Das Vorspiel des Spiels gegen Argentinien
Die Woche vor der Partie Deutschland gegen Argentinien war geprägt von Geplänkel, Stiicheleien, Reden und der Erinnerung an die turbulente Begegnung von 2006. Von Anton Schwankhart
Wer Weltmeister werden will, muss vier Finals gewinnen. Das erste hat Deutschland mit dem 4:1 gegen England spektakulär hinter sich gebracht. Am Samstag stand in Kapstadt das zweite dieser Finals auf dem Programm. Viertelfinale, Deutschland - Argentinien. Vor jedem Endspiel aber gibt es ein Vorspiel. Eine Woche des Geplänkels, der Sticheleien, taktischer Finten, Reden und Gegenreden.
Montag Der Tag nach dem Bloemfontein-Tor. Im deutschen Quartier von Erasmia vor den Toren Pretorias schwebt selbst der Mannschaftskoch auf Wolken. In Bodenlage wartet schon Argentinien. Miroslav Klose sagt: "Wir wissen, dass die Argentinier Rache für 2006 nehmen wollen. Aber wir haben die Qualitäten, sie zu schlagen." Rache? Es sind die deutschen Spieler, die zuerst zuschlagen. 2006, nach dem verlorenen Elfmeterschießen, waren es die Argentinier, die auf dem Spielfeld einen Tumult ausgelöst hatten.
Auf dem Gelände der Universität von Pretoria gewährt Diego Maradona den Medien einen 30-minütigen Trainingsbesuch. Gewöhnlich ist es nur eine Viertelstunde. Diego hat nach dem Achtelfinalsieg gegen Mexiko gute Laune.
Dienstag Ausgang für die Spieler, die seit 47 Tagen zusammenhängen. Frauen, Kinder, Freunde und Bekannte sind zu Besuch. Auf die Frage einer ziemlich blonden Journalistin, ob auch Kuscheln geplant sei, antwortet der in solchen Dingen staubtrockene Miroslav Klose, seine Frau werde nicht hier sein. Damit bliebe nur "Kuscheln mit Harald". Gemeint war Mediendirektor Stenger, der neben Klose saß. Da aber könne er sich, so Klose, etwas Schöneres vorstellen. Podolski und Butt waren im Wildpark, "um mal wieder andere Gesichter zu sehen".
Mittwoch Auf den Tag genau vor vier Jahren packte Jens Lehmann im Elfmeterschießen seinen Spickzettel mit den argentinischen Schützen aus. Kurz darauf stand Deutschland im Halbfinale. "Argentinien", sagt Joachim Löw "ist der große WM-Favorit. Die gute Nachricht. Angela Merkel hat sich angekündigt. "Sie kommt mit ihrer charmanten Art bei den Spielern gut an", verrät Löw. Bastian Schweinsteiger könnte das bestätigen, verliert sich aber im Allgemeinen ("Immer schön, wenn man Unterstützung bekommt"). Dafür provoziert er die Argentinier ("gestikulieren … respektlos … so sind die Argentinier eben"). Gleichzeitig warnt er: "Wir dürfen uns von denen nicht provozieren lassen."
Auf dem Uni-Gelände von Pretoria haben sich abends zum argentinischen Training mehrere Hundert Journalisten versammelt. Am Ende beordert Maradona die Verlierer des Übungsspieles in eines der Tore. Die Sieger haben freie Schussbahn. Diegos Interpretation von Schmerztherapie: Verlieren tut weh. Also gewinnt mal schön.
Löw sagt über den Trainer Maradona, dass er über ihn nicht viel sagen könne. Nur so viel: "Er arbeitet mit Überzeugung und Stolz." Ob auch mit Fachkenntnissen, wusste Löw nicht. Michael Ballack ist im deutschen Hotel in Kapstadt angekommen. Der verletzte Ex-Kapitän tippt auf einen deutschen 3:1-Sieg.
Donnerstag Das argentinische Lager reagiert überraschend gemäßigt auf die Sticheleien. Schweinsteiger sei offenbar nervös, lässt ein entspannter Maradona wissen.
Also gießt Philipp Lahm noch etwas Öl ins Feuer. "Die Argentinier können einfach nicht verlieren", erklärt der Kapitän. Lahm ist bislang nicht als Brandstifter aufgefallen, weshalb hinter den Attacken eine Strategie zu vermuten ist. Weil er gerade schon beim Austeilen ist, tritt er auch den Engländern vors Schienbein. "Es ist schon lange her, dass wir einen großen Gegner geschlagen haben", sagt er mit Blick auf das Argentinien-Spiel. Große Gegner? Brasilien, Spanien, Argentinien. Lahm: "Das sind größere Gegner als die Engländer."
Freitag Der Bund der Steuerzahler fordert Angela Merkel auf, zu Hause zu bleiben. "Ein solcher Flug nach Südafrika in der momentanen Situation wäre ein völlig falsches Signal", sagte der Präsident des Steuerzahlerbundes, Karl Heinz Däke zur Passauer Neuen Presse. Eine Flugstunde mit einer Regierungsmaschine koste mehr als 10.000 Euro. Bei einer Flugzeit von etwa zehn Stunden macht das etwa 100.000 Euro allein für den Hinflug. So viel etwa, wie Argentiniens Lionel Messi am Tag verdient (brutto natürlich). Glaubt man Diego Maradona, ist Messi dieses Geld wert. Argentiniens Trainer im Tagesspiegel-Interview: "Messi sprengt alle Schubladen. Er ist so gut, dass er mit einer Krone auf das Spielfeld gehen könnte."
Im Falle des WM-Sieges will Maradona nackt durch Buenos Aires laufen, verspricht er. Allein um das zu verhindern, wäre ein deutscher Sieg wünschenswert.
Samstag Genug der Worte. "Geht's raus und spuit's Fußball." (Franz Beckenbauer)
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