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Sieg gegen Leverkusen im DFB-Pokal: Bielefelds Fahrstuhlteam kennt keinen Stillstand

DFB-Pokal

Nach sensationellem Einzug ins DFB-Pokalfinale: Bielefeld träumt von Europa

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    Joel Grodowski sollte an diesem Abend nicht der einzige Bielefelder bleiben, der mit alkoholischen Getränken hantierte.
    Joel Grodowski sollte an diesem Abend nicht der einzige Bielefelder bleiben, der mit alkoholischen Getränken hantierte. Foto: Ulrich Hufanagel, Witters

    Als Bielefeld am Morgen nach der unbändigen Freude und den Feiern bis tief in die Nacht erwachte, galt es zu überprüfen, ob all das wirklich wahr ist. In Chat-Gruppen reichten Fans Belege herum, von Zeitungsartikeln über Fotos und Videos vom Beben der Alm. Es galt, sich zu versichern, dass ihre Arminia wenige Stunden zuvor tatsächlich 2:1 gegen den Titelverteidiger und Meister Leverkusen gewonnen hatte, und zwar genauso verdient in 90 Minuten wie zuvor gegen die anderen Bundesligisten Union Berlin (2:0), Freiburg (3:1) und Bremen (2:1). Als erster Drittligist haben die Bielefelder vier Bundesligisten aus dem Wettbewerb geworfen. Nun können sie der erste Drittligist werden, der den DFB-Pokal gewinnt und sich für die Europa League qualifiziert. Arminias Fans singen davon schon seit Wochen. Spätestens seit Dienstagabend glauben sie auch daran, dass diese absolute Krönung im Pokalfinale am 24. Mai in Berlin folgen könnte.

    Wenn sich nur ein Teil dessen bewahrheitet, was auf den Partys in den Kneipen nach dem Coup gegen Leverkusen besprochen und geplant wurde, dann kann sich die Hauptstadt auf fast schon schottische Verhältnisse gefasst machen. Wie man es schaffe, die Alm mitzunehmen nach Berlin, war Arminias Trainer Mitch Kniat auf der Pressekonferenz gefragt worden. „Wird schwer“, sagte der 39-Jährige zunächst lachend, doch er könne sich „gut vorstellen, dass wir auch da den Vorteil nutzen können und mehr Fans haben im Stadion.“ Er sagte: „Ich glaube, wir werden da mit ganz Bielefeld anreisen, und ich bin gespannt, ob es da so viele Hotelzimmer gibt.“ Spätestens dann wird die Legende von der 340.000 Einwohner zählenden Stadt, die es angeblich gar nicht gibt, endgültig begraben werden können.

    Die Geschichte der Arminia Bielefeld stiftet Zuversicht über den Sport hinaus

    Der Erfolg der Arminia ist eine Geschichte für alle Fußballromantiker, weit über Bielefeld und Ostwestfalen hinaus. Es ist eine Geschichte, die kitschig daherkommt, aber auch Zuversicht stiftet über den Sport hinaus. Sie erzählt von Kräften, die im Fußball und Leben immer noch zumindest punktuell mehr bewirken können als Macht und Geld oder eben die Finanzkraft eines großen Konzerns und seiner Werkself. Entgegenzusetzen hatte die Arminia einen Plan und den Glauben daran sowie ganz viel Zusammenhalt und Leidenschaft. Hinzu kam eine Atmosphäre im Stadion, die der Siegtorschütze Maximilian Großer „Wahnsinn“ nannte. Was er nach dem Abpfiff gedacht habe? „Gar nichts, ich war einfach nur geschockt. Mir kamen die Tränen, weil das ist einfach unfassbar.“

    In der Tat gibt es in der Stadt eine enorme Identifikation mit der Arminia, die wie ein Kitt quer durch die Bevölkerung wirkt. Bielefeld ist Arminia und Arminia ist Bielefeld. Wer in dieser Stadt aufwächst oder lebt, kann kaum anders, als mit diesem Klub mitzufiebern. Es ist ein Trotz, der immer Bestand hat, auch dann, wenn der Traditionsverein die Nerven des Anhangs mal wieder überstrapaziert. Wie mit der maßgeblichen Rolle im Bundesligaskandal, mit wirtschaftlichem Dilettantismus oder dem Pendeln zwischen den Extremen durch mehrere Durchmärsche von der dritten in die erste Liga und Abstürze in die Gegenrichtung. Wie zuletzt, als Bielefeld von der Bundesliga 2022 binnen drei Jahren beinahe bis in die viertklassige Regionalliga durchgereicht wurde. Es ist für diesen Klub nur konsequent, dass er ein Jahr später mit dem Einzug ins Finale des DFB-Pokals den größten Erfolg seiner Geschichte feiert, passend zum 120. Klubgeburtstag am 3. Mai. Aber auch jetzt müssen mit den Pokaleinnahmen von fast zehn Millionen Euro vor allem Löcher gestopft werden.

    Bielefelds Sieg gegen Leverkusen im DFB-Pokal war kein Zufall

    Ein Zufall war der Coup gegen Leverkusen genauso wenig wie die Siege gegen Union, Freiburg und Bremen. Dabei schien es zunächst, als sei Leverkusen eine Nummer zu groß für die Arminia. Doch obwohl Leverkusen anfangs besser war und durch Jonathan Tah in Führung ging (17.), kam Bielefeld zurück. Zunächst glich Marius Wörl mit seinem dritten Pokaltor dieser Saison aus (20.), ehe Louis Oppie einen Freistoß so scharf vors Tor flankte, dass Großer nur den Fuß hinhalten musste (45.+3). Erstaunlich war, dass es die Bielefelder mit ihrem mutigen Attackieren der Aufbauspieler in der Verteidigung und im defensiven Mittelfeld schafften, Leverkusen völlig vom gewohnten Kombinationsstil abzubringen. „Fast nichts hat funktioniert“, klagte der Bayer-Coach Xabi Alonso später.

    Leverkusen bleibt die Hoffnung, in der Bundesliga den Titel zu verteidigen. Für die Arminia steht sogar ein Triple in Aussicht. Der Aufstieg in die zweite Liga wäre der substanziell wichtigste Erfolg, zudem haben die Bielefelder das Finale des Westfalenpokals erreicht, dessen Termin nun vom 24. Mai verlegt werden muss. Doch emotional wäre für die Fans und den Verein ein weiterer Coup im DFB-Pokal und damit Reisen durch Europa die absolute Krönung einer schon jetzt historischen Arminia-Saison.

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