Manchmal dauert es eben ein bisschen länger, wieder richtig in die Spur zu kommen. Das Mercedes-Team war in der Formel 1 erfolgsverwöhnt. Jahrelang. Lewis Hamilton feierte Sieg um Sieg, Titel um Titel. Als sich wegen Regeländerungen allerdings die Fahrzeuge veränderten und neue Ideen nötig waren die Fahrzeuge veränderten und neue Ideen nötig waren, entwickelte sich der Silberpfeil in die falsche Richtung. Plötzlich war Mercedes abgehängt. Zum Rennen in Monaco vor gut einer Woche war der Mercedes-Rennwagen runderneuert worden. Am auffälligsten: Er hat wieder deutlich erkennbare Seitenkästen.
Ein Konzept, dessen Tauglichkeit sich in Monaco angedeutet hatte und am vergangenen Sonntag in Barcelona bestätigt wurde. Auf einer Strecke, die anders als die Hatz durch Monte Carlos Häuserschluchten wirklich repräsentativ ist. Wer in Spaniens Metropole schnell ist, kann das bei vielen Rennen sein. Und Mercedes war schnell.
Zwar noch nicht so schnell wie Max Verstappen, dessen Können gepaart mit dem Red-Bull-Rennwagen derzeit für außergewöhnliche Ergebnisse sorgt. Der Niederländer fährt vorneweg – sollte nichts völlig Unerwartetes passieren, wird er am Ende der Saison seinen dritten WM-Titel bejubeln können. Für Mercedes ging es in erster Linie darum, wieder Anschluss zu schaffen. Das ist gelungen.
Russell fährt von Position zwölf auf Rang drei
Lewis Hamilton wurde am Sonntag Zweiter, sein Teamkollege George Russell Dritter. Zwei bemerkenswerte Ergebnisse, wobei Russells Leistung noch etwas höher einzuschätzen ist, war er doch von Position zwölf aus losgefahren. "Dieses Ergebnis unterstreicht all die harte Arbeit und die Anstrengungen, die in der Fabrik in diese Upgrades geflossen sind", sagte Russell, der sich in einigen Überholmanövern wieder richtig Lust am Rennfahren holte. Er weiß allerdings auch, dass ein Hoch in der Formel 1 durchaus nur von kurzer Dauer sein kann. "Die nächsten Rennen werden entscheidend sein, um zu sehen, ob wir konstant solche Ergebnisse erzielen und die Lücke zu Red Bull schließen können", sagte der Brite.
Die Verantwortlichen bei Mercedes haben früh in dieser Saison gemerkt, dass sie handeln müssen. Dass ihr Fahrzeugkonzept nicht ermöglicht, um Rennsiege zu kämpfen. Also entschieden sie, die Richtung zu ändern. "Das war ein riskanter Schritt, aber alle haben mit angepackt und wir haben ein gutes Rennauto", sagte Toto Wolff am Sonntag in Barcelona. Der Teamchef aber weiß nur zu gut, dass damit noch nichts erreicht ist. "Jetzt müssen wir einfach weiter an uns arbeiten. Wir sind ein gutes Team, wenn es darum geht, sich weiterzuentwickeln; sobald wir eine klare Richtung vor Augen haben, gehen wir dieser nach", sagte Wolff, der zugleich aber vor zu optimistischen Erwartungen warnte: "Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um Red Bull einzuholen, aber es ist gut zu sehen, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen."
Vor allem freut das Lewis Hamilton. Der 38-Jährige glaubt nach wie vor daran, seinen achten WM-Titel holen zu können, was ihn zum alleinigen Rekordweltmeister machen würde. In dieser Saison dürfte daraus nichts werden. Hamilton aber möchte nicht nur erfolgreiche Vergangenheit und mittelmäßige Gegenwart bei Mercedes sein, sondern auch die Zukunft gestalten. Er wird wohl seinen auslaufenden Vertrag verlängern. "Wir lernen mehr und mehr über das Auto und ich hoffe, dass es weiterhin so gut ist wie an diesem Wochenende", sagte er nach Rang zwei.
Schumacher leistet wichtige Entwicklungsarbeit
Eine wichtige Rolle in der Entwicklungsarbeit von Mercedes spielt Mick Schumacher. "Wir haben ein großartiges Team mit Mick, der am Freitagabend wieder im Simulator war und großartige Arbeit geleistet hat, die uns geholfen hat, am Samstag auf den richtigen Weg zu kommen", lobt etwa Hamilton. Schumacher hatte seinen Formel-1-Stammplatz vor dieser Saison verloren. Weil ihn das Haas-Team nicht mehr für gut genug befand und aussortiert hatte. Schumacher hätte gerne ein festes Cockpit bezogen, allerdings tat sich für den 24-Jährigen keine Türe auf. Mercedes holte ihn immerhin als Ersatz- und Entwicklungsfahrer.
Bis spät in die Nacht saß Schumacher in der Fabrik im englischen Brackley im Simulator und arbeitete an den Einstellungen des Rennwagens. Am Samstag flog er nach Spanien, um direkt aus der Mercedes-Box Qualifikation und Rennen verfolgen zu können. Für Schumacher sind das wichtige Gelegenheiten, um weiter zu lernen. An diesem Mittwoch wird der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher erstmals den aktuellen Mercedes testen. Reifenhersteller Pirelli hat zu Testfahrten geladen, diese Aufgabe in Barcelona wird Schumacher übernehmen.