Gegen den Jungprofi von Borussia Dortmund ermittelt der DFB-Kontrollausschuss. Im Mittelpunkt: Eine Diskussion um Integrität und Moral.
Zunächst einmal verdient Jude Bellingham jede Menge Lob. Millionenschwere Jungprofis denken doch nur an Luxuskarren, Luxusuhren oder Luxusbuden. Hätten Sie einem 18-Jährigen zugetraut, dass er sich derart gewissenhaft auf ein Spiel in der Fußball-Bundesliga vorbereitet? Dass er nicht nur Stärken und Schwächen seines Gegenspielers studiert, sondern sich sogar in die Vita des leitenden Schiedsrichters einliest?
Anders ist nicht zu erklären, dass Bellingham ziemlich detailliert über die Vergangenheit von Felix Zwayer Bescheid wusste. Dieser war 2005 in den Bestechungsskandal um Robert Hoyzer verwickelt und wurde später vom DFB-Sportgericht zu einer halbjährigen Sperre verurteilt. Weil er gegen Hoyzer aussagte, lediglich 300 Euro einsteckte, ihm aber keine aktive Manipulation nachgewiesen wurde, fiel die Strafe Zwayers milde aus. All das verheimlichte der Deutsche Fußball-Bund, jahrelang deckte er einen seiner Schiedsrichter. Die Zeit brachte die Vorgänge 2014 ans Licht. Aktuell führt die Uefa Zwayer in der Kategorie „Elite“. Er darf hoffen, als Vorzeigeunparteiischer demnächst die deutsche Gilde bei einer Weltmeisterschaft vertreten zu dürfen.
Jude Bellingham mit Blick auf Felix Zwayers Vergangenheit: "Was erwartest du?"
Das ist die Vorgeschichte der Aussage Bellinghams. Nach dem Fußball-Spektakel zwischen Dortmund und dem FC Bayern, in dem sich die BVB-Spieler massiv benachteiligt fühlten, sagte das englische Supertalent: „Du gibst einem Schiedsrichter, der schon in Spielmanipulationen verwickelt war, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?“
Eine Frage mit Zündstoff. Zwayer und den DFB holt die Vergangenheit ein. Diskutiert wird, wie integer und moralisch ein Verurteilter nach abgegoltener Strafe ist? Warum durfte Zwayer weiterhin pfeifen? Das Vertrauen in einen Polizisten, der mit Drogen gedealt hat, ist nun mal begrenzt. Andererseits: Warum sollte Zwayer keine zweite Chance verdienen? Im Hoyzer-Skandal war er eine Nebenfigur, seine Leistungen auf dem Rasen sind seitdem selten zu beanstanden.
Bellingham, so scheint es aber, hat einen empfindlichen Punkt getroffen. Gras war über die Sache gewachsen, ehe er buddelte. Am Montag leitete der DFB-Kontrollausschuss ein Ermittlungsverfahren gegen den Engländer ein und forderte ihn zu einer Stellungnahme auf. Will er eine längere Sperre vermeiden, sollte er seine Worte mit mehr Bedacht wählen als am Samstag.
Vielleicht erzählt er einfach von Luxuskarren.
Die Diskussion ist geschlossen.
Vielleicht sollten Spieler generell kurz nach einem Spiel keine - oft sinnfreien - Reporterfragen mehr beantworten. Dann kann man auch nichts "Falsches" sagen, was einem dann auf die Füße fällt.