandten sich die Kinder von ihrem Vater ab und feuerten ihn als Trainer, seit Ende März trifft sich die Familie regelmäßig vor Gericht. Der Vorwurf: Mit körperlicher und psychischer Gewalt soll Vater Gjert Ingebrigtsen seine Kinder zu sportlichen Höchstleistungen getrimmt haben. Der 59-Jährige bestreitet die Vorwürfe und beteuert, nie Gewalt angewendet zu haben.

    Gjert Ingebrigtens steht vor Gericht: Fragwürdige Trainingsmethoden

    Der Prozess gegen den Vater und früheren Erfolgstrainer der Laufstars hat Ende März vor dem Bezirksgericht im norwegischen Sandnes begonnen. In der norwegischen Medienlandschaft wird der Prozess eng begleitet. Nahezu täglich gibt es Veröffentlichungen mit neuen, teils erschreckenden Details, die vor Gericht ausgesagt werden.

    Wie mehrere Medien zum Prozessauftakt berichteten, sagte Jakob Ingebrigtsen vor Gericht: „Meine Erziehung war sehr von Angst geprägt, alles wurde kontrolliert und für mich entschieden“. Jakob schilderte auch körperliche Misshandlungen. Mindestens 20 Mal sei er von seinem Vater am Kopf geschlagen worden, nach einem Unfall mit einem Tretroller habe der Vater ihn sogar in den Bauch getreten. „Gjert ist nicht mein Vater, sondern ein Psychopath. Irgendwann kann ich nicht mehr“, soll Jakob Ingebrigtsen im Jahr 2021 während eines Trainingslagers über seinen Vater sogar gesagt haben. Seine Physiotherapeutin trug dies im Prozess vergangene Woche vor, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten.

    Bruch mit dem Vater: Gab es Gewalt in der Familie Ingebrigten?

    Der Bruch der Kinder mit ihrem Vater wurde im Jahr 2022 sichtbar. Zunächst wurde in der Öffentlichkeit die Trennung mit dem Trainer als sportliche Entscheidung verkündet, später folgte eine Veröffentlichung in der norwegischen Tageszeitung Verdens Gang (VG). In einem Gastbeitrag schilderten Jakob, Filip und Henrik erstmals öffentlich, wie ihr Vater und Trainer sie körperlich und psychisch gequält haben soll. „Wir sind mit einem Vater aufgewachsen, der sehr aggressiv und kontrollierend war und körperliche Gewalt und Drohungen als Teil seiner Erziehung einsetzte“, schreiben die Sportler. Neben den strengen Erziehungs- und Trainingsmethoden, schreiben sie von permanentem Leistungsdruck und eigenen Versagensängsten. „Als wir jünger waren, waren wir eine große Gruppe von Geschwistern, die das gemeinsam durchgestanden haben. Jetzt ist die Situation unerträglich.“

    Zur endgültigen Trennung habe ein Vorfall mit der jüngsten Tochter geführt. Im Jahr 2022 soll der Vater seine Tochter mit einem nassen Handtuch ins Gesicht geschlagen haben. Daraufhin hätten Sie die Zusammenarbeit mit ihrem Vater beendet. Die inzwischen 19-jährige Tochter sagt neben ihren Brüdern auch vor Gericht aus. Sie hat bereits ihre Leichtathletik-Karriere beendet. Vor Gericht schilderte sie ebenfalls einen körperlichen Übergriff. Als die damals zwölf oder 13 Jahre alte Tochter ihren Pulsmesser zum Training vergaß, habe der Vater sie als „dumm“ beschimpft und mit der Hand ins Gesicht geschlagen.

    Gjert Ingebrigtsen bestreitet vor Gericht die Vorwürfe gegen ihn

    Gjert Ingebrigtsen bestreitet die Vorwürfe vor Gericht und sieht sich als übermäßig beschützenden Vater. Vor Gericht betonte er, dass er weit entfernt von einem perfekten Vater sei, aber niemals Gewalt angewendet habe. Seine Verteidiger stützen sich vor allem auf die Aufzeichnungen der TV-Serie „Team Ingebrigtsen“. In den Aufzeichnungen sei kein Fehlverhalten des Vaters zu sehen, so die Verteidigung.

    Mit Spannung wurde auch der Auftritt der Mutter der Leichtathleten vergangene Woche vor Gericht erwartet. Nachdem sie gemeinsam mit ihrem Ehemann am Gericht angekommen war, fand ihre Aussage auf ihren Wunsch unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Sie muss vor Gericht nicht gegen ihren Mann aussagen. Der Prozess ist bis zum 16. Mai angesetzt. Gjert Ingebrigtsen drohen bei einer Verurteilung bis zu sechs Jahre Haft.

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