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Tatjana Maria: Die Tennis-Mama und der späte Triumph

Tennis

Mama Marias Gespür für Gras

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    Tatjana Maria  war als Qualifikantin ins Turnier gestartet. Am Ende feierte sie mit dem 6:3, 6:4 gegen Amanda Anisimova den Final-Sieg im Queen‘s Club.
    Tatjana Maria war als Qualifikantin ins Turnier gestartet. Am Ende feierte sie mit dem 6:3, 6:4 gegen Amanda Anisimova den Final-Sieg im Queen‘s Club. Foto: Adam Davy, PA Wire, dpa

    Die Ballwechsel beim WTA-Turnier in London hatten gerade begonnen, da saß die Familie Maria zusammen in einer Lounge des altehrwürdigen Queen‘s Club. Tochter Cecilia warf einen Blick auf die großen Pokale, die dort in Vitrinen ausgestellt waren. „So einen sollst du auch gewinnen, Mama“, forderte die Vierjährige zum Schmunzeln der anderen Familienmitglieder. Okay, sie werde versuchen, den Pokal zu holen, antwortete Tatjana Maria, um das aufgeregte Töchterchen zu besänftigen. 

    Eine Woche später erinnerte sich Maria nach ihrem Triumph auf dem berühmten Terrain des Queen‘s Club an die heitere Familienszene – und konnte selbst nur den Kopf schütteln: „Tennis kann irre sein. Nichts ist unmöglich“, sagte die 37-Jährige, die als zweifache Mutter regelmäßig für die wunderlichsten und schönsten Geschichten im kalten Tourbetrieb sorgt.

    Der größte Erfolg für Tatjana Maria

    Der sensationelle Coup in London allerdings setzte der außergewöhnlichen Laufbahn der gebürtigen Bad Saulgauerin die Krone auf – nach einer Karriere mit Schicksalsschlägen und einer sportlichen Achterbahnfahrt. „Queen of Queen‘s“, schrieb die Gewinnerin des erstmals seit 1973 wieder ausgetragenen Turniers nach dem unverhofften Erfolgsmoment auf eine Kameralinse. Nach knapp zwei Jahrzehnten des Jettens über die Kontinente war es der größte Sieg für die Veteranin, für die Tennis immer ein Spiel geblieben ist – trotz aller Leidenschaft und kämpferischen Anstrengung, die sie in die Duelle auf den Centre Courts einbringt.

    Maria ist eine der außergewöhnlichsten Erscheinungen im Wanderzirkus der Tennisprofis. Denn neben den Strapazen in der immer anstrengenderen Tennis-Reisegesellschaft muss die Schwäbin zusammen mit Ehemann Charles auch noch als einzige Topspielerin das Leben mit zwei Kindern managen, den Töchtern Charlotte (11) und Cecilia (4). Maria nimmt die Dinge dabei mit einer bewundernswerten Gelassenheit, einem ordentlichen Schuss Pragmatismus und ihrem „patenten Charakter“ (Ex-Bundestrainerin Barbara Rittner). „Man muss bereit sein, jeden Tag das Unerwartete zu erwarten. Und es dann auch meistern“, sagt Maria. 

    Um die Abenteuer im Tennisbetrieb zu stemmen, war allerdings auch massive Hilfe der Eltern von Maria und ihrem Trainergatten nötig. „Wir alle lieben dieses Leben, auch wenn es anstrengend ist. Dieses Vagabunden-Dasein ist ein Privileg für uns“, sagt Maria. Wobei sie selbst schon schwere Jahre früh in ihrer Karriere erlebte. Eine Zeit, in der alles andere als sicher war, ob sie jemals im Profitennis würde bleiben können. 

    Die Töchter Charlotte und Cecilia freuen sich mit Tatjana Maria

    Gerade als Maria (damals noch unter ihrem Mädchennamen Malek unterwegs) auf der WTA-Tour Fuß fassen wollte, wurde sie 2008 „mitten aus allen Hoffnungen gerissen“, wie sie selbst sagt. Nach einer Lungenembolie kämpfte sie um ihr Leben. Dann gleich der nächste Schlag, der Tod ihres Vaters, Förderers und Mentors Heinrich Malek. „Es war eine schlimme, traurige Zeit“, sagt Maria, „aber ich habe dabei eines gelernt und verinnerlicht: Es gibt wichtigere, Dinge als Tennis. Deinen Sport musst du entspannt nehmen.“

    Mehr als anderthalb Jahrzehnte später ist Maria nun immer noch unterwegs als Chefin des Tennis-Familienbetriebs. Und so einmalig ihre Rolle als zweifache Mutter in diesem komplizierten Profigeschäft ist, so herausragend anders ist ihr Spiel auf den Centre Courts. Die 37-jährige Altmeisterin wird manchmal despektierlich „Schnibbelkönigin“ genannt, weil sie in Zeiten des Powertennis noch mit allen möglichen Finten und Finessen operiert – vor allem mit raffinierten Schnittbällen mit Vor- und Rückhand. „Viele Gegnerinnen haben dafür einfach keine Antwort“, weiß Maria. 

    Tatjana Maria entnervt mit ihrem Spiel ihre Gegnerinnen.
    Tatjana Maria entnervt mit ihrem Spiel ihre Gegnerinnen. Foto: Alberto Pezzali/AP, dpa

    Gerade in den wenigen Wochen auf Rasen kann Maria mit ihrem entschleunigenden Spiel punkten, mit ihrer enormen Variabilität und Unberechenbarkeit. „Bei ihr weiß man nie, was im nächsten Moment kommt“, hatte schon mal Grasexperte Boris Becker erklärt. Ein „wahnsinnig feines Händchen“ attestiert ihr auch Rittner.

    Maria kämpfte in den letzten Jahren auch erfolgreich um Reformen im Frauentennis, etwa um neue Schutzregeln und finanzielle Unterstützung für Spielerinnen nach der Geburt ihrer Kinder. „Profisport und Muttersein sind absolut möglich“, sagt sie, „aber die Sportorganisationen müssen auch die richtigen Regeln dafür haben.“ Vom Tennis hat die Schwäbin noch lange nicht genug, sie hat einen ganz großen Traum, nämlich zusammen mit ihrer hochtalentierten Tochter Charlotte zusammen auf dem Court zu stehen auf größerer Bühne. Getreu ihrer Devise: Nichts ist unmöglich.

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