Eine wunderbare Weltmeisterschaft
Uli Hoeneß irrte, Deutschland begeisterte, Südafrika überzeugte, hat aber noch viel vor sich. Die WM hat das Land angeschoben. Ab heute muss es ohne sie laufen. Ein Kommentar von Anton Schwankhart
Die erste Fußball-WM in Afrika ist zu Ende. Es gab keine Massaker, keine Terroranschläge, kein Chaos. Man muss daran erinnern, nach allem was Skeptiker prophezeit hatten.
Keine Weltmeisterschaft bisher war von Bedenken überfrachtet wie diese. Manche schienen regelrecht darauf gewartet zu haben, dass Südafrika auf die Nase fällt, andere hatten es befürchtet. Aus vielem sprach europäische Arroganz. Bayern-Manager Uli Hoeneß hatte schon vor dem Anpfiff sein Urteil gefällt. Es sei ein Fehler gewesen, die WM nach Südafrika zu geben.
Das Urteil am Ende der WM aber lautet: Im Gegenteil. Die Südafrikaner haben eine wunderbare WM auf die Beine gestellt. Bunt, friedlich und hervorragend organisiert. In den spektakulären Stadien herrschte eine heiter-entspannte Atmosphäre. Die Hooligans der Welt waren zu Hause geblieben. Die Kriminalitätsrate ist in den WM-Wochen um zwei Drittel gesunken, was sicher auch den vielen Polizisten zu verdanken war. Keine Polizeistaats-Typen, sondern freundliche Wächter.
Die WM breitete sich so geschmeidig über das Land, als wäre sie von Deutschen organisiert worden. Uli Hoeneß sei gesagt: Auch Afrikaner können das. Sie sind auch nicht eingeknickt, als ihre eigenen Kicker sie ihm Stich ließen, und zur Vorrunde ausschieden. Sie haben einfach weitergemacht.
So sind Bilder eines anderen Afrika in die Wohnzimmer der Welt gelangt als die sattsam bekannten von Not, Hunger und Krieg. Vielleicht ist das Afrikas größter WM-Gewinn. Denn selbst das Gastgeberland, das in weiten Teilen auf dem Standard der Ersten Welt lebt, ist noch immer auch ein Entwicklungsland. Erste und Dritte Welt in einem.
Auch 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid ist das Land mehr getrennt als vereint. Ob sich die Hoffnung der Südafrikaner erfüllt hat, die WM werde die Rassen näher zusammenbringen, die soziale Wirklichkeit der politischen anpassen, wird sich später zeigen. Südafrika hat noch viel vor sich. Die WM hat das Land angeschoben. Ab heute muss es ohne sie laufen.
Und Deutschland? Ist auch ein WM-Gewinner. Diese jungen deutschen Fußballer mit den merkwürdigen Namen und ihrem leichten Spiel haben die Welt staunen lassen. Jeder ihrer Auftritte ersetzt einen politischen Integrationsgipfel. Joachim Löws Auswahl repräsentiert ein neues Deutschland. So, als wäre es das Einfachste der Welt gewesen, ist sie in der gesellschaftlichen Realität der Republik angekommen.
Über den Fußball und die Party hinaus befriedigen Özil, Khedira & Co. das Bedürfnis nach Identifikation und Gemeinschaft. Die WM ist zu Ende. Das Bedürfnis bleibt. Also weiter, immer weiter. Von Anton Schwankhart
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