Marco Brenner: 17-jähriger Augsburger auf dem Weg zum Radprofi
Der Augsburger Marco Brenner zählt zu den größten Nachwuchshoffnungen im deutschen Radsport. Bald wird er mit 17 Jahren den ersten Profivertrag unterschreiben.
Um zu erklären, warum sein Sohn Marco mit 17 Jahren als eines der größten Radsporttalente weltweit gilt, erzählt Vater Christian Brenner gerne die Episode von dessen Einschulung. „Ein Bekannter von uns hat zu ihm gesagt: Gell, jetzt musst du ja dann fleißig Schreiben, Rechnen und Lesen lernen. Marco hat dann geantwortet: Das brauche ich nicht, ich werde Radprofi.“ Rund zehn Jahre später ist es so weit: Im Frühjahr wird der junge Augsburger Straßenradrennfahrer einen Profi-Vertrag unterschreiben.
Wo, das ist noch nicht geklärt, denn der Name Brenner elektrisiert die Szene. Und das nicht erst, seit er im September bei der Junioren-WM im Zeitfahren im englischen Yorkshire als 17-Jähriger unter den 18-Jährigen die Bronzemedaille gewann. „Wir kommunizieren schon mit ein paar Teams, aber es ist noch nicht sicher, wo ich hingehe“, sagt Marco. Wir, das sind er, sein Vater und die Sportmarketing-Agentur Corso. Wer sich auf der Homepage der beiden Besitzer João Correia und Ken Sommer umschaut, der sieht, dass sich da ein Spezialist um die berufliche Zukunft von Marco Brenner kümmert. Als Klienten sind dort unter anderem der amtierende Weltmeister Mads Pedersen aus Dänemark aufgeführt, oder auch der deutsche Radprofi Rick Zabel.
Brenner dominiert seit Jahren die Nachwuchs-Szene seines Jahrgangs
Marco Brenner steht schon lange auf den Scouting-Listen der großen Teams. Er dominiert seit Jahren die Nachwuchsrennfahrer-Szene in seinem Jahrgang. Der Trophäenschrank in der elterlichen Wohnung in der Jakobervorstadt kann die vielen Pokale kaum mehr fassen. Fast 100 Siege in diversen Nachwuchsklassen heimste er bisher ein. In diesem Jahr wurde er zum Beispiel deutscher Junioren-Meister im Einzelzeitfahren und auf der Straße. Er gewann drei Etappen der prestigeträchtigen Rundfahrt „Giro della Lunigiana“ in Italien, die Weltcup-Wertung, die Gesamtwertung der Oberösterreich-Rundfahrt und bei der Tour du Pays de Vaud in der Schweiz.
„Marco ist sicher eines der größten Talente im Straßenradsport der letzten zehn Jahre“, sagt Patrick Moster, der Leistungssportdirektor beim Bund deutscher Radfahrer (BDR). Der 52-jährige Pfälzer gilt nicht als Euphoriker, doch wenn er über Brenner spricht, dann gerät er ins Schwärmen: „Seine physiologischen Voraussetzungen sind enorm.“ Selbst Jan Ulrich hat in diesem Alter keine so guten Resultate in der Leistungsdiagnostik (zum Beispiel Sauerstoffsättigung) vorweisen können. Diese genetisch bedingten Vorteile, gepaart mit dem enormen Ehrgeiz und Trainingseifer, machen die Stärke von Brenner aus.
Moster ist sich sicher: „Man muss bei Jugendlichen vorsichtig sein, aber wenn Marco so weitermacht, dann kann er sich mit 25, 26 sicher in der Weltklasse etablieren.“
Marco Brenners Talent wurde früh erkannt
Wer seinen Jahrgang so dominiert, wird unterschwellig auch immer wieder mit Doping in Verbindung gebracht. „Klar, sagt da schon mal wer, was bekommt denn der Marco zu Essen? Und man weiß nicht immer genau, ob es ein Scherz ist“, sagt Vater Christian ernst und legt quasi schon als Beweismittel eine Mappe mit Dutzenden von rosafarbenen Durchschlägen auf den Küchentisch. Auf jedem Einzelnen ist eine Dopingprobe dokumentiert. „Im Radsport finden mit die strengsten Kontrollen aller Sportarten statt“, ist sich Christian Brenner sicher. Und als erfolgreicher Fahrer stehe man sowieso im Fokus. „Marco geht nach den Rennen schon gar nicht mehr auf die Toilette, weil er eigentlich immer kontrolliert wird.“
Dass Marco Talent hat, stellte sein Vater Christian früh fest. Der 49-Jährige war selbst ein ganz passabler Radrennfahrer. Zuerst bei der RSG Augsburg, dann bei den E-Racers Augsburg. Mit fünf saß Marco auf seinem ersten Mountainbike. „Mit sieben ist er sein erstes Straßenrennen in Italien gefahren, weil es in Deutschland in diesem Alter noch nicht gestattet war“, erzählt Christian Brenner.
Lange trainierte er Marco und seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Mauro selbst. Das ganze Leben der Familie Brenner dreht sich ums Radfahren. Marco und Mauro wachsen mit dem Fahrrad auf. Fast jedes Wochenende war und ist die Familie immer noch in Sachen Radsport unterwegs. Mutter Sabina Brenner-Dalla Tezza, 47, ist der ruhende Pol. Sie vergisst auch ihren jüngeren Sohn nicht: „Mauro ist sicher genauso talentiert, aber Marco ist einfach viel ehrgeiziger.“
Mit 15 wird die Augsburger Radsportgemeinde für Marco zu klein. Er wechselt zur RSG Ansbach, später folgt auch sein Bruder zu der rührigen Radsportgemeinschaft, die den Brenners besonders bei den Rennen ein professionelles Umfeld bietet. In Ansbach ist Marco Brenner bekannt, wurde zweimal Sportler des Jahres. In Augsburg nahm die Öffentlichkeit von seinen Erfolgen bisher kaum Notiz.
80 Kilometer am Tag sind im Training Standard
Sein Training absolviert Brenner meist alleine rund um Augsburg. „Ich fahre oft Richtung Altmühltal, über Thierhaupten und Rain am Lech“, erzählt Marco Brenner. Standard sind am Tag 80 Kilometer, trainiert er seine Ausdauer, sind es schon mal zwischen 150 und 160 Kilometer. Fünf bis sechs Tage in der Woche ist er auf dem Rad unterwegs, dazu kommen Krafteinheiten an der Hantelbank in der großen Halle direkt neben der Wohnung der Brenners, die gleichzeitig auch als Werkstatt dient. Doch immer öfters ist Marco in Sachen Radsport unterwegs. „In diesem Jahr waren es fast 150 Tage.“
Noch kann er das gut mit seiner Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondent (Englisch und Französisch) an der Inlingua-Sprachenschule verbinden. Im Juni macht er dort seinen Abschluss. Dann konzentriert er sich voll auf seine Leidenschaft. „Wenn ich Profi bin, werde ich zwar weiter hier wohnen bleiben, aber dann bin ich rund 250 Tage im Jahr unterwegs. Da ist der Wohnort nicht so wichtig“, sagt der 17-Jährige mit einer überraschenden Abgeklärtheit.
Mit seiner Unterschrift wird er einer der jüngsten Radrennprofis weltweit. Und sein Ziel hat er schon genauso klar definiert wie vor zehn Jahren. „Ich will irgendwann mal die Tour de France oder den Giro gewinnen.“ Er lacht dabei nicht, er meint es ernst.
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