Mit der riesigen Magnum-Proseccoflasche ging Georg Zimmermann auf dem Siegespodest nach dem Gewinn der Abruzzen-Rundfahrt durchaus vorsichtig um. Zum einen, weil der 27-jährige Augsburger Radprofi in seiner Karriere bisher noch nicht so viele Erfahrungen mit diesen Zeremonien hat, der Gesamtsieg nach den vier Etappen in Mittelitalien war sein erster als Radsportler.
Biniam Girmay verletzt sich mit einem Sektkorken beim Giro d‘Italia
Zum anderen, weil sich sein Team-Kollege Biniam Girmay 2022 nach seinem ersten Sieg bei einer Giro-Etappe den Sektkorken ins Auge schoss und den Giro danach aufgeben musste. „Das war mir eine Lehre“, erzählte Biertrinker Zimmermann ein paar Tage später.
Taktische Meisterleistung in den Abruzzen
Aber auch so gelang die Sektdusche und die Freude über den Triumph am Karfreitag war auch ohne ekstatische Feier für den König der Abruzzen, wie ihn Eurosport gleich taufte, riesengroß: „Es war ein super tolles Gefühl da oben und ich bin schon stolz auf mich.“ Sein Sieg war eine taktische Meisterleistung des ganzen Teams. Die Entscheidung fiel auf der dritten Etappe, der Königsetappe, als sich Zimmermann am letzten Anstieg hinauf nach Rocooaraso auf 1650 Metern Rang zwei und damit die Führung im Gesamtklassement sicherte.´„Ich wusste, wenn ich die Gesamtwertung gewinnen will, musste ich ein paar Sekunden gewinnen und der Plan ging auf.“
Sieger Edison Callejas war im Gesamtklassement zu weit hinten, den ließ Zimmermann gewähren, doch im Dreikampf mit David de la Cruz (O36.5.) und Pablo Torres (UAE) war Zimmermann ausgebuffter und fitter. Er fuhr sechs Sekunden davon, holte sich noch sechs Sekunden Zeitgutschrift.
Sein Team von Intermarche-Wanty führt Georg Zimmermann zum Sieg
Am Ende waren es vor dem Schlusstag elf Sekunden Vorsprung. Und da hatte Intermarché-Wanty dann keine Probleme, seinen Kapitän zum Sieg zu führen. „Mein Team war absolute Weltklasse. Mit Louis (Meintjes) hatte ich einen Helfer, der dreimal bei der Tour schon unter den Top Ten der Gesamtwertung war. Der hatte eine Power und Erfahrung, die mir wahnsinnig geholfen hat“, war Zimmermann von der Arbeit seiner Kollegen begeistert.
Der Teamfahrer stand endlich einmal im Mittelpunkt. Wie bei seinem bisher einzigen Sieg in der World Tour, der ersten Liga des Radsports, auf der sechsten Etappe beim Critérium du Dauphiné 2023 oder bei seinem zweiten Platz bei der zehnten Etappe der Tour de France im selben Jahr. „Ich bin jetzt 27. Kommt nicht so oft vor, dass man so etwas Einmaliges erlebt“, erklärte Zimmermann.
Tudor-Profi Marco Brenner ist enttäuscht
Ganz anders war die Gefühlslage beim zweiten Augsburger Teilnehmer, Marco Brenner. Zwar belegte der 22-Jährige im Endklassement Platz sechs, doch damit war der Profi aus dem Schweizer Rennstall Tudor Pro Cycling gar nicht zufrieden. „Ich bin richtig enttäuscht. Ich bin mit einer super Verfassung an den Start gegangen. Auf den ersten zwei Etappen lief es super. Vor der Königsetappe war ich im Gesamtklassement von den Bergfahrern her in der Pole-Position. Doch dann haben wir es taktisch versemmelt.“ Brenner hielt sich beim entscheidenden Fluchtversuch von Zimmermann und Co. zurück, das Team schickte nur Mathys Rondel mit. Ein Fehler.
Das Hauptfeld war chaotisch organisiert, machte keine Anstalten, die Verfolgergruppe einzuholen. Und alleine war Brenner auf dieser Etappe machtlos. Die Chance auf den Gesamtsieg war vertan. „Ich hatte die Beine, mitzufahren, aber mir waren die Hände gebunden. Aber wenigstens hat Georg gewonnen. Ich bin happy, dass er den Sieg nach Augsburg geholt hat“, freut sich Brenner mit seinem Kollegen.
Beide Augsburger starten bei Lüttich-Bastogne-Lüttich
Den wird er am Samstag beim Klassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich wiedersehen. Zuvor fährt Brenner am Mittwoch noch La Fleche Wallonne. Dieses belgische Traditionsrennen lässt Zimmermann aus. Am Samstag beim Amstel Gold Race in den Niederlanden war Zimmermann 31. geworden. Intermaché braucht aber einen fitten Zimmermann in Lüttich, nicht unbedingt als Siegfahrer, mehr für ein starkes Team. Und dafür arbeitet Zimmermann seit Freitag umso lieber.
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