
Die Olympischen Spielen 2024 finden ohne die längste Strecke statt, die Athleten zu bewältigen haben: die 50 Kilometer der Männer. Das geht nicht.
Wie jedes Jahr war auch dieses Mal am Ende wieder so viel los, dass einiges liegen geblieben ist. Während andere fleißig aufgeräumt haben, sind wir mit den Erledigungen nicht hinterhergekommen. Das Internationale Olympische Komitee hatte sich noch im Dezember versammelt, um unter den Disziplinen ein wenig auszusortieren. Ergebnis: Für die Olympischen Spiele 2024 in Paris werden unter anderem vier Klassen im Gewichtheben, einige Wettbewerbe im Boxen – und die 50 Kilometer Gehen der Männer gestrichen. Gewichtheben und Boxen – nun gut. Aber 50 Kilometer Gehen schmerzt uns gleich zweifach. Zum einen, weil wir bislang im Sportteil mit keiner Zeile darauf hingewiesen haben, zum anderen, weil damit 2024 unsere größten olympischen Helden fehlen werden.
Der Geher ist dem Traber verwandt
Die 50 Kilometer Gehen sind die längste olympische Distanz, die Athleten zu bewältigen haben. Da mögen sich die Zehnkämpfer noch so in ihrem Decathlon sonnen, mehr als 1500 m haben sie nicht zu absolvieren. Dabei dürfen sie rennen so schnell sie können. Der Geher, dem Traber verwandt, muss auf Teufel-komm-raus gehen. Würde er rennen, ginge sich die Sache für ihn, um einen österreichischen Geher zu zitieren, nicht aus. Das macht den Geher zum Helden.
Geht 50 Kilometer Höchsttempo, ohne dem natürlichen Drang nachzugeben, loszurennen. Zugegeben, nicht alle. Mancher möchte dann doch schneller vorwärtskommen, als es die Regeln erlauben, die besagen, dass der Geher immer wenigstens mit einem Fuß auf dem Boden bleiben muss. Tut er das nicht, zieht er die Aufmerksamkeit der Gehrichter auf sich. Regelverstöße führen im Wiederholungsfall zur Disqualifikation.
Die Deutschen watscheln meist hinterher
Entgegen der Vorstellung, dass die besten Repräsentanten der Sportart aus Ländern kommen müssten, in denen man noch zu Fuß zum Zigarettenautomaten geht, dominieren Russen, Polen, Spanier und Italiener die Disziplin. Die Deutschen watscheln meist hinterher. Aber das wäre egal – solange das 50-km-Gehen seinen Platz in der Leichtathletik behielte. Dafür aber ist es nun offenbar zu spät.
Um das Völkchen der Langstreckengeher nicht gegen sich anstürmen zu lassen, sind Funktionäre auf den Gedanken verfallen, einen Mixed-Wettbewerb (Staffel) einzuführen, verkürzt auf 35 Kilometer.
Gehen ist die individuellste Individualsportart
Ein Skandal! Beim Zeus: Wer würde es wagen, die Marathondistanz (42,195 Kilometer) einfach auf 35 Kilometer zu amputieren und daraus einen Staffellauf zu machen? Gehen ist der individuellste Individualsport, der seine ganze Faszination erst über die lange Distanz entfaltet. Nirgendwo lässt es sich erträglicher bügeln als vor dem Fernseher, im Angesicht olympischer Langstrecken-Geher.
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