Wieder enttäuschend: Snowboarder kommen nicht in Fahrt
Martin Nörl war als Favorit zu den Olympischen Spielen gekommen, scheidet aber bereits im Viertelfinale aus. Allerdings unverschuldet, auch wenn er das anders sieht.
Martin Nörl ist ehrlich. Er könnte es sich einfach machen. Von wegen umgefahren worden und ohne Chance. War eigentlich auch so, als der deutsche Snowboardcrosser in seinem Viertelfinale mit dem US-Amerikaner Mick Dierdorff kollidiert war. Dierdorff war gestürzt und somit Nörl im Weg gelegen. Keine Chance also, den Unfall zu vermeiden. Nörl aber meint: „Ich würde nicht sagen, dass es unverschuldet war. Wäre ich vorne gefahren, würde keiner in der Strecke liegen.“ Wäre der 28-Jährige also nach einem schwachen Start nicht an dritter, sondern an erster Position im Kurs gewesen, alles wäre gut gegangen. So aber war einer der großen Favoriten früh raus. Für die deutschen Snowboarder ist es der nächste Rückschlag, nachdem auch im Parallel-Riesenslalom niemand in den Finalläufen dabei war.
Für Nörl war es eine Enttäuschung. Er hatte zuletzt im Weltcup dominiert. Die Erwartungen vor den Olympischen Spielen waren also groß. Von ihm selbst, aber auch von der Öffentlichkeit. „Ich habe das auch von daheim mitbekommen“, sagte Nörl. Viele Menschen würden jetzt auf Snowboardcross schauen. Alle vier Jahre taucht auch diese Sportart aus der Abgeschiedenheit des Weltcups im Interesse der Öffentlichkeit auf. Umso wichtiger ist es, bei Olympischen Spielen erfolgreich zu sein. Diesmal ist es den deutschen Startern nicht gelungen. Olympiasieger wurde der Österreicher Alessandro Hämmerle vor dem Kanadier Eliot Grondin und Omar Visintin aus Italien.
Bei Olympia treten jeweils vier Snowboardcrosser gegeneinander an
Beim Snowboardcross treten bis zu sechs Athleten gegeneinander auf einer Strecke aus Sprüngen und Kurven an. Bei Olympia sind allerdings nur vier Starter in einem Lauf. Es gibt mehr Platz, die Strecken sind besser präpariert. Genau das hat Umito Kirchwehm so gut gefallen. Er war ebenso wie Nörl im Viertelfinale ausgeschieden, damit aber als Neuling zufrieden. Anders als Nörl.
„Ich bin natürlich enttäuscht“, sagt er. Ebenso wie Paul Berg. Beide wohnen mittlerweile in Sonthofen, das Allgäu ist zu ihrem Lebensmittelpunkt geworden. Beide sind überdurchschnittlich gute Snowboardcrosser. Nur bei Olympia, da will es nicht klappen. Berg ist am Donnerstag gleich in der ersten Runde gescheitert. Der 30-Jährige wird in seinem Achtelfinale Dritter. Nur die zwei schnellsten kommen in die nächste Runde. Berg ist früh raus. Den Rest des Wettbewerbs verfolgt er von außen. Auf seinem Gang an den TV-Kameras vorbei, hält er kurz inne. Er schaut sich das Achtelfinale von Kirchwehm an. Er feuert ihn an, am Ende streckt er die Fäuste in den Himmel. Kirchwehm kommt weiter. Eine Runde später ist aber auch für ihn Schluss.
Der Olympia-Parcours in China ist wenig spektakulär
Für Berg sind es die dritten Olympischen Spiele. 2014 in Sotschi und 2018 in Pyeongchang war er ebenfalls früh gescheitert. Damals allerdings ohne eigenes Verschulden. Er war in beiden Rennen umgefahren worden. Berg hatte also mit Olympia noch eine Rechnung offen. Seine Vorbereitung aber war nicht ideal. Er hatte sich vor einigen Monaten den Knöchel gebrochen und das Sprunggelenk schwer verletzt. Erst vor wenigen Wochen war er in den Weltcup zurückgekehrt – mit drei Schrauben im Sprunggelenk und mit einem vierten Platz gleich vielversprechend. Am Donnerstag kann er daran nicht anknüpfen. „Ich bin schon enttäuscht, ich hätte es drin gehabt, weiterzukommen“, sagt der 30-Jährige. Er muss noch Schmerzmittel nehmen, um überhaupt fahren zu können. Am meisten fehlen ihm aber die Trainings- und Rennkilometer in diesem Winter. Kein Trockentraining ersetzt die Praxis auf der Strecke.
Der Parcours in China ist wenig spektakulär. Kaum Sprünge, kein großes Risiko für die Athleten – das war bei Olympischen Spielen schon einmal anders. Es ist also eine Abkehr davon, die Sportart in Richtung noch mehr Spektakel zu entwickeln. „Für mich und meinen Fuß ist das gut“, sagt Berg. Zu einfach aber dürften die Strecken nicht werden. „Wir wissen, dass wir eine Risikosportart betreiben“, sagt der 30-Jährige. Wichtig sei es, einen Mittelweg zu finden.
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