Bewegender Abschied: Zehntausende würdigen Enke
Hannover (dpa) - Weiße Rosen, bewegende Worte und viele Tränen: Bei einer emotionalen Zeremonie haben etwa 40 000 Menschen Abschied von Robert Enke genommen.
Mit klassischer Musik und Ansprachen wurde in der größten Trauerfeier der deutschen Sportgeschichte des Nationaltorwarts gedacht, der sich 10. November im Alter von 32 Jahren das Leben genommen hatte. Der Sarg Enkes war im Mittelkreis des Stadions in Hannover aufgebahrt. Seine Witwe Teresa saß mit Familienangehörigen und Freunden auf einem am Spielfeldrand aufgebauten Podest. DFB-Kapitän Michael Ballack und der aus Hannover stammende Nationalmannschaftskollege Per Mertesacker legten einen Kranz nieder. Alle Nationalspieler verneigten sich am schlichten Holzsarg, der von Blumengebinden und einem Herz aus weißen Rosen umgeben war.
Fünf Fernsehstationen übertrugen live, die Trauerfeier für den Schlussmann hatte Dimensionen eines Staatsbegräbnisses. DFB-Präsident Theo Zwanziger appellierte in seiner Rede an die Menschlichkeit und forderte einen Blick über den Sport hinaus. "Denkt nicht nur an den Schein. Denkt auch an das, was in den Menschen ist, an Zweifel und Schwäche", sagte Zwanziger. Alle seien aufgerufen, nach der Trauer das Leben in Maß und Balance mit Fairplay und Respekt zu gestalten. Das Kartell "der Tabuisierer und Verschweiger" müsse durchbrochen werden, dazu beitragen müssten auch die Fans.
Die ersten Trauergäste warteten bereits seit 5.00 Uhr früh vor dem Stadion. Es bildeten sich lange Warteschlangen. Die 17 Jahre alte Schülerin Alina Schmidt sang vor zahlreichen Spitzenvertretern des deutschen Fußballs das Vereinslied von Hannover 96 "Alte Liebe" in einer einfühlsamen, melodischen Version und wurde dafür mit sanftem Applaus bedacht. Den gleichen Song hatte sie auch zum Saisonauftakt gesungen, als Robert Enke im 96-Tor stand.
Bundestrainer Joachim Löw und die Führungsspitze des Deutschen Fußball-Bundes, Ligapräsident Reinhard Rauball, Franz Beckenbauer, Jürgen Klinsmann, Rudi Völler und frühere Nationalspieler wie Jens Lehmann oder Christoph Metzelder gehörten zu den Gästen. Alle Bundesliga-Clubs waren mit einer Delegation anwesend. Aus dem Ausland kamen Vertreter von Enkes früheren Clubs Benfica Lissabon und FC Barcelona. Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière und der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder erwiesen Enke die letzte Ehre.
Martin Kind, Vereinspräsident von Hannover 96, pries Enkes sportliche Leistungen an und hob zudem die menschlichen Qualitäten des Torhüters hervor, der seit 2003 an Depressionen gelitten, seine Erkrankung aber vor der Öffentlichkeit geheim gehalten hatte. "Es war ein Geschenk, dass Robert einer von uns war, leider viel zu kurz", sagte Kind.
Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff hoffte in seiner Ansprache auf eine Veränderung in der Gesellschaft und würdigte besonders Teresa Enke. "Was Sie durchlitten haben, können wir nur erahnen. Der warmherzige Beifall hat gezeigt, dass wir bei Ihnen sind", sagte Wulff. Für die offenen Worte einen Tag nach dem Tod ihres Ehemannes bei einer im TV übertragenen Pressekonferenz, drückte er seine Hochachtung aus. Die Trauergäste erhoben sich von ihren Sitzen und spendeten langanhaltenden Applaus. Auch Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil wünschte Teresa Enke die Kraft, gemeinsam mit der erst wenige Monate alten Tochter Leila neuen Lebensmut zu finden.
Nach der Andacht von Pfarrer Heinrich Plochg wurde der Sarg Enkes zum Song "The Rose" in der Version von Leann Rimes und dem erneut von Alina Schmidt vorgetragenen Fußball-Kultlied "You'll never walk alone" von Vereinskollegen des Torwarts aus dem Stadion getragen. Dazu wurden auf der Video-Leinwand Bilder und Glanzparaden Enkes eingespielt. Im Anschluss an die Trauerfeier ist Robert Enke ist auf dem Friedhof in Empede bei Neustadt am Rübenberge (Region Hannover) beerdigt worden. Er wurde neben seiner 2006 gestorbenen Tochter Lara beigesetzt.
Hunderte Menschen - darunter viele Kinder und Jugendliche mit Fan-Schals - säumten bei strömendem Regen die Straßen des Dorfes, als die Trauergesellschaft zur Beisetzung fuhr. Die Polizei hatte den Friedhof weiträumig abgesperrt. Nur Familienangehörige, Kollegen und engste Freunde begleiteten den Sarg. Zuvor hatte es eine private Zeremonie in der Kapelle des Klosters Mariensee gegeben.
Bereits gegen Mittag hatte die Polizei einige Straßen rund um Enkes Wohnort abgesperrt und den Verkehr umgeleitet. Mit einer Polizeieskorte rollte der Leichenwagen zunächst zum Kloster Mariensee, gefolgt von fünf Bussen mit Spielerkollegen und Trauergästen sowie mehreren Autos. In dem kleinen, beschaulichen Empede hing vor einem Haus eine Fahne des Bundesligisten Hannover 96 auf Halbmast, überall standen Polizeifahrzeuge. Einige Anwohner schauten aus den Fenstern oder standen vor den Haustüren.
Am frühen Nachmittag sammelten sich immer mehr Menschen an den Straßen. Knapp 200 Fans harrten direkt an der Absperrung rund 200 Meter vor dem Friedhof aus, der außerhalb des Ortes liegt. Einige Trauernde hatten Blumen mitgebracht, viele trugen Mützen und Schals von Hannover 96.
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