Ist die Formel 1 noch zeitgemäß?
Überall wird gesprochen vom Klimaschutz – und gleichzeitig fahren in der Formel 1 riesige Sportwagen im Kreis. Passt der Motorsport mit allem Glanz und Glamour noch in unsere Zeit?
Pro: Formel 1 ist Mannschaftssport – und das Klimaargument gilt für viele andere Sportveranstaltungen ebenso
Man muss die Formel 1 nicht mögen. Kann sie als größtmögliche Ansammlung von Egomanen bezeichnen. Weil: Ein Fahrer in dem PS-Zirkus muss zuerst an sich, dann an seine Person und dann an sich denken, wenn er eine Chance haben will, jemals den Weltmeistertitel zu holen. Und dennoch ist es auch ein Mannschaftssport. Der beste Pilot kann am Ende nicht gewinnen, wenn sein Team mit Konstrukteuren, Renn-Ingenieuren, Technikern und Mechanikern nicht funktioniert. Gepaart mit Spitzentechnologie, die über kurz oder lang Einzug in unser aller Autos gefunden hat, ist es ein faszinierender Sport auf höchstem Niveau. Es siegt nicht immer der schnellste, sondern der klügste Pilot.
Nun darf und muss die Frage gestellt werden, ob es in Zeiten von Klimaerwärmung und dem Aufrechnen von CO2-Emissionen noch zeitgemäß ist, im Kreis zu fahren, scheinbar sinnlos Benzin zu verbrennen und Tonnen von Material kreuz und quer zu einzelnen Rennen um die Welt zu fliegen. Drüber muss der PS-Zirkus nachdenken. Möglichst die Europa-Saison am Stück absolvieren oder Rennen in einer Ecke der Welt aneinanderreihen.
Wer die Formel 1 aber verbieten will, weil sie zu viele Ressourcen verschwendet, muss einen Schritt weiter denken. Dann ist auch Schluss mit der Champions League im Fußball, Basketball oder Eishockey. Unverantwortlich, wenn Woche für Woche Anhänger und Mannschaften kreuz und quer durch Europa fliegen. Eine Fußball-WM wie die nächste in den USA, Kanada und Mexiko – undenkbar. Zig Nationen und zehntausende Fans fliegen für ein paar Fußball-Spiele rund um den Globus. Angeblich erzeugt einen einzige Fußball-WM zwei Millionen Tonnen CO2-Emissionen und damit zehn mal so viel wie eine komplette Formel-1-Saison. Der Spitzensport muss auch in Umwelt-Kategorien denken. Aber es nur an der offensichtlich Benzin verbrenneden Formel-1 festzumachen, greift zu kurz. (Milan Sako)
Contra: Formel 1 ist ein Sportfossil aus einer anderen Zeit
Natürlich hat jeder Sport seine Daseinsberechtigung. Vieles von dem, was da getrieben wird, muss man nicht verstehen oder gut finden. Klar ist, dass sich die erfolgreichsten Sportarten selten durch Überkomplexität auszeichnen. Je einfacher desto verständlicher desto massentauglicher – siehe Fußball: Zwei Mannschaften, zwei Tore, ein Ball. Und los. Die Formel 1 ist ebenfalls leicht zu verstehen. Autos fahren im Kreis und irgendwann hat eines gewonnen. Muss man nicht gut finden, aber scheint den oder die ein oder andere glücklich zu machen. Spötter sagen, viele schauten nur zu, weil sie auf einen spektakulären Crash hoffen. Ähnlich wie bei den halsbrecherischen Abfahrten der Skifahrer.
Die Formel 1 – und der Motorsport generell – haben aber eine Besonderheit: Sie provozieren eine starken Abwehrreflex. Denn jedem ist doch klar, dass es in Zeiten des Klimawandels kein gutes Argument mehr dafür gibt, mit kraftstrotzenden Spritschleudern im Kreis zu fahren. Dafür, dass sie das können, müssen noch dazu hunderte Tonnen Material und Menschen kreuz und quer über den siechenden Planeten geflogen werden. In Ermangelung eines guten Gegenarguments wird also eine Doppelstrategie gefahren und erst einmal auf andere Missstände verwiesen (=Whataboutism). Was machen denn die oder die oder die, um den Planeten zu retten? Na also...
Zudem, Teil zwei der Doppelstrategie (=Greenwashing) , werde doch schon längst an Treibstoffen geforscht, die auf Bäumen wachsen. Außerdem wandeln die Boliden Bremsenergie in Strom um, mit dem man was auch immer anstellen kann. Und überhaupt: Bis 2030 soll die Formel 1 klimaneutral werden. Ehrlich. Versprochen.
Na also... Was soll denn da noch schief gehen?
Fakt ist aber, dass die Formel 1 als gigantische Dreckschleuder daher kommt. Ein Sport-Fossil aus einer Zeit, als das sinnlose Verbrennen gleichnamiger Brennstoffe noch egal war. Diese Zeiten sind aber vorbei. (Andreas Kornes)
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