Die wertvolle Plakette liegt in einem dunklen Samttäschchen. Als Noah Hegge sie herausnimmt, ist schnell zu sehen, dass auch an ihr der Zahn der Zeit überraschend schnell genagt hat. Der ursprüngliche Glanz ist einem matten Schleier gewichen, manche Stellen sind dunkel eingefärbt. Den Augsburger Kanuten ficht das nicht an, „ich finde das nicht dramatisch“, sagt er entspannt. „Was man merkt, ist, wie die Leute reagieren, die die Medaille zum ersten Mal sehen. Da gibts dann schon eine gewisse Überraschung oder Verwunderung.“ Ihm selbst falle deren Zustand gar nicht mehr auf. „Ich kenne sie ja eigentlich gar nicht anders, denn sie sah sehr schnell so angelaufen aus. Das macht sie ja auch ein bisschen individuell.“ Schon in Paris, wo Hegge im Kajak-Cross Dritter wurde, habe er bei anderen Sportlern Exemplare gesehen, die deutlich ramponierter daher gekommen seien. „Da ist meine noch einigermaßen verschont geblieben.“
In jeder olympischen Medaille steckt ein Stückchen Eiffelturm
Dieser Tage macht eine Meldung die Runde, in der es um den teils erbärmlichen Zustand vieler olympischer Medaillen der Sommerspiele von Paris geht. Die Nachrichtenagentur AP hatte als Erstes berichtet, dass die zuständige Pariser Münzprägeanstalt die betreffenden Medaillen nun austauschen wolle. Das entsprechende Lackierverfahren sei geändert und optimiert worden. „Die beschädigten Medaillen werden von der Monnaie de Paris systematisch ersetzt und in gleicher Weise wie die Originale graviert“, zitierte AP aus einer Mitteilung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Mehr als 100 Medaillen sollen schon eingetroffen sein, darunter vor allem solche aus Bronze. Insgesamt 5084 Plaketten waren für die Olympischen und Paralympischen Spiele hergestellt worden, in jeder befindet sich ein Stückchen des Eiffelturms.

Zahlreiche Anrufer erkundigten nach der Medaille
Der Kanute Noah Hegge will seine Medaille nicht umtauschen. „Für mich ist sie das Endprodukt einer langen Reise. Der Weg und die Emotionen, die man auf dem Weg erlebt hat, sind mehr wert. Außerdem wurde sie mir damals überreicht und jetzt wieder eine ganz frische zu bekommen wäre auch irgendwie komisch.“ Die Umtauschaktion habe er zuerst ohnehin nur für ein Gerücht gehalten. Doch als dann ständig sein Telefon klingelte und Freunde fragten, wie denn seine Medaille aussehe und ob er sie auch tauschen werde, habe er es irgendwann doch geglaubt.
Vielleicht ist Hegges Medaille auch deshalb noch in einem vergleichsweise guten Zustand, weil sie normalerweise in dessen Wohnung in einem Schrank liegt. „Von meiner Mama habe ich eine kleine Tasche bekommen, in der ich sie auf Termine mitnehmen kann. Ansonsten hat sie keinen besonderen Platz“, erzählt der Kanute.
Vielleicht kommt in Los Angeles noch eine Medaille dazu
Gut möglich aber, dass die Sammlung 2028 Zuwachs bekommt, wenn in Los Angeles die nächsten Olympischen Sommerspiele anstehen. Nach dem vergangenen Sommer habe er zwar ein bisschen Zeit gebraucht, um alles zu verarbeiten, erzählt Hegge. „Aber schon in Paris hatte ich mit meinem Team und den Leuten drumherum so eine gute Zeit, und es wäre schön, die Emotionen, die wir da erlebt haben, noch einmal zu erleben. Olympische Spiele sind einfach etwas Besonderes, und ich hätte schon Bock, noch einmal dabei zu sein.“ Und vielleicht sind die amerikanischen Medaillen dann auch ein bisschen langlebiger als die französischen.
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