Lange dachten alle, es sei nur eine provokante Idee. Doch jetzt steht fest: Die Enhanced Games werden kommen. Nächstes Jahr und passenderweise in Las Vegas, der Stadt der Sünden. Seitdem der Termin feststeht, läuft in den sozialen Medien eine Kampagne, um diesen „verbesserten Spielen“ den Schrecken zu nehmen. Sie seien die nächste Entwicklungsstufe unseres Körpers, heißt es da. Überall optimiere sich die Menschheit. Nur bei sich selbst lege sie Regeln an, die wahren Fortschritt unmöglich machten. Die Enhanced Games sehen sich selbst als eine Art Teilchenbeschleuniger auf dem Weg zum Supermenschen.
Ausdrücklich erlaubt ist dort, was der organisierte Sport verbietet. Die Athletinnen und Athleten dürfen mit allem dopen, was die Apotheke hergibt. Unter ärztlicher Aufsicht, natürlich. Medizinische Studien sollen alles begleiten. Zur Belohnung gibt es üppige Prämien. Eine Million für jeden „verbesserten“ Athleten, der einen Weltrekord bricht. Im Schwimmen wurde die erste Prämie schon ausgezahlt. Bald wird auch einer schneller laufen als Usain Bolt.
Die meisten Experten sind sich einig, dass das alles eine schlechte Idee ist. Für die Sportlerinnen und Sportler könnte es eine gefährliche Wette sein, die sie eingehen. Die langfristigen gesundheitlichen Risiken sind kaum vorhersehbar. Einig sind sich auch die großen Sportverbände, allen voran das Internationale Olympische Komitee. Sie verschickten in den vergangenen Tagen und Wochen diverse Stellungnahmen, dass auch jeder die Empörung registriere. Ein Angriff auf den sauberen Sport sei das. Diesem Angriff gelte es entschieden entgegenzutreten.
Mindestens so entschieden wie jenen 23 chinesischen Schwimmern, die im Vorfeld der Sommerspiele von Paris beim Dopen erwischt wurden, dann aber damit durchkamen, dass sie sich in der Hotelküche gemeinsam kontaminiert hätten. Klar, kann passieren. Oder dem Tennisstars Jannik Sinner, der nach zwei positiven Dopingtests für ganze drei Monate gesperrt wurde, praktischerweise in einer Grand-Slam-freien Zeit.
Der Sport hat schon immer sich selbst und seine Zuschauer belogen. Nur, dass die Enhanced Games nun den Scheinwerfer aus einer ungewöhnlichen Perspektive darauf richten. Wie leicht fällt es doch, mit dem Finger auf die anderen zu zeigen, obwohl man selbst keinen Deut besser ist. In Russland wurde Doping mit Geheimdienstmethoden staatlich orchestriert. In China sehen Experten ähnliche Strukturen. In vielen anderen Ländern sind Dopingkontrolleure so selten wie Einhörner. Einen weltweiten Anti-Doping-Kampf nach einheitlichen Standards gibt es nicht, Chancengleichheit Fehlanzeige. Fast schon gut, dass es jetzt die Enhanced Games gibt. Das sind die Bösen, die die selbsternannten Guten umso sauberer erscheinen lassen.
Gemeinsam haben alle den Anspruch, den Zuschauern ein Spektakel bieten zu wollen. Menschliche Höchstleistungen. Wie diese zustande kommen? Egal. So ganz genau wollte und will doch auch niemand wissen, wie zum Beispiel Usain Bolt seine Fabelzeiten fabriziert hat. Von den zehn schnellsten 100-Meter-Sprintern der Geschichte haben fast alle eine Dopinggeschichte. Nur der Schnellste nicht? Kaum zu glauben.
Spannend ist jetzt eigentlich nur noch, welche Fraktion die Zuschauer auf ihre Seite ziehen kann. Die, die offen dopt? Oder die, die sich unter dem Deckmäntelchen des Anti-Doping-Kampfes verbirgt? Ein bizarrer Wettstreit, ausgetragen auf dem Rücken der Sportlerinnen und Sportler. Und am Ende bleibt einmal mehr die Erkenntnis: Wer ehrlichen Sport sehen will, muss in die Kreisklasse gehen. Dort wird schlimmstenfalls mit einem Bier in der Halbzeitpause gedopt. Spektakel gibt es kostenlos dazu.
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