Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Traditionssport Kendo in Augsburg: „Weg des Schwertes“

Kendo

Kendo in Augsburg: Ehepaar lehrt Kampfsport mit langer Tradition

    • |
    • |
    • |
    Beim Kendo in Hochzoll sind Selbstbewusstsein und Konzentration gefragt. Jan Tenner (links) trainiert hier mit einem seiner Schüler.
    Beim Kendo in Hochzoll sind Selbstbewusstsein und Konzentration gefragt. Jan Tenner (links) trainiert hier mit einem seiner Schüler. Foto: Anna Faber

    In der Gymnastikhalle ist es laut. Wiebke Tenner greift ihren Gegner mit einem lautstarken Schrei an, in einer fließenden Bewegung springt sie auf ihn zu. Ihr Schwert aus Bambus schlägt krachend auf den Kopfschutz ihres Mitstreiters auf. Wiebke wirbelt mit einem weiteren Schrei an ihm vorbei, dann richten sich die beiden Kämpfenden wieder voreinander auf. Seit Kurzem bieten Wiebke und Jan Tenner Kendo-Training beim TSG Hochzoll an. Der traditionelle japanische Schwertkampf ist in Augsburg einzigartig.

    Kendo bedeutet übersetzt „Der Weg des Schwertes“ und ist eine uralte Schwertkampftechnik der japanischen Samurai. Die Kämpfer schlagen mit dem Bambusschwert auf bestimmte Körperteile des Gegners. Nur in den Bereichen Kopf, Kehle, Bauch und Handgelenk zählt der Schlag als Punkt. Die Athleten, auch Kendoka genannt, sind an den entsprechenden Stellen mit Kunststoffpanzer, Kopfschutz und Handschuhen geschützt. Neben den körperlichen stehen ebenso die geistigen Fertigkeiten im Vordergrund.

    Kendo schult Selbstbewusstsein, Höflichkeit und Durchsetzungsvermögen

    „Das Ziel ist, mit dem Schwert den Charakter zu bilden“, sagt Trainerin Tenner. Es gehe zum einen um den höflichen Umgang miteinander, zum anderen sei es entscheidend, die Hiebe bewusst zu setzen. „Es ist wichtig, einen Angriff überzeugend rüberzubringen, damit der Schiedsrichter den Punkt wertet“, erklärt die 40-Jährige.

    Jan und Wiebke Tenner (links), leiten das Kendotrening. Stefan Rast (rechts) traininert mit.
    Jan und Wiebke Tenner (links), leiten das Kendotrening. Stefan Rast (rechts) traininert mit. Foto: Anna Faber

    Die Kendoka kämpfen barfuß in historischen Roben und mit einem Übungsschwert „Shinai“. Die Bambuswaffe ist flexibel und an der Spitze mit einer Lederkappe versehen, sodass auch unpräzise Treffer nicht ernsthaft verletzen. Der Hosenrock fällt weit über die Beine und bedeckt die nackten Füße. So kann der Gegner die Fußarbeit schlechter voraussehen.

    Wiebke Tenner hat das Kendotraining in Augsburg angestoßen. Sie übernimmt bei der TSG Hochzoll die Anfängerstunde, ihr Mann Jan leitet die Fortgeschrittenen an. Beide lernten sich bei einem Kendo-Kurs an der Uni in Dresden kennen und sind seit über zwanzig Jahren begeisterte Schwertkämpfer. Seit zehn Jahren sind sie in Augsburg zu Hause und haben zwei Kinder. Mehrmals in der Woche trainieren sie beim Kendoverein München.

    Kendo-Training in Augsburg: japanischer Populärsport mit großer Historie

    Auf die Frage, ob sie schon mal in Japan waren, lacht das Ehepaar wissend. „Natürlich, schon oft“, sagen beide. In der japanischen Kultur ist Kendo tief verwurzelt und immer noch sehr populär. Etwa zwei Millionen Japanerinnen und Japaner praktizieren den Sport. Im Vergleich: In Deutschland sind es etwa 3000 Kendoka. Bereits im Alter von etwa vier Jahren ist in Japan eine Kendo-Ausbildung möglich. Kinder und Erwachsene lernen den Schwertkampf in der Schule und an Universitäten.

    Beim Kendo sind Kopf, Hände, Brust und Weichteile besonders geschützt.
    Beim Kendo sind Kopf, Hände, Brust und Weichteile besonders geschützt. Foto: Anna Faber

    Trotzdem sei der Sport nicht für jeden was. „Man muss sich erst mal trauen, laut zu sein und sich überwinden, jemanden mit der Waffe zu schlagen“, sagt Jan Tenner. Deshalb schule der Sport auch das Selbstbewusstsein und das Durchsetzungsvermögen. Für seine Frau ist der Aspekt aber auch etwas Positives: „Man darf mal richtig laut sein und aus sich rauskommen.“ Sie empfiehlt jedem, den Kampfsport einfach mal auszuprobieren.

    Anfänger erlernen zuerst die Grundtechniken der Fußarbeit und der Schwertführung, Fortgeschrittene bestreiten dann Übungskämpfe gegeneinander. Einsteiger können erst mal in normaler Sportkleidung teilnehmen. „Wer länger bei dem Sport dabei bleiben will, sollte sich aber irgendwann eine eigene Ausrüstung zulegen“, sagt Wiebke Tenner. Die Kosten dafür bewegen sich zwischen 200 und 2000 Euro, eine gute erste Ausstattung liege bei 500 Euro.

    Trainerin über Kendo: „Spannender als jede Netflix-Serie“

    Die Mischung aus körperlicher Anstrengung und geistiger Konzentration begeistert die Tenners. „Man ist ganz bei der Sache, so kann ich am besten abschalten“, sagt Wiebke. Der Schwertkampf fordere vollständigen mentalen Fokus, andere Gedanken hätten keinen Raum. Beim Kampf schaut sie dem Gegner in die Augen, um kleine Regungen zu erkennen, und versucht so, einen möglichen Angriff vorherzusehen. „Ich finde Kendo spannender als jede Netflix-Serie“, sagt die Trainerin. Ein Unterschied zu anderen Kampfsportarten sei der ausbleibende Körperkontakt. Die Kämpfer kommen selten direkt in Kontakt, durch das Schwert habe jeder seinen persönlichen Bereich.

    Stefan Rast aus Augsburg macht sowohl bei den Anfängern als auch bei den Fortgeschrittenen mit. Er hat schon in München mit den Tenners trainiert und freut sich, dass es jetzt auch ein Angebot in Augsburg gibt. „Es wurde Zeit, dass der Sport nach Augsburg kommt“, sagt der Kendoka, der bald seine erste von sieben möglichen Dan-Prüfungen ablegt. Er unterstützt das Trainerpaar, wenn andere Teilnehmer Hilfe benötigen.

    Kendo findet immer dienstags in der Gymnastikhalle der TSG Hochzoll statt. Um 17.30 Uhr startet das einstündige Anfängertraining, um 18.30 Uhr die Fortgeschrittenen mit Rüstung. Teilnehmen kann jeder ab 14 Jahren.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden