Klar gibt es nur einen Rudi Völler. Wobei es angesichts der Nachfrage, die es im deutschen Fußball nach ihm gibt, tatsächlich nicht schlecht wäre, wenn mindestens zwei Exemplare von ihm auf Lager wären. Völler ist nationales Kulturgut, beliebt wie kaum jemand sonst. Er war oder ist aber auch Rudi Nationale, Rudi der Wüterich, Rudi der Italiener und Mann für alle Notlagen, speziell beim DFB. Am Sonntag wird er 65 Jahre alt – Grund genug, alle Rudis unter die Lupe zu nehmen.
Rudi, der Torjäger: In der ersten Saison für Werder Bremen schon Fußballer des Jahres
Welchen Marktwert Rudolf, genannt Rudi, Völler wohl heute hätte? Ist natürlich reine Spekulation. Die für damalige Verhältnisse aber schon stolze Summe von einer Million D-Mark, für die der damals 22-Jährige im Sommer 1982 vom Zweitligisten 1860 München zu Werder Bremen wechselte, war aber eine exzellente Investition für die Norddeutschen. In seiner ersten Bundesligasaison in Grün-Weiß wurde Völler schon Fußballer des Jahres, machte im selben Jahr bei der 0:1-Pleite Nordirlands das erste von 90 Länderspielen. Über Bremen ging es nach Rom und Marseille zu Leverkusen. Dem Werksklub lieh Völler etwas von seinem Charisma, blieb über 20 Jahre in verschiedenen Funktionen. Und in München ärgert man sich bis heute, dass Völler nie für die Bayern spielte, obwohl er bei den Löwen doch vor der Haustüre kickte und zu Bundeswehrzeiten eine Fahrgemeinschaft mit Walter Hainer, Bruder des heutigen Bayern-Präsidenten Herbert Hainer, gebildet hatte. Die reinen Zahlen der Vereinskarriere: 315 Tore in 671 Pflichtspielen. Nur Meister ist Völler nie geworden. Dafür eben Weltmeister.

Rudi Nationale: Vom Platzhalter zum Nationaltrainer und Sportdirektor Völler
Das wehende Haupthaar, der verwegene Schnurrbart – so ging es in Schwarz-Rot-Gold auf Torejagd. Völler war Teil der Weltmeistermannschaft 1990 und holte den Elfmeter heraus, den Andi Brehme im Finale gegen Argentinien zum Sieg verwandelte. Er lieferte sich nicht nur im Achtelfinale gegen die Niederlande einen Kampf mit Frank Rijkaard, traf in 90 Länderspielen 47-mal, ließ sich zur WM 1994 nochmals beknien, den Rücktritt vom Rücktritt aus der Nationalelf zu wagen. Sich für den Einsatz beim DFB bequatschen zu lassen – auch das sollte zu einem Muster in seiner Karriere werden. 2000 sollte Völler eigentlich nur der Platzhalter für Bundestrainer Christoph Daum werden und blieb es nach dessen Kokain-Skandal vier Jahre lang. Als Völler sich nach dem Ausscheiden als Geschäftsführer bei Bayer Leverkusen eigentlich schon auf dem Altenteil wähnte, berief ihn der DFB zuerst in eine Taskforce, um einen Sportdirektor zu finden - und machte Völler dann gleich zum Sportdirektor. Er saß ja praktischerweise schon am Tisch. An dem Job findet er so viel Gefallen, dass er am Mittwoch bis 2028 verlängerte.

Rudi, der Römer: Spieler der Saison und Publikumsliebling beim AS Rom
Die Zeit beim AS Rom, für den er von 1987 bis 1992 auflief, bezeichnet Völler bis heute „als schönste Zeit meiner Karriere“. Und das, obwohl er in seiner ersten Saison überhaupt nicht in den Tritt kam und als Fehleinkauf galt. In seiner ersten Saison erzielte er nur drei Tore, kam dann in seiner zweiten Spielzeit aber richtig in Fahrt. Nach einer fulminanten zweiten Saison wählten ihn die Fans der Roma zum besten Spieler der Saison, zeitweise führte er die Mannschaft als Kapitän aufs Feld - eine hohe Auszeichnung in einer Zeit, in der nur drei Nicht-Italiener auflaufen durften, zumal die Serie A als damals stärkste Liga der Welt galt. Völler fand in Italien auch das Glück seines Lebens, mit der Römerin Sabrina ist er seit 1995 in zweiter Ehe verheiratet. Als die Roma ihn im Sommer 2004 als Trainer berief, kehrte Völler nochmals in die ewige Stadt zurück, Roma-Legende Francesco Totti hatte höchstpersönlich hatte für ihn geworben. Die Rückkehr geriet aber wenig erfolgreich, nach fünf Spielen schmiss Völler entnervt hin und kehrte nach Deutschland zurück.

Rudi, der Wüterich: Trotz Ausrastern bleibt Völler sehr beliebt
Völler gilt als authentisch, ehrlich und liebenswürdig – aber er kann auch anders. Wenn der Jähzorn bei ihm Bahn bricht, muss es raus. Also zum Beispiel, dass Waldemar Hartmann 2003 nach einem Länderspiel auf Island im ARD-Studio nach Ansicht Völlers schon mit zwei Weißbier sitzt und Völler „die Scheiße nicht mehr hören“ kann, die die TV-Experten Günter Netzer und Gerhard Delling zuvor verbreitet hatten. Als Sportdirektor bei Bayer fragte er den Sky-Reporter in einer Krise schon mal, welchen Trainer sie denn jetzt bitteschön verpflichten würden und auch sein heutiger Geschäftsführer beim DFB, Andreas Rettig, bekam schon sein Fett weg. Der sei „Schweinchen Schlau“, sagte Völler einst wegen eines Vorschlags zur 50+1-Regel des damaligen Geschäftsführers des FC St. Pauli. Rettig, der seinen aktuellen Vertrag beim DFB ausgearbeitet hatte, blickt gegenüber unserer Redaktion mit Humor auf die verbale Auseinandersetzug zurück: „Wie man bei einer Vielzahl solch öffentlicher Unflätigkeiten so beliebt sein kann, ist mir ein Rätsel. Aber zum Glück gibt es nur einen Rudi Völler. Und den schätze ich außerordentlich.“

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