Big-Air-Schanze bei Olympia: Ein ganz spezieller Ort
Die Big-Air-Schanze bietet wohl die spektakulärsten Wettkämpfe dieser Spiele. Auch weil sie in einem ehemaligen Industriegebiet steht. Eine Deutsche verkauft sich recht gut.
Einmal muss man hier gewesen sein. In diesem ehemaligen Stahlwerk, das bereits vor den Olympischen Sommerspielen 2008 geschlossen worden war. Alte Fabrikhallen stehen noch, Gerüste von Bauten, deren ursprünglicher Zweck nicht mehr zu erkennen ist. Im Hintergrund ragen vier Kühltürme in die Höhe. Und davor die Big-Air-Schanze, jenes Ungetüm, auf dem am Mittwoch die Snowboarder ihre Kunstsprünge zeigten. Es war ein spektakulärer Wettbewerb, den die Österreicherin Anna Gasser gewann. Die 30-Jährige hatte schon vor vier Jahren in Pyeongchang triumphiert. Nun also wieder. Und das in dieser spektakulären Kulisse.
Von dort oben, dem Startpunkt vor dem Absprung, schauen die Starterinnen auf einen künstlich angelegten See. Links von ihnen thront ein Tempel auf einem Hügel. Der Blick aber geht nach unten, auf den Kicker und den Landehügel. Dort, wo der Sprung sicher gestanden werden soll. Das ist das Ziel. Bei aller Kunst, allen Verrenkungen, geht es darum, nicht in den Schnee zu fallen. Sonst sind die Punkteabzüge gewaltig.
Gasser bekommt diese Herausforderung in ihren drei Versuchen am besten hin. Sie wird Olympiasiegerin. Ein Gefühl, das sie kennt. Dennoch sagte sie: „Es wird etwas dauern, bis ich das realisiert habe. Damit habe ich heute nicht gerechnet.“ Vor vier Jahren war sie die große Favoritin. Hätte sie damals nicht gewonnen, sie wäre enttäuscht gewesen. Diesmal überraschte sie sich selbst mit 185,50 Punkten vor Zoi Sadowski Synnott aus Neuseeland (177,00) und der Japanerin Kokomo Murase (171,50).
Die Big-Air-Wettbewerbe bei den Frauen hätten sich enorm entwickelt, meinte Gasser. Das Niveau sei stetig gestiegen. So versuchte sich die Japanerin Reira Iwabuchi an einem besonders spektakulären Sprung. Sie stürzte, dennoch freuten sich die Kolleginnen mit ihr und jubelten ihr im Zielraum aufmunternd zu. Keine hatte sich zuvor an den Front Triple 1260 herangewagt. Iwabuchi schon – auch wenn sie ihn nicht stehen konnte und schmerzhaft im Schnee landete.
Auch eine Deutsche überzeugt bei Big Air in Peking
IOC-Präsident Thomas Bach saß auf der Tribüne. Er war in das ehemalige Industriegebiet, rund 45 Minuten vom olympischen Zentrum am Vogelnest-Stadion entfernt, gefahren. Er sah waghalsige Sprünge. Seit 2018 ist die Big-Air-Veranstaltung der Snowboarder Teil des olympischen Programms. Die Zuschauer in Peking waren begeistert. Sie winkten und klatschten. Die mutigen Frauen hatten überzeugt. Auch die Deutsche Annika Morgan. Sie hatte sich für das Finale qualifiziert, am Ende wurde sie mit 88,00 Punkten Zehnte. Zwei Versuche gingen daneben, in der Qualifikation war sie noch auf Rang acht gelandet. Trotz allem war die 20-Jährige zufrieden.
Glücklich stand sie im Zielraum. Immer wieder schaute sie hinauf auf dieses mächtige Bauwerk. Ihr hatten die Wettkämpfe gefallen. Auch wenn die Bedingungen schwer waren. Kälte und eine harte Piste setzten ihr zu. „Ich bin traurig, dass es schon vorbei ist“, sagte Morgan, „ich freue mich schon auf die nächsten Olympischen Spiele.“
Deutsche Snowboard-Mannschaft fährt ohne Medaille nach Hause
Und auf eine Rückkehr nach Peking. Schon vor zwei Jahren hatte ihr hier der Wettkampf sehr gefallen, nun wieder. Einen Wunsch aber hatte sie: „Hoffentlich dann eher im Frühling, wo es etwas weicher ist, dann traue ich mir noch mehr zu.“
Die Snowboard-Wettkämpfe sind beendet. Das deutsche Team muss ohne Medaille nach Hause. Vor allem im Snowboardcross oder Parallel-Riesenslalom waren die Erwartungen hoch. Zumindest Morgan hat sie erfüllt. An einem speziellen Ort dieser Winterspiele. Entstanden durch den Kemptener Dirk Scheumann, den Bauherrn dieser Anlage mit seinem weltweit agierenden Unternehmen Schneestern.
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